Mahnmal in Weinfeld Gefallen Geglaubter kehrt nach mehr als zehn Jahren doch noch heim

SCHALKENMEHREN · An der Weinfelder Kapelle erinnert ein Sandsteinkreuz an die Toten des Krieges - auf dem Mahmal findet sich aber auch der Name eines „Gefallenen“, der mehr als zehn Jahre nach dem Kriegsende seinen Weg in die Heimt zurückfand.

 Das Friedhofskreuz: Es zeigt in seinen Darstellungen das arbeitsreiche Leben der Eifeler, und erzählt auch die Geschichte eines kriegsverschollenen Schalkenmehreners und seiner Familie .

Das Friedhofskreuz: Es zeigt in seinen Darstellungen das arbeitsreiche Leben der Eifeler, und erzählt auch die Geschichte eines kriegsverschollenen Schalkenmehreners und seiner Familie .

Foto: Bernd Schlimpen

Wer die Friedhofskapelle in Weinfeld besucht, dem fällt  ein besonderes Denkmal auf: das imposante Friedenskreuz aus rotem Sandstein. 70 Jahre steht es nun auf schon dem Gottesacker, und manche Zeitzeugen erinnern sich noch an die Aufstellung des Mahnmals. Der 90-jährige Nikolaus Schommers aus Schalkenmehren erinnert sich, auch daran, dass damals im Innern der Kapelle manche Veränderungen vorgenommen wurden.

Das 3,60 Meter hohe Kreuz vor der Kapelle in Weinfeld,ist ein „Dankeskreuz“ für das Ende des schrecklichen Zweiten Weltkrieges. Der damalige Schalkenmehrener Pastor Nikolaus Schäfer ließ es im Jahre 1950 von Männern aus dem Dorf in Schwerstarbeit errichten.

Oben auf dem Mahnmal sind Maria und der Apostel Johannes zu erkennen, unter dem Kreuz wahrscheinlich der heidnische Hauptmann, der in dem Gekreuzigten Gottes Sohn sieht. In der Mitte des Kreuzes fallen drei Reliefbilder auf – sie verbildlichen die drei Stufen eines Lebens in der Eifel: ein junge Familie mit dem Erstgeborenen, einen Sämann mit der Bäuerin und die betenden alten Bauersleut, die gefasst auf den Tod warten.

Am 8. Mai vor 75 Jahren war der grausame Zweite Weltkrieg beendet, und fast überall in Deutschland gedachte man der Opfer. Auf der Rückseite des roten Sandsteindenkmals gedenkt die Ortsgemeinde ihrer im Krieg gefallenen und vermissten Söhne. Und hier beginnt eine zweite, spannende Geschichte von den Wirren des Zweiten Weltkrieges.

Sie wird von den Zeitzeuginnen Gisela Schneider (87 Jahre) und Hedwig Stolz (90 Jahre) aus Trautzberg, beides Töchter der Hoteliersfamilie Schneider erzählt: Der Name des Familienmitglieds Nikolaus Schneider, 1893 geboren, steht nämlich unter vielen anderen auf diesem Kriegerdenkmal, weil er elf Jahre vermisst war und als gefallen galt.

Seine letzte Feldpost aus Frankreich teilte der Familie seine Verwundung mit, eine letzte Nachricht. Danach wusste niemand zunächst, was aus dem Eifeler geworden war. Doch was geschah? Das Rätsel ist mittlerweile gelöst. Heute weiß man: Der verwundete Nikolaus Schneider schleppte sich in Frankreich zu einem Bauernhof, wo er gesund gepflegt wurde. Nach seiner Genesung hielt ihn das abgelegene Hofgut mit großer Waldwirtschaft als Knecht und ließ in vorerst glauben, dass der Krieg noch nicht beendet sei.

Als Schneider aber von Durchreisenden hörte, dass der Krieg schon längst vorbei sei, erklärten ihm die Gutsherrn: „Wir haben uns nach deinem Heimatort Schalkenmehren erkundigt. Dort hat der Krieg alles zerstört und die Einwohner getötet. Es gibt dort niemanden mehr aus deiner Familie, und du kannst bei uns alt werden,. Wir sind doch mittlerweile wie deine Familie!“.

Jeden Sonntag ging Nikolaus Schneider laut Bericht seiner Nachfahren zum Gottesdienst ins nächste Dorf. nach Hof. Dort kam er auch mit Einheimischen ins Gespräch und klagte sein Heimweh, weinte und erzählte von der Zerstörung Schalkenmehrenens. Er erregte das Mitgefühl eines Mannes, der einen Brief an die Gemeinde Schalkenmehren und den damaligen Ortsbürgermeister Felix Jungen (Demertz Felix) schrieb, in der Hoffnung, dass sein Schreiben noch in dem zerstörten Dorf ankam, und tatsächlich erreichte der Brief Ortsbürgmeister Jungen.

Die Familie Schneider machte sich mit ihrem Onkel Philipp Schneider aus Ellscheid, der damals ein Auto besaß, auf den Weg zum Absender der Nachricht. Die Freude und Überraschung war erwartungsgemäß riesengroß. Im März 1956 kehrte der Vermisste, dessen Name als Gefallener auf dem Kreuz verewigt wurde, überraschend nach Hause in sein geliebtes Schalkenmehren zurück. Er wurde mit viel Wohlwollen der Familie und der Dorfbewohner empfangen, und „Nikla-Pat“ lebte noch bis zu seinem 94. Lebensjahr im Kreise seiner Angehörigen in der Eifel – bei seiner richtigen Familie.

Doch zurück zum Kreuz: Es wurde nach einem Entwurf des Wittlicher Künstlers Hanns Scherl ebenso einfach wie kunstvoll gestaltet. Das Kreuz steht nun 70 Jahre vor dem Eingang der Friedhofskapelle und wurde am 17. September 1950 von Definitor Lojo aus Mehren eingesegnet. An dieser Feier nahmen auch der Kirchenchor Schalkenmehren und eine Großzahl Besucher aus der Umgebung teil.

Heute wird die Welt vom Coronavirus gepeinigt. Auch die Erinnerung an die Verherungen der Pest, die die Familien von Weinfeld erbarmungslos dahinraffte, ist angesichts der allgegenwärtigen „Corona-Krankheit“ in der Weinfelder Kirche wieder lebendig geworden.

Wer zur Zeit an „Corona“ und die Folgen denkt, denkt vielleicht auch an die einst auch in der Eifel wütende Krankheit. Einst stand in der Kirche eine kunstvolle Figur des Heiligen Rochus, des Pilgers und Pestheiligen, den man um Schutz vor dem „Schwarzen Tod“ bat. Diese wertvolle Arbeit ist schon lange Zeit unauffindbar verschollen.

Aber das Gedenken an den Heiligen Rochus ist nach wie vor in der Kapelle, in deren Glockenturm viele Votivtafeln Bitte und Dank ausdrücken, vorhanden. Eine Bildhauerarbeit aus rotem, heimischen Sandstein stellt den Schutzpatron an der Wand des Kirchenschiffes dar, und erinnert mitunter an all die Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger und Forscher, die heute nach einem Heilmittel gegen das Coronavirus suchen.

 Der Kriegsspätheimkehrer, den man schon tot glaubte, „Nikla“ Schneider.

Der Kriegsspätheimkehrer, den man schon tot glaubte, „Nikla“ Schneider.

Foto: TV/Familie Schneider-Schild

All diese und unzählige andere Helfer beweisen große Standhaftigkeit zum Wohle aller. In dieser schwierigen Zeit tut sich übrigens etwas Paradoxes aus der Heiligenlegende auf: „Corona“ selbst, deren Gedenktag am 14.Mai gefeiert wird, war die Schutzheilge gegen Seuchen. Sie starb mit 16 Jahren den Märtyrertod. Ihre Gebeine selbst wurden eine zeitlang im Aachener Dom aufbewahrt.

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