Wenn ein Schuster sich als Offizier ausgibt

Gerolstein · Zum Sommer-Freilichttheater auf der Löwenburg geben die Burgschauspieler "Der Hauptmann von Köpenick" .

 Die Burgschauspieler Gerolstein haben einen neuen Vorstand – hier vertreten durch Sandra Kalmes (rechts), Dorothee Bohr-Schneider (links), Diana Stump (Dritte von rechts) und Carina Kadler (Zweite von rechts), und sie proben ihr neues Stück mit Ernst Krämer (Zweiter von links) als Regisseur und Thomas Krämer (Dritter von links) in der Hauptrolle. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Die Burgschauspieler Gerolstein haben einen neuen Vorstand – hier vertreten durch Sandra Kalmes (rechts), Dorothee Bohr-Schneider (links), Diana Stump (Dritte von rechts) und Carina Kadler (Zweite von rechts), und sie proben ihr neues Stück mit Ernst Krämer (Zweiter von links) als Regisseur und Thomas Krämer (Dritter von links) in der Hauptrolle. TV-Foto: Brigitte Bettscheider

Foto: Brigitte Bettscheider (bb) ("TV-Upload Bettscheider"

Gerolstein "Der Satz muss voller Stolz gesprochen werden", erklärt Regisseur Ernst Krämer dem Spieler des Uniformschneiders und zitiert theatralisch: "Aber der Mensch, der Mensch fängt erst beim Leutnant an." Dann reicht er dem Spieler in der Rolle des gerade zum Reserveoffizier beförderten Köpenicker Stadtverordneten Dr. Obermüller eine Uniformjacke - jenes legendäre Kleidungsstück, das im "Hauptmann von Köpenick" (siehe Info) zur Entlarvung von blindem Obrigkeitsgehorsam und Bürokratismus zum Einsatz kommt.
Es ist Probenabend im "Vereinsheim" in der Gerolsteiner Waldstraße. Die siebte Szene mit dem Uniformschneider und dem Reserveoffizier steht als Erste auf dem Plan, den die neue erste Vorsitzende Sandra Kalmes (42) in Zusammenarbeit mit ihrem Vorstandskollegium (siehe Info) und dem Regisseur aufgestellt hat. "Da steckt unglaublich viel Arbeit, Zeit und Organisation drin", sagt die kaufmännische Angestellte und Mutter einer vierjährigen Tochter. Und betont: "Das geht nur im Team." Dabei ist Vorstandsarbeit nicht ganz neu für Sandra Kalmes, die vor zehn Jahren, motiviert durch ihren Ehemann Frank, unter die Burgschauspieler ging, seinerzeit beim "Wirtshaus im Spessart" mitspielte, bei den weiteren Stücken als Souffleuse fungierte und seit 2012 zweite Vorsitzende war.
Dorothee Bohr-Schneider (58) ist neu im Vorstand, hat aber Bühnenerfahrung bei den Burgschauspielern seit 2003. Seit 20 Jahren unter den Schauspielern und seit zehn Jahren im Vorstand ist Diana Stump (44) aus Pelm. "Das sind typische Karrieren", erklärt Sandra Kalmes lachend - "wir sind eben alle multifunktional."
Mit der Aufführung des "Hauptmann von Köpenick" geht für Regisseur Ernst Krämer ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Zwar sei es kein typisches Open-Air-Stück, räumt er ein. Doch habe ihn die immer noch aktuelle Botschaft schon lange gereizt.
Dass die eigentlich schon für 2016 geplante Spielzeit schließlich um ein Jahr verschoben wurde, habe hauptsächlich mit der Suche nach den besonders vielen männlichen Rollen zu tun gehabt, erklärt er.
Überhaupt sei es eine große Herausforderung gewesen, die etwa 40 Sprechrollen sowie zehn Statistenrollen zu besetzen, sagt Sandra Kalmes. "Aber nun läuft es super", erzählt sie mit Blick auf die im September begonnene Probenzeit.
Inzwischen finden zwei Probenabende pro Woche statt. Nach der Osterpause soll möglichst oft auf der Löwenburg geprobt werden, ab Juli mit Requisiten und in Kostümen. Die Hauptrolle des Schusters Wilhelm Voigt spielt Thomas Krämer. Auf die Premiere am 12. August folgen fünf weitere Aufführungen.
LOS GING ES MIT "DER SPEERWURF"

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Die Burgschauspieler Gerolstein e.V. sind 1993 aus einer zur 650-Jahr-Feier (1986) ins Leben gerufenen Laienspielgruppe in Trägerschaft der Volkshochschule hervorgegangen. Erstes Stück der Laienspielgruppe war das Heimatspiel "Der Speerwurf", erstes Stück als Burgschauspieler war Hofmannsthals "Jedermann". In den Folgejahren widmeten sie sich historischen und literarischen Figuren, darunter "Wilhelm Tell" (1996), "Schinderhannes" (2003) und "Pittchen" aus Clara Viebigs "Weiberdorf" (2011). Die Burgschauspieler nahmen bisher an vier Rheinland-Pfalz-Tagen teil. Als Regisseure waren vor dem jetzigen Ernst Krämer (seit 2007) tätig: Alois Nowatschin (bis 1987), Karl-Heinz Schwartz (bis 2003) und Margret Tombers (2005). Den neuen Vorstand bilden: Sandra Kalmes (erste Vorsitzende), Dorothee Bohr-Schneider (zweite Vorsitzende), Diana Stump (Schriftführerin), Yvonne Bungartz (Schatzmeisterin), Carina Kadler (stellvertretende Schatzmeisterin), Linda Eckhart (Kostümmeisterin) und Sven Eckhart (Requisitenmeister). Kontakt: Sandra Kalmes, Gerolstein, Telefon 06591/8637; E-Mail: diana.stump@burgschauspieler.deSTüCK BASIERT AUF WAHRER BEGEBENHEIT

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Die 1931 von Carl Zuckmayer verfasste Tragikomödie "Der Hauptmann von Köpenick" basiert auf einer wahren Begebenheit aus dem Jahr 1903. Es geht um den Schuster Wilhelm Voigt, dem im militärisch geprägten Kaiserreich nach seiner Haftentlassung jegliche Chancen auf Rehabilitierung versagt bleiben. Mithilfe einer Hauptmannsuniform versucht Voigt deshalb, seine Bürgerrechte zu ergaunern. Das Stück hat drei Akte mit jeweils sieben Szenen.

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