Wie ein Dauner Hausmeister zu Superman wird: Schulgeschichten aus 35 Jahren am Thomas-Morus-Gymnasium

Daun · 35 Jahre lang holte er die Fußbälle vom Dach, mähte Rasen, strich Wände und verkaufte Kakao. Als Hausmeister am Thomas-Morus-Gymnasium in Daun war Josef Schmitz die treue Seele der Schule. Nun ist er in Rente. Der 64-Jährige schwärmt von lustigen Zeiten und einem emotionalen Abschied.

Daun. Bei einer Geschichte, die Josef Schmitz erzählt, kann er mit etwas Abstand laut lachen. "Die Sache in der Toilette", sagt der Mann, der 35 Jahre lang Hausmeister am Thomas-Morus-Gymnasium (TMG) in Daun war. Ein Schüler habe vor einigen Jahren die Klokabine nicht mehr öffnen können und panisch dagegen getrommelt. Ein Fall für Schmitz. Er kletterte durch den schmalen Spalt über der Tür in das enge Räumchen und reparierte im Handumdrehen das klemmende Schloss. "Den aufgelösten Jungen konnte ich trösten. Danach habe ich ihn in seiner Klasse abgeliefert", erinnert sich der 64-Jährige. Er trinkt einen Schluck Kaffee. Und lächelt.
Die Uhr zeigt 11.08 Uhr. Schulzeit. Doch Schmitz sitzt in seinem Wohnzimmer. Er hat frei. Seit einigen Tagen ist er nämlich Rentner.
Schweren Herzens, wie er sagt. Denn wenn jemand an der Schule Spuren hinterlassen hat, dann er. Schmitz holte Fußbälle vom Dach, verkaufte im Winter heißen Kakao. Oder er schloss sonntags die Schule auf, wenn verzweifelte Eltern dort die Englischhefte abholen wollten, die ihre Kinder vergessen hatten. "Ein Hausmeister ist dafür da, dass der Laden läuft. Ich habe den Job gerne gemacht. Ohne Grollen, ohne Getöse", findet Schmitz.
Das kam an. Bei der Abschiedsfeier im Dezember holten Lehrer das Urgestein des Gymnasiums in einer Nobelkarosse ab. An der Schule hatte ein Kunstkurs die Fenster des Gebäudes so abgeklebt, dass bei eingeschaltetem Licht ein Schriftzug an der Wand zu erkennen war: Jupp. "Das ist mein Spitzname. Einen so emotionalen Abschied hätte ich nicht erwartet", freut sich Schmitz.
Dabei war es ein Wink des Schicksals, dass er überhaupt an der Bildungseinrichtung gelandet war. Als junger Mann lernte er Schreiner. "Meine Eltern wollten es so." Der Beruf fesselte den Fan des Hamburger SV mit den Jahren immer weniger. Außer, wenn er in der Schule werkelte. ."Mich faszinierten die Atmos-phäre und die Vielseitigkeit eines Hausmeisters." Ein Angebot aus Wittlich lehnte er ab, weil die Wohnung an der Schule kein Warmwasser hatte. Dann entdeckte der zweifache Vater die Stellenanzeige aus Daun. Er bewarb sich und bekam den Zuschlag.
Der 1. Dezember 1979 war sein erster Arbeitstag am TMG, das noch ein ganz anderes war. Die Schule war an ein Internat angegliedert, in dem 140 Jungen lebten. Das Gelände war größer als vier Fußballfelder. "Ich war der Alleinunterhalter, der die Wände gestrichen, den Rasen gemäht und demolierte Waschbecken repariert hat."
Mit den Schülern verstand sich Schmitz, der über 33 Jahre mit seiner Familie im Gymnasium lebte, auf Anhieb. Ärger habe er gelassen genommen. "Wenn Kinder auf einem Bett herumtoben und es geht kaputt, passiert das halt. Brüllen hilft da nichts."
Die Schüler mochten ihn dafür. Ein Postsack, der im Wohnzimmer liegt, zeigt das. Schmitz greift nach ihm. "155 Karten sind drin, die ich zum Abschied bekommen habe. Meine Frau hat sie gezählt." Jugendliche schrieben ihm nette Dankesworte (siehe Extra) oder malten Schmitz im Superman-Kostüm.
Auf den Ruhestand freut sich Schmitz dennoch. Er sagt: "Ich will mich um meine Kinder und Enkel kümmern, am Haus in Daun-Boverath bauen und radfahren." Und in den Chor wolle er vielleicht eintreten. "In den des TMG Das ist eine ganz lustige Gruppe." Na also. Ganz los lässt den Hausmeister seine alte Schule eben doch nicht.Extra

Neben Bildern erhielt Josef Schmitz viele Abschiedsbriefe. Schülerin Nora schreibt: "Danke für alles, Jupp! Für jede Milchschnitte, die du mir in den Pausen verkauft hast, für jeden Sportbeutel, den ich verloren habe und du wiedergefunden hast und für deine Freundlichkeit, die dich immer zu einem Ansprechpartner für uns Schüler gemacht hat." Lehrerin Claudia Schneiders findet: "Eigentlich müsste dein Kopf aus lauter offenen Ohren bestehen. Deine Tatkraft sollte sich in unzähligen Händen versinnbildlichen." flor

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