Wenn die Welt immer mehr verblasst

Uersfeld/Daun · Als bei Roswitha Karst eine besonders schwere Form von Netzhauterkrankung festgestellt wurde, wandte sie sich an eine Selbsthilfevereinigung in Trier. Nun soll eine eigene Gruppe ins Leben gerufen werden.

 Roswitha Karst – hier an ihrem elektronischen Lesegerät – leidet an der Netzhauterkrankung AMD und will an der Gründung einer Selbsthilfegruppe mitwirken. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Roswitha Karst – hier an ihrem elektronischen Lesegerät – leidet an der Netzhauterkrankung AMD und will an der Gründung einer Selbsthilfegruppe mitwirken. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Foto: Brigitte Bettscheider (bb) ("TV-Upload Bettscheider"

Uersfeld/Daun Als Roswitha Karst Ende 2013 einen Augenarzt aufsuchte, um sich eine neue Lesebrille verordnen zu lassen, ahnte die Uersfelderin nicht, was an Diagnosen, Therapien und Veränderungen in ihrem beruflichen und privaten Leben auf sie zukommen sollte. Auf die Vermutung ihres Augenarztes, dass eine Netzhauterkrankung vorliege, folgte in der Augenklinik in Trier die Diagnose "Altersbedingte Makuladegeneration (AMD), feuchte Form" (siehe Hintergrund) auf dem linken Auge. Es wurde eine Spritzentherapie eingeleitet. Roswitha Karst bekam eine neue Brille und an ihrem Arbeitsplatz einen größeren Bildschirm. "Damit hielt ich zunächst das Problem für erledigt", erzählt die Sparkassenangestellte. Doch das war es nicht. Im Sommer 2015 wurde die Diagnose AMD auch für das rechte Auge gestellt -"und dieses Mal war alles viel schlimmer und die Einschränkungen waren viel größer", sagt die heute 58-Jährige. Erst recht, als sich bei einer weiteren Untersuchung herausstellte, dass sie zusätzlich an einer so genannten Pigmentepithel-Abhebung leidet. Ihre Sehschärfe verschlechterte sich drastisch, die Spritzentherapie musste abgebrochen werden. Seit Juli 2016 ist Roswitha Karst in Rente. Wer sie aber persönlich erlebt, merkt sehr schnell, dass sie keineswegs resigniert hat. Auch wenn ihre Welt immer mehr verblasst, wenn sie Gesichter nicht mehr erkennen und Gestik und Mimik nicht mehr wahrnehmen kann. So liegen Lupen neben den Spielsachen ihres zweijährigen Enkels auf dem Küchentisch, im Arbeitszimmer steht ein elektronisches Lesegerät, ihr Computer hat ein Zoomprogramm. Sie trägt eine Armbanduhr mit besonders großem Zifferblatt, sie benutzt eine sprechende Küchenwaage, sie hat sich für den Kurs "Kochgenuss mit Sehverlust" angemeldet.
Von Anfang an machte Roswitha Karst sich schlau über den Verlauf der Krankheit und über Unterstützung und Hilfsmittel. Und stieß schon bald auf die Trierer Regionalgruppe des Vereins Pro Retina, eine Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegeneration. Sie lernte die dortige Ansprechpartnerin Marion Palm-Stalp kennen.
Sie besuchte mit der Trierer Gruppe in Frankfurt am Main die "SightCity" als die größte internationale Hilfsmittel-Fachmesse für Sehbehinderte und Blinde. "Ich war begeistert, was es alles gibt und was einem alles zusteht", resümiert Roswitha Karst den Messebesuch. Alle zwei Monate nimmt sie an dem Treffen der Regionalgruppe in Trier teil.
Dorthin kommen weitere Betroffene aus der Eifel - was für viele nicht einfach ist, da sie selbst nicht mehr Auto fahren können.
Daher soll auch im Landkreis Vulkaneifel eine Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen werden. Eine Informationsveranstaltung dazu hat kürzlich stattgefunden.
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HäUFIGE FORM DER NETZHAUTERKANKUNG


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(bb) Die Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Form der Netzhauterkrankung des Auges. Die Bezeichnung "altersbedingt" weist auf das Lebensalter als größten Risikofaktor neben Rauchen und genetischer Belastung hin. Während das Voranschreiten der trockenen Form langsam und schleichend erfolgt, führt die feuchte Form schnell zu Leseblindheit. Die Schädigung der Makula kann zur Abnahme der Sehschärfe und damit der Lesefähigkeit, des Kontrastempfindens, der Anpassungsfähigkeit an veränderte Lichtverhältnisse sowie zur Erhöhung der Blendungsempfindlichkeit und zu zentralen Gesichtsfeldausfällen führen.

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