Was vom Bahnhof übrigblieb

HILLESHEIM. (fs) Der Bahnhof war einst der Stolz am Ortsrand und ist heute eine unbewohnte und unansehnliche Immobilie in der Stadt. Mit der Schließung des Fahrkartenschalters im Sommer 1973 begann das stufenweise Aus für den ehemaligen Eisenbahnknotenpunkt.

 Der einstmals stark frequentierte Ortsrand mit seinem 1912 eingeweihten Bahnhofsgebäude. TV-Foto: Felicitas Schulz

Der einstmals stark frequentierte Ortsrand mit seinem 1912 eingeweihten Bahnhofsgebäude. TV-Foto: Felicitas Schulz

Bei der Eröffnung am 1. Juli 1912 und dem Festmahl im Bürgermeisteramt betonte der Eisenbahndirektionspräsident Martine aus Köln vor Ehrengästen "die Bedeutung des glücklich vollendeten Werkes zum Heil und Segen der Anrainer" und schloss mit einem begeistert aufgenommenen "Hoch auf den Kaiser, den Förderer des technischen Fortschrittes". Als nach langjährigen Verhandlungen 1909 die landesherrliche Genehmigung zum Bau der zweigleisigen Strecke Dümpelfeld-Hillesheim-Lissendorf eintraf, schritten die Bauarbeiten zügig voran. Die zehn Kilometer lange zusätzliche Verbindungsstrecke von Hillesheim nach Gerolstein ermöglichte ab 1912 eine durchgängige Fahrt von Remagen entlang der Ahr zur Kyll zur Hauptstrecke Köln-Trier. Wirtschaftliche und militärische Interessen sollen den Ausbau bestimmt haben. Der traditionelle Vieh- und Marktort war bisher nur zu Fuß oder mit Postkutschen zu erreichen, und so mancher ließ beim ersten Herannahen des Zuges die Sense oder Heugabel ruhen und sah dem "Dampfross" nach. Gab es mit anderen Dörfern vehemente Streitigkeiten um einen begehrten Haltepunkt mit dem Oberpräsidenten der Rheinprovinz bis hin zu dem zuständigen Minister in Berlin, so war für Hillesheim von Anfang an ein Bahnhof mit Kneipe und Güterschuppen vorgesehen. "Als ich 1936 aus der Schule kam, hatte Hillesheim 1400 Einwohner und vierzehn Kneipen, die alle gut gingen, besonders die Bahnhofskneipe", erinnert sich Magda Hennrich (85). Die Schankerlaubnis mit Imbissausgabe war ein Treffpunkt für Umsteigende und auch für die Bevölkerung. Bei Fahrten zur Berufsschule nach Gerolstein, zur Arbeit nach Jünkerath oder zu einem Ausflug an die Ahr hielten bis zu sechsmal gleichzeitig drei Züge zum Umsteigen an dem Knotenpunkt. Sommerfrischler aus dem Kölner Raum nutzen die gute Verbindung, und oft trottete eine Pferdekutsche vom Hotel Fasen den Berg zum Bahnhof hinauf und holte das Gepäck ab. Bis zur Schließung des Güterbahnhofes im Jahre 1974 kam größeres Warengut mit der Bahn an. Dazu gehörten Korbflaschen mit Südweinen, Kartons mit Christbaumschmuck, Tapeten und Zubehör für die Anstreicherbetriebe, und selbst Kinderwagen und Möbel mit Dachlatten verbrettert landeten im Güterschuppen. An jedem Zug hing ein Packwagen, der dreimal täglich auch die Post beförderte. Vor dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Auslieferung mit einem eisenbereiften Ackerwagen, der von Pferden oder Ochsen gezogen wurde. Ältere Hillesheimer entsinnen sich noch an den Kurzbesuch vor Ausbruch des Krieges von Adolf Hitler, der zur Besichtigung des Westwalls mit seinem Sonderzug an der großen Rampe zwischen Bahnhof und Sägewerk Schlösser für einige Tage Station machte. Mitgeführte Autos brachten ihn und seine Militärs zu den Abschnitten der Befestigungs-Linie. Das Bahnhofsgelände war großräumig abgesperrt, weil außerdem noch ein Sportflugzeug mit weiteren SS-Leuten dort landete.Auf die Liste der Kulturgüter gesetzt

Nach dem Zweiten Weltkrieg musste das Frachtgut vom Bahnhof selbst abgeholt werden. Die Bahnhofskneipe neben der expandierenden Molkerei, die sich alsbald "Eifelperle" nannte, bot einigen der Beschäftigten nach Arbeitsschluss willkommene Abwechslung. In den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts erwarb die Eifelperle von der Bundesbahn das Bahnhofsgebäude. 2003 stieß die Verwaltung die Immobilie an einen Privatmann ab. Der Bahnhof steht formell noch nicht unter Denkmalschutz, ist aber vom Kreis Daun auf die Liste Denkmalgeschützter Kulturgüter gesetzt wurden. Demnächst soll der Bahnhof neue Fenster und Türen eingebaut bekommen. Heute erinnert nur noch das Schild "Bahnhofstraße" an die nur sechs Jahrzehnte dauernde Reichs- und Bundesbahnzeit in Hillesheim.

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