Wenn Liebe und Tierhäute untrennbar zusammenhängen

Hillesheim · Nach dem Wunsch ihrer Eltern sollte Hanna Zinzius einen Metzger heiraten. Am Ende führte sie der Hillesheimer Gerber Hans Zinzius vor den Traualtar. Heute feiert Hanna Zinzius ihren 90. Geburtstag und blickt auf ein bewegtes Leben voller Tierhäute zurück.

 In einem aufwendigen Verfahren stellen Arbeiter in der ehemaligen Hillesheimer Gerberei Zinzius Leder aus Tierhäuten her. Foto: privat

In einem aufwendigen Verfahren stellen Arbeiter in der ehemaligen Hillesheimer Gerberei Zinzius Leder aus Tierhäuten her. Foto: privat

 Hanna Zinzius.TV-Foto: Felicitas Schulz

Hanna Zinzius.TV-Foto: Felicitas Schulz

Hillesheim. Hanna Zinzius sollte einen Metzger heiraten. Vielmehr hatten ihre Eltern, selbst Metzger, den Wunsch geäußert. Hanna Zinzius entschied sich stattdessen 1952 dazu, den Gerbereibesitzer Hans Zinzius zu heiraten. Heute feiert die Hillesheimerin ihren 90. Geburtstag. Gerne erinnert Hanna sich zurück: "Hans und ich kannten uns nur flüchtig." Während des Zweiten Weltkriegs sei er in Kriegsgefangenschaft geraten. Das habe sich geändert, als er wieder zurückkam und "so etwas wie Normalität" zu spüren gewesen sei. Ab da habe sie weder Wurst noch Fleisch verkauft. "Nun waren es Tierhäute, die eine gründliche Bearbeitung erforderten."
Ihr Mann wies sie in alle Bereiche des Gerberei-Handwerkes ein. "So konnte ich aushelfen, wenn ein Arbeiter einmal krank war." Ihr Schwiegervater Roland Zinzius erwarb 1898 die Gebereigebäude, die sein Sohn Hans nach Kriegsende weiterführte. "Das brachte eine familiäre Bindung, die bis ins Rentenalter anhielt."
In der Nachkriegszeit wurde in größerem Umfang dringend Leder für Schuhe benötigt, was viele Arbeitsgänge und Zeit erforderte.
Besonders anstrengend und geruchsintensiv sei das mühevolle Abschaben der Fleischreste von den frisch angelieferten Tierhäuten gewesen. "Wir haben versucht, den Gestank mit Schnaps zu neutralisieren."
Bereits 1955 stellte Hans Zinzius den Betrieb von der traditionellen Lohegerberei auf die moderne chemische Gerberei um. Die verschieden hergestellten Leder wurden unter anderem in der Orthopädie, für Schuhsohlen, Treibriemen für die Landwirtschaft und Schiffspumpen eingesetzt. "In der Karwoche meldete sich alljährlich der Besitzer einer großen Berliner Lederfabrik an. Er versicherte, dass er nur wegen meiner schmackhaften Eifler Forellen den Termin so lege", erzählt Hanna Zinzius.
Nach dem Tode ihres Mannes im Jahre 1982 führte sie den Betrieb noch einige Zeit weiter, um danach im eigenen Lederwarengeschäft bis zum Jahre 1990 noch tätig zu sein. Heute erinnert in Hillesheim nur noch das Straßenschild "Gerbergasse" an einen alten Handwerkszweig. fs

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