Weinkultur Was trinken unsere Winzer an den Festtagen?
An den Weihnachtstagen und zu Silvester wird gerne gut gegessen und natürlich auch getrunken. Ein Wein zur Weihnachtsgans, zu Kartoffelsalat und Würstchen – warum nicht – sowie auch ein Sekt zum Jahreswechsel sind da für die meisten Menschen an Mosel, Saar und Ruwer Usus. Doch was möchte man sich und seinen Gästen an den Festtagen kredenzen? Die Auswahl an edlen Tropfen im Weinanbaugebiet Mosel mit seinen Nebentälern und auch darüber hinaus ist schier unendlich. Der TV hat dazu Männer vom Fach gefragt. Im TV verraten heimische Winzer, welche Getränke sie sich mit ihren Familien an den Weihnachtstagen und an Silvester schmecken lassen.
Markus Molitor, Bernkastel-Wehlen: „Jedes Jahr, wenn an Weihnachten die ganze Familie zusammenkommt, machen wir eine spannende Vertikal-Verkostung. Es ist mittlerweile eine schöne Tradition geworden, Weine von vor zehn, zwanzig, dreißig Jahren gemeinsam zu probieren. Daher werden in diesem Jahr Weine aus den 9er Jahrgängen wie 2009, 1999, 1989 und so weiter getrunken – Ich freue mich auf eine interessante Probe!“ Aber er empfehle jedem sich auf seinen ganz persönlichen Geschmack zu verlassen, sagt Markus Molitor (Winzer des Jahres 2014) zur Auswahl der Getränke für die Festtage, denn allein auf den eigenen Geschmack komme es an. „Zum Anstoßen an Neujahr darf es gerne ein feiner Winzersekt oder Champagner sein.
Allgemein trinken wir überwiegend Riesling und Burgunder aus den klassischen Gebieten.“ Zum Wandel der Trinkkulturen sagt Molitor: „Wein im Allgemeinen genießt eine immer größere Wertschätzung. Die Rieslinge von Mosel, Saar und Ruwer erleben eine Renaissance. Wir beobachten das auch jüngere Weintrinker mehr und mehr Wert auf Qualität legen und sich an filigranen Tropfen erfreuen. Gerade feinherbe Rieslinge mit dem typischen Süße-Säure-Spiel und seiner bekömmlichen Art erfreuen sich wieder zunehmender Beliebtheit.“ ⇥Foto: Klaus Kimmling
Roman Niewodniczanski, Wiltingen: „Weihnachten beginnt und endet im Hause Van Volxem traditionell mit einem frischen Pils aus der Eifel“, sagt der Urenkel des Gründers der Bitburger-Dynastie, der 1999 das traditionsreiche Weingut Van Volxem an der Saar gekauft hat. „Gerade nach einem üppigen Mahl mit viel Wein und einer wunderschönen langen Christmette schmeckt ein leckeres kühles Pils einfach unglaublich erfrischend und gut. Das ist für mich dann ein perfektes Weihnachtsfest“, sagt der Winzer des Jahres 2018. Sucht man im Hause Van Volxem zwischen den Jahren also eine kulinarische Auszeit vom eigenen Schaffen und Metier? Nicht so ganz: „An Silvester genießen wir einen großen, mindestens zehn Jahre gereiften Champagner oder auch einen richtig guten deutschen Winzersekt. Gerade hier an der Mosel hat sich in Sachen Sektqualität in den letzten Jahren unheimlich viel getan, sodass viele Winzersekte ein deutlich besseres Preis-Genussverhältnis bieten als die meisten Markenchampagner. So steht bei uns dann beispielsweise ein Sekt von Kirsten, Molitor oder Herres auf dem Tisch. Zum Essen reichen und genießen wir dann entweder einen gereiften Riesling von Mosel oder Nahe und anschließend einen reifen Rotwein aus dem Burgund oder Bordeaux.“ Auf den Wandel der Trinkgewohnheiten angesprochen, sagt Niewodniczanski, dass er seit ein paar Jahren drei Trends spüre: „Einerseits sind die Kunden heute zunehmend bereit, für hochwertige, handwerklich aufwendig erzeugte Weißweine auch angemessene Preise zu bezahlen. Daneben entdecken neben den ambitionierten Sommeliers zunehmend auch Privatkunden die tolle Qualität gereifter Rieslingweine gerade als hochwertige Essensbegleiter, weswegen die Nachfrage nach gereiften Rieslingen aktuell enorm ansteigt. Zu guter Letzt achten Weinliebhaber immer stärker auf den Alkoholgehalt. Im Alkoholgehalt sehr hohe und schwere Weine haben es zunehmend schwer“, sagt Niewodniczanski, was auch den derzeit großen Erfolg der tendenziell deutlich leichteren Rieslinge von Mosel, Saar und Ruwer erkläre.
Ernst Loosen, Bernkastel-Kues: „Wir sind sechs Geschwister und eine große Familie“, sagt Ernst Loosen vom Weingut Dr. Loosen in Bernkastel-Kues. Wenn wir in der Weihnachtszeit zusammenkommen, dann nutzen wir die Gelegenheit auch um mal andere Weine zu probieren. Wir sind Freunde gereifter roter Burgunder wie auch Bordeaux.“ Im Hause Loosen wird selbstverständlich auch Moselwein getrunken: „Es wird aufgemacht, was meine Geschwister noch nicht kennen: wir schenken große Gewächse wie Reserven aus den Grand-Cru-Lagen, wie der Franzose sagen würde, aus. Unseren hochwertigsten trockenen Riesling bauen wir als Reserve aus. Er reift zwei Jahre im Fass und drei Jahre in der Flasche und bildet dadurch eine unglaubliche Aromatik und Komplexität aus. Den darf man schon mit großen weißen Burgundern vergleichen.“
Wenn in der Silvesternacht bei der Familie Loosen die Gläser zum Anstoßen klirren, dann sind diese mit „gutem Champagner“ gefüllt. Ernst Loosen schmeckt Taittinger Comtes de Champagne Blanc de Blancs aus der Champagne im Nordosten Frankreichs. „Dagegen probieren wir einen alten, schönen Winzersekt, einen 1990er Einzellage Graacher Himmelreich Rieslingsekt Brut. Das wird ein toller Vergleich. Es kann jeder für sich entscheiden. Ich habe keine Scheuklappen und sage, das eigene ist das Beste. Nein, ich trinke alles was groß und gut ist.“
Zu den Trinkkulturen der Gegenwart meint Loosen: „Die Leute werden experimentierfreudiger und probieren mehr aus. Gin, Craft-Beer und Cider sind da die Stichworte. Junge Leute lassen sich Wein eher empfehlen. Sie kennen vielleicht noch die Rebsorte, die ihnen schmeckt.
Ganz speziell beim Wein ist der Trocken-Trend immer noch ungebrochen. Weine mit Restsüße sind für die deutschen Weintrinker immer noch problematisch. Es sind ja alle immer auf Diät, wobei der Restzucker im Wein dabei wohl kaum ins Gewicht fällt.“ Es sei jedoch nicht mehr ganz so extrem wie vor 15 bis 20 Jahren, sagt Loosen. „Feinherbe Weine finden doch mittlerweile mehr Akzeptanz. Wir sehen da steigende Verkäufe. Man fällt ja auch nicht tot um, wenn man fruchtig-süße Weine trinkt und man sollte sich denen auch nicht versperren, weil einem sonst eine gewisse Vielfalt entgeht. Man sollte alles probieren, dann kann man auch was lernen.“
Johannes Haart, Piesport: „Abwechslung heißt das Zauberwort“, antwortet Johannes Haart vom Weingut Haart aus Piesport auf die Frage, was denn an den Festtagen im Hause Haart ausgeschenkt wird.
„Wir experimentieren über die Festtage gerne, da eine Vielzahl an verschiedenen Gerichten auf den Tisch kommt und sich somit Möglichkeiten bieten neue Entdeckungen, Erfahrungen und Kombinationen mit Wein zu machen und diese zu diskutieren.“
Im Hause Haart werde der Schwerpunkt auf heimische wie auch internationale Weißweine gelegt. Mit dieser aromatischen, schlanken Art würden diese besser zur heutigen, modernen Küche passen.
„Wir lieben es gereifte Weine aus der Schatzkammer zu öffnen die mit ihrer individuellen Aromatik meist ein einzigartiges Erlebnis bieten. Gerade unsere Rieslinge an der Mosel, ob trocken oder mit Restsüße ist Geschmackssache, sind ideal dafür, und es muss nicht gleich Auslese sein. Schon ein Kabinett mit ein paar Jahren Reife kann ein tolles Aromenspektrum bieten.
An Neujahr öffnen wir dann Weine, die wir mit besonderen Erinnerungen wie Reisen verbinden.“ Es gebe keine Dogmen mehr wie Weißwein zu Fisch oder Rotwein zu Fleisch, sagt Haart. „Erlaubt ist, was Spaß macht und einem selber schmeckt. Es wird auch bewusster getrunken, nicht die Menge macht es, sondern die Qualität und eine Story zum Wein gehört auch dazu“, sagt der Winzer aus Piesport.
Oliver Haag, Brauneberg: Im schönen Brauneberg an der Mosel im Weingut Fritz Haag „kommen an den Festtagen zu Weihnachten und Silvester dem Anlass entsprechend große Gewächse aus Deutschland auf den Tisch“, sagt Winzer Oliver Haag.
„Klassisch zu weißem Fleisch und Fisch genießen wir einen Chardonnay oder wie oben erwähnt eine großes Gewächs. Zu Wild oder Fleischgerichten wählen wir dieses Jahr einen Bordeaux und einen Pinot vom DFB Präsidenten, den wir Anfang letzten Jahres mit dem Großen Ring besucht haben. Wir bekommen die Resonanz, dass leichte Weine wieder im Trend liegen, was perfekt zur Mosel passt. Des Weiteren erfreut sich auch der Mosel Kabinett mit dienlicher Restsüße weltweit einem guten Zuspruch.“
Thomas Losen, Wittlich:Nördlich des Moseltals am Fuße der Eifel in Wittlich, wo noch drei Winzer ihre Wingerte bewirtschaften, ist man ebenso stolz auf eine lange Weinbautradition wie an Mosel, Saar und Ruwer. Der TV hat Winzer Thomas Losen vom Weingut Losen-Bockstanz gefragt, welche Getränke sich die Winzerfamilie an den Festtagen zu Weihnachten und an Silvester schmecken lässt. „An den Festtagen starten wir gerne mit einer Rundreise durch Deutschland und Europa, da darf auch gerne ein Champagner dabei sein oder ein guter Bordeaux. Aber auch leichter Mosel Riesling fruchtsüß hat seinen festen Platz bei uns an den Feiertagen“, sagt Thomas Losen.
Zum Anstoßen passe immer ein Winzersekt Riesling brut sehr gut, sagt Losen, „zur Vorspeise Foie Gras mit einem französischem Sauternes, zu unserer Entenbrust mit Rotkraut und Knödeln klassisch ein kräftiger Spätburgunder Rotwein und dann zum Dessert eine schöne gereifte edelsüße Riesling Auslese. Danach gibt es regelmäßig noch die ein oder andere Flasche aus der Schatzkammer“, verrät Losen. Der aktuelle Trend beim Weißwein gehe zu trockenen und feinherben Weinen mit moderaten Alkoholgehalten, sagt der Winzer. Beim Rotwein dürfe es auch gern mal etwas mehr Alkohol sein, da sei ein kräftiger gereifter Spätburgunder oder Merlot in.
Ansgar Schmitz, Geschäftsführer Moselwein in Trier:
Er ist zwar kein Winzer, aber mit Wein kennt sich Ansgar Schmitz, Geschäftsführer des Vereins Moselwein, dennoch bestens aus. Der Verein hat sich die Imagepflege und Absatzförderung der Weine von Mosel, Saar und Ruwer auf die Fahnen geschrieben. Wir haben den Geschäftsführer, der im Büro des Vereins in Trier seinen Sitz hat, gefragt, welche Flaschen er an den Festtagen zu entkorken gedenkt – wobei ein Schraubverschluss ja heute auch modern ist: „Heiligabend gibt es bei uns Fisch, selbstgebeizter Lachs und auch Seeteufel. Dazu passt und trinken wir einen Weißburgunder von der Saar. Zu Wild, zur Gans, Roastbeef oder zum Rinderbraten würde er einen trockenen Spätburgunder empfehlen, sagt Schmitz. Zum Steak passe aber wegen ihrer feinen Karamellnoten ganz hervorragend auch eine feinherbe gereifte Rieslingspätlese oder eine süße gereifte Spätlese. „Wenn das Fleisch aus dem 800-Grad-Grill mit Karamellnoten kommt, dann lassen wir uns dazu eine 2009er Spätlese schmecken.“ Kommen wir zu Dessert, wozu Schmitz einen edelsüßen Riesling empfiehlt. „Zum Käse würde ich eine schöne gereifte 2003er Beerenauslese empfehlen. Wenn Silvester die Korken knallen, dann aus welchen Flaschen? „Silvester zum Anstoßen werden wir verschiedene Sekte probieren: Einen Pinot-Sekt sowie einen Crémant aus Burgundersorten von der Obermosel aus Palzem-Wehr“, sagt Schmitz. Im Unterschied zum Sekt gelten für Crémant noch strengere Qualitätskriterien, sagt Schmitz. Für die Herstellung seien nur bestimmte Rebsorten wie Riesling, Elbling und Burgundersorten zugelassen. In Deutschland und an der Mosel sei diese Herstellungsweise für Schaumwein mittlerweile auch verbreitet. Was hat sich nach Ansicht des Moselwein-Geschäftsführers an den Trinkgewohnheiten geändert? „Die Leute gehen unbefangener mit trocken und süß um“, sagt Schmitz. Die starren Regeln seien aufgebrochen. „Zu Austern passt auch mal eine gereifte, süße Auslese.“
Man dürfe auch mal einen Rotwein zum Fisch trinken – je nachdem, welche Beilagen man habe. Auch ein Winzersekt zum Menü sei erlaubt, sagt der Weinexperte. Sekt sei nicht nur ein Aperitif, er schmecke auch zu Süßspeisen und Kuchen.“
Frank-Stefan Meyer, 1. Vorsitzender Ruwer Riesling e.V.: Auch die Winzer vom kleinen Mosel-Nebenfluss Ruwer produzieren große Weine. Im TV erklärt der erste Vorsitzende des Marketingvereins Ruwer-Riesling e.V., Frank-Stefan Meyer, welchen Wein und Sekt er an den Festtagen kredenzt.
„Einen frischen, mineralischen Riesling und Winzersekt brut oder extra brut von der Ruwer“, sagt Meyer. „Diese sind aufgrund des besonderen Lokalklimas und der Steillagen besonders leicht und vergleichsweise moderat im Alkoholgehalt und deswegen sehr angenehm zu trinken.“
An der Ruwer, so sagt Meyer, findet man dann auch den passenden Sekt zum Anstoßen?
„Wir haben an der Ruwer eine ausgesprochen hohe Qualitätsdichte. Wenn Sie Wein oder Sekt von Mitgliedsbetrieben des Ruwer-Riesling-Vereins nehmen, liegen Sie immer auf der sicheren Seite“, garantiert Meyer. Dann kann ja Silvester nichts mehr schief gehen. „Durch unsere internen Maßnahmen zur Qualitätssicherung und das allgemeine Niveau - vom Kleinstwinzer im Nebenerwerb bis zum international renommierten Spitzenweingut - sind die Produkte von der Ruwer qualitativ als sehr hoch angesiedelt anzusehen“, ist sich Meyer sicher. Die Winzer vom kleinen Nebenfluss der Mosel haben demnach viel zu bieten.
Welche Beobachtungen macht man an der Ruwer zum Wandel der Trinkkulturen? „Wir sehen generell einen Trend zu jüngeren und schlankeren Weinen mit nicht allzu hohen Restsüßen. Auch hat sich die Bandbreite der verwendeten Rebsorten vergrößert: Heute trinken Weinliebhaber auch gerne Burgunderweine von der Ruwer, die mal eine Abwechslung in den Alltag bringen. Das Alleinstellungsmerkmal der Ruwer ist jedoch nach wie vor der sehr charakteristische Riesling, der hier mit deutlich über 80 Prozent den weltweit größten Flächenanteil hat.“ Im Rieslinganbau ist die kleine Ruwer also ganz schön groß.
Die passende Weinbegleitung für die Festtage findet sich jedoch im Tal der Mosel mit den Nebentälern von Saar und Ruwer an vielen Stellen und bei zahlreichen Winzern. Wenn man sie alle probieren möchte, muss man nur irgendwo mal anfangen.