"Wer die Kinder erreicht, kommt ans Ziel"

"Ich bin seit 41 Jahren und vier Monaten Lehrer. Die Hälfte der Zeit war ich Schulleiter", bilanziert Manfred Surges. Der 64-jährige Schulleiter des Hubertus-Rader-Förderzentrums (HRF) beginnt am 3. Juli offiziell seinen Ruhestand. Er schaut auf die bewegte Zeit der Entwicklung der Förderzentren zurück.

 Manfred Surges, Schulleiter des Hubertus-Rader-Förderzentrums, wird nach 41 Jahren und vier Monaten Lehrtätigkeit am 3. Juli in den Ruhestand verabschiedet. „Brücken bauen“, das Motto der Entlassfeier, nimmt er zum Anlass, seine Brücke in die Zukunft zu bauen.TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Manfred Surges, Schulleiter des Hubertus-Rader-Förderzentrums, wird nach 41 Jahren und vier Monaten Lehrtätigkeit am 3. Juli in den Ruhestand verabschiedet. „Brücken bauen“, das Motto der Entlassfeier, nimmt er zum Anlass, seine Brücke in die Zukunft zu bauen.TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Gerolstein. Seit 1989 ist Surges HRF-Boss. Doch in der Chef-Position sieht er sich nicht gerne. Der erfahrene Pädagoge sagt: "Vertrauen führt und nicht Kontrolle."Auch das Thema "Macht" beleuchtet er von einer unerwarteten Seite. Er meint: "Macht habe ich so nie gespürt. Gegenüber der Schule ist es Fürsorge. Obwohl - gemeinsam mit dem Kollegium habe ich Macht gespürt. Macht, um der Schule Profil zu geben."

Und da hat sich in seiner 18-jährigen Ära am HRF eine Menge getan. (siehe Hintergrund). Surges hat die totale Wandlung der Förderlandschaft im Landkreis Vulkaneifel erlebt. Dieser Sonderstatus hält sich bis heute. Außer in der Vulkaneifel gibt es in der Region Trier nur noch in der Stadt Trier das so genannte Wormser Modell, an dem die Schulen der Stadt Worms und des Landkreises Vulkaneifel beteiligt waren.

Der Weg und das Ziel sind gleich geblieben

Für den ehemaligen Volksschullehrer in Plütscheid und Hauptschullehrer in Schönecken, der sich zum Förderlehrer weiterbildete, hat sich im Wandel der Zeit kaum etwas geändert zwischen seiner Stelle als Lehrer an der Maxim-Schule (Schule für lernbehinderte Kinder) in Bitburg vor zwanzig Jahren bis zum HRF-Schulleiterposten.

Der Förderschulrektor erklärt: "Früher wie heute haben die Förderlehrer die Aufgabe, die Fähigkeiten der gehandicapten Kinder so optimal wie möglich auszubauen." Der Weg und das Ziel seien gleich geblieben.

Auch sei die Elternschaft nicht fordernder geworden. Surges: "Heute besteht eher die Chance zum partnerschaftlichen Miteinander als zu Volksschulzeiten." Die Motivation der Kinder sei nicht schwerer geworden.

Der zweifache Vater und zweifache Opa meint: "Wer die Kinder erreicht, schafft auch das Ziel." Er "tauche in der Klasse nicht als Lehrer, sondern als Mensch auf" und begrüße jeden Schüler immer mit Handschlag.

Apropos Hände. Zum 40. Dienstjubiläum schenkten ihm die 140 HRF-Schüler Handabdrücke aus buntem Papier, die ein Jahr lang sein Bürofenster zierten. Für den Rektor eine Ehre: "Wir reichen einander die Hände."

Ebenso begeistert ist er vom Schulentlass-Motto "Brücken bauen". Seine Brücke in die Zukunft heißt Ruhestand. Als Pensionär will der Witwer "behutsam die neue Zeit wahrnehmen". Zeit bekomme eine neue Qualität.

Seinen sportlichen Hobbies wie Laufen und Radfahren möchte er sich ausgiebig widmen und der Reiselust, vornehmlich nach Frankreich, nachgeben. Der 64-Jährige ist immer mit Zelt und Fahrrad unterwegs.

Spontaneität ist für ihn kein Fremdwort. "Wenn ich morgens beim Frühstück sitze, können mich gurrende Tauben auf die Idee bringen, in die Bretagne zu fahren." Leben unterm Himmelszelt ist für den bekennenden Katholiken Hochgenuss. Surges sagt: "Mein Glaube hat meinen Berufsalltag mitbestimmt und ist eine Kraft spendende Lebensstütze."HINTERGRUND 1989 entwickelte die Landesregierung das so genannte Wormser Modell. Im Vordergrund stand die integrierte Förderung. 1989 gab es in Daun die L-Schule (für lernbehinderte Kinder), in Gerolstein die L-Schule, die S-Schule für sprachbeeinträchtigte Kinder sowie G-Schule für geistig behinderte Kinder. In Daun entstand das St.-Laurentius-Förderzentrum für Kinder mit allen Beeinträchtigungen für die Verbandsgemeinden (VG) Daun und Kelberg als Einzugsgebiet (110 Schüler/50-köpfiges Kollegium). Das Hubertus-Rader-Förderzentrum (HRF) hat eine bewegte Geschichte: 1989 war die S-Schule mit je zwei Klassen (28 Schüler) mit der Rader- und Grundschule untergebracht. Die L-Schule (27 Schüler) im St.-Josefs-Haus, die G-Schule (42 Schüler) in der Raderschule. Mit dem Wormser Modell wurden auch auffällige Kinder in Regelschulen von Förderlehrern betreut. Zum HRF-Einzugsgebiet (VG Gerolstein, Hillesheim, Obere Kyll) gehören sieben Grund- und drei Hauptschulen. 1992 kamen probeweise für ein Jahr die Kleinsten der G-Schule dazu. 1993 wurde das Projekt bis zum vierten Schuljahr der G-Schüler erweitert. Zum Schuljahr 1993/1994 wurde die räumliche Trennung zwischen Rader- und Grundschule sowie St.-Josef-Haus aufgehoben. 1994/1995 wurde das HRF gegründet und die G-Schule endgültig aufgelöst. 1999/2000 platzte das HRF aus allen Nähten. 2001 wurde der Erweiterungsbau eingeweiht. Heute werden 140 Schüler von 60 Lehrern und pädagogischen Fachkräften unterrichtet - plus 400 Förderschüler an Grund- und Hauptschulen. (vog)

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