Hohe Nachfrage nach Bauland Wird es überhaupt noch was mit neuen Bauplätzen am Schwimmbad?

Gerolstein · Auch 2023 werden Bauwillige im geplanten Neubaugebiet Sengheck in Gerolstein nicht loslegen können. Zudem könnte der Lärm von Schule, Sport- und Tennisplatz sowie Schwimmbad das Vorhaben zum Scheitern bringen. Ein Gutachten soll Klärung bringen.

Die Schaffung von Bauplätzen im Areal Sengheck nahe Schwimmbad und Sportplatz verzögert sich weiter.

Die Schaffung von Bauplätzen im Areal Sengheck nahe Schwimmbad und Sportplatz verzögert sich weiter.

Foto: TV/Mario Hübner

In der jüngsten Sitzung des Gerolsteiner Stadtrats Ende Januar hatte CDU-Fraktionssprecher Winfried Wülferath noch bezüglich des geplanten Neubaugebiets Sengheck gemahnt: „Die Stadt hat nur noch bis Ende Februar Zeit, das Gebiet zu roden, ansonsten verlieren wir ein weiteres Jahr. Das darf nicht passieren.“ Doch dazu wird es definitiv kommen. Denn noch immer stehen Bäume, Hecken und Sträucher auf dem Areal, wo die Stadt 15 neue Bauplätze schaffen will. So einfach sei das mit der Rodung nicht, erklärt Stadtbürgermeister Uwe Scheider (SPD) auf TV-Anfrage: „Das Gebiet gilt als Wald, da kann ich nicht einfach Forstmitarbeiter mit einem Rodungsauftrag reinschicken.“ Nun muss aber wieder die am 1. März gestartete und bis Ende September andauernde Vegetationsphase abgewartet werden, da in dieser Zeit dort nicht nur alles grünt, blüht und wächst, sondern sich auch Tiere in dem Areal einnisten. Für den Stadtbürgermeister ist die neuerliche Verzögerung aber „nicht dramatisch, da auch noch das Lärm- und das Entwässerungsgutachten erstellt werden muss“. Für Schneider beides „heikle Themen“: Auf das Thema Entwässerung wird seit der Jahrhundertflut ein besonderes Augenmerk gerichtet, dem Thema Lärm kommt für dieses Bauvorhaben ebenfalls besondere Bedeutung zu. Denn in unmittelbarerer Nachbarschaft des Areals liegen gleich mehrere „Lärmquellen“: das Freibad, die Grund- und Realschule plus, der Wohnmobilstellplatz, die Tennisplätze sowie der Sportplatz. Kommt bei dem Gutachten nun heraus, dass die Geräuschentwicklung durch diese Einrichtungen zu hoch sei, könnte das das Aus für das Baugebiet bedeuten. Denn die Stadt will sich im Nachhinein nicht dauerhaften Rechtsstreitigkeiten von Hausbesitzern wegen „unzumutbarer Lärmbelastung“ ausgesetzt sehen. Und eine Einschränkung des Betriebs der bestehenden Einrichtungen ist ebenfalls nicht im Sinne der Stadt – und zudem auch kaum umsetzbar. Schneider sagt daher mit Blick auf das Gutachten: „Wir haben da etwas Sorgen.“ Auf die Frage, weshalb die Gutachten nicht schon längst in Auftrag gegeben worden seien und somit bereits vorlägen, gibt es keine Antwort.

Fakt ist, dass es zu weiterer Verzögerung kommt. Der ursprüngliche Zeitplan sah vor, 2020 die Planung abzuschließen, 2021 das Areal zu erschließen, sodass die ersten Bauwilligen im Herbst 2021 loslegen können. Denn der Bedarf nach Bauplätzen in der Stadt ist hoch, ein Angebot kaum vorhaben. Doch innerhalb der Verwaltung stockte das Projekt nach Angaben des Stadtbürgermeisters massiv. Dann wurde 2023 als Marke für Bauwillige angegeben, inzwischen ist es das Ziel, dass 2024 dort Bauplätze angeboten werden. Trotz aller Unwägbarkeiten und der wegen der Höhenunterschiede und des felsigen Untergrunds als schwierig eingestuften Erschließung sind sowohl Schneider als auch Planer Frank Assion von der Lage des Baugebiets absolut überzeugt: „Das Areal liegt in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt, zum hat man von dort eine schöne Aussicht auf Munterley und Auberg.“

Neben dem Baustart ist auch die ökologische Einstufung des Projektes noch immer offen. Von den Grünen war bereits bei der ersten Vorstellung gefordert worden, das Baugebiet (sowie Teile der Lissinger Straße) an das von der Verbandsgemeinde geplante Nahwärmenetz für Schwimmbad, Schule, Kita und Rathaus anzubinden (siehe Extra). Nachdem sie zunächst mit ihrem Antrag im Bauausschuss gescheitert waren, kam es bei den anderen Fraktionen in der anschließenden Stadtratssitzung zu einem Umdenken. Die Folge: Einstimmig sprach sich der Rat dafür aus, die Energieagentur Rheinland-Pfalz untersuchen zu lassen, ob ein Anschluss wirtschaftlich und ökologisch Sinn mache. Grünen-Fraktionssprecher Tim Steen hatte damals direkt nach dem Beschluss gesagt: „Damit bleibt die Chance, dass das geplante Neubaugebiet Sengheck und Teile der Lissinger Straße zukünftig CO2-neutral beheizt werden können.“ Daraus wird aber offenbar nichts. So sagt der Stadtbürgermeister: „Das Baugebiet wird nicht angeschlossen, weil das erstens mit großem Aufwand verbunden ist und weder Stadt noch Verbandsgemeinde als Versorger auftreten wollen. Das müssten sie aber, wenn sie Energie an Private verkaufen würden.“ Verwaltungsmitarbeiter Udo Junk konkretisiert: „Es wurde entschieden, das Gebiet nicht anzuschließen, da das Nahwärmenetz rein kommunal betrieben werden soll mit ausschließlich kommunalen Großabnehmern: dem Schwimmbad, der Grund- und Realschule plus dem Rathaus und der Kita Kleine Helden.“ Auch die große Mengendifferenz (vor allem im Sommer) zwischen der Leistung der Gesamtanlage von rund einem Megawatt und dem Wärmebedarf der Wohnhäuser von vielleicht 50 Kilowatt würden das Vorhaben erschweren, so Junk. „Die Abnahme ist viel zu gering, als das dafür die große Anlage gestartet würde. Es müsste dann mutmaßlich eine zusätzliche Wärmepumpe installiert werden“, erklärt Junk.

 Im Baugebiet Sengheck zwischen Realschule plus (links) und Sportplatz in Gerolstein sollen 15 neue Bauplätze entstehen. Die Nähe zu den Sporteinrichtung könnte sich aber wegen des Lärms zum Problem erweisen.

Im Baugebiet Sengheck zwischen Realschule plus (links) und Sportplatz in Gerolstein sollen 15 neue Bauplätze entstehen. Die Nähe zu den Sporteinrichtung könnte sich aber wegen des Lärms zum Problem erweisen.

Foto: TV/Mario Hübner

Auf die Frage, welche Vorgaben die Stadt in Sachen Energieeinsparung und -gewinnung machen will, wie etwa PV-Anlagen, Niedrigenergiehaus-Standard etc. meinte Schneider: „Da wird sich die Stadt an der aktuellen Gesetzeslage orientieren.“ Das würde bedeuten: Mindeststandard und keine Verpflichtung zur Installation von PV-Anlagen.

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Meinung

Chance erkennen, mutig sein, handeln!

So ärgerlich die neuerliche Verzögerung der Planungen für das Baugebiet Sengheck auch ist, etwas Gutes bringt sie mit sich: Die Stadt gewinnt Zeit, um genau zu prüfen, wie eine Anbindung an das geplante Nahwärmenetz für Schule und Schwimmbad gestaltet werden kann. Zweitens wird Zeit gewonnen, dass das Nahwärmenetz rechtzeitig fertig wird – und zwar vor Erschließung des Baugebiets. Eine Versorgung der rund 15 Einfamilienhäuser und eventuell noch eines Mietkomplexes durch eine zentrale Heizanlage wäre ein Vorzeigeprojekt, mit dem die Stadt Gerolstein werben könnte. Denn es würde nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Sinn machen. Schließlich kostet eine große Heizanlage samt Versorgungsleitungen weniger als 15 Einzelanlagen. Der geringere Ressourcenverbrauch käme noch hinzu.

Die Chance sollte also mutig beim Schopfe ergriffen werden. Und warum nicht auch gleich weitere ökologische und auf Dauer auch für die Häuslebauer finanziell sinnvolle Vorgaben machen wie PV-Anlagen auf dem Dach, die sich angesichts steigender Strompreise in der Regel binnen zehn Jahren amortisiert haben? Auch hier wäre der Stadt mutiges, zukunftsorientiertes Handeln zu wünschen.

m.huebner@volksfreund.de>

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