Wie moderne Technik die Historie erhellt

Cochem/Koblenz · Archäologie und Hochtechnologie ergänzen sich im Kreis Cochem-Zell (Landkreis Cochem-Zell) auf einzigartige Weise. Der spektakuläre Münzschatz von Mittelstrimmig - um 320 nach Christus auf einem Feld vergraben, im Frühjahr 2011 entdeckt - ist jetzt mit modernsten Methoden repliziert worden. Dadurch ist eine originalgetreue Kopie entstanden.

 Ein historischer Schädel wird gescannt und digitalisiert: Scyteq-Geschäftsführer Dieter Welsch (rechts) und ein Mitarbeiter erklären dem Archäologen Axel von Berg (Zweiter von links) und Frans Somers das Verfahren. Fotos: Jens Weber

Ein historischer Schädel wird gescannt und digitalisiert: Scyteq-Geschäftsführer Dieter Welsch (rechts) und ein Mitarbeiter erklären dem Archäologen Axel von Berg (Zweiter von links) und Frans Somers das Verfahren. Fotos: Jens Weber

Cochem/Koblenz. Das Cochemer Unternehmen Scyteq hat das Gefäß mit den Münzen, das in Mittelstrimmig gefunden wurde, digitalisiert und mit einem 3-D-Drucker eine originalgetreue Kopie gefertigt. Dr. Dr. Axel von Berg, Leiter der Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz, ist begeistert: "Diese Methode ist ein Quantensprung für die Archäologie."
Und so funktioniert\'s: Mit aufwendigen Laserverfahren wird das Objekt gescannt und digitalisiert. Die Laserverfahren liefern in ihrer Kombination mit hoch spezialisierten Softwarelösungen eine enorme Datendichte und Detailtreue. Ein spezieller 3-D-Drucker stellt anschließend eine dreidimensionale Replik in 0,08 Millimeter dünnen Schichten aus koloriertem Verbundmaterial her. Die jeweilige Farbe wird dem Material an jeder einzelnen Stelle durch Injektion beigemischt.
Scyteq-Geschäftsführer Dieter Welsch (46) hat sich mit seiner Hightech-Methode einen Namen in der archäologischen Forschung gemacht und unter anderem für die aktuelle Ausstellung "Schädelkult" der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen gearbeitet. Dadurch entstand der Kontakt zu Axel von Berg und zur Landesarchäologie. Von Berg sagt: "Das Verfahren ist schonend für unsere Funde und gibt die Objekte 1:1 wieder." Der digitale Datensatz kann außerdem für Präsentationen verwendet werden. Für den Maschinenbauingenieur Dieter Welsch, Spezialist für die schnelle Prototypenentwicklung, ist der Abstecher in die Geschichte "spannend und lehrreich". Für Axel von Berg ist die Archäologie eine "lebenslange Leidenschaft". 1997 entdeckte er in Ochtendung ein Schädelfragment, das sich als Sensation offenbarte: als Beleg für einen Neandertaler in der Eifel, 173 000 Jahre alt. "Das war wirklich der Knüller", sagt er. Die Landesarchäologie arbeitet im Übrigen auch mit dem Prähistorischen Museum von Frans Somers in Müllenbach zusammen. Somers hat in seiner bemerkenswerten Sammlung unter anderem einen keltischen Trophäenschädel, den er jetzt ebenfalls von Scyteq reproduzieren lässt. Die Kelten nagelten die Köpfe ihrer Opfer an Türen. Sie wurden vermutlich als Trophäen zur Schau gestellt, bevor sie vergraben wurden.
Historie und Hochtechnologie: Beides verbindet sich im Kreis Cochem-Zell. Welsch: "Wir leisten auf diese Weise unseren Beitrag dazu, Licht ins Dunkel unserer Vergangenheit zu bringen."pieExtra

Mehr als 25 000 Münzen in zwei Keramikgefäßen haben Mitarbeiter der Landesarchäologie bei Grabungsarbeiten im Frühjahr 2011 auf einem Feld in Mittelstrimmig (Hunsrück) entdeckt. Axel von Berg, Leiter der Außenstelle Koblenz, nennt den Fund aufgrund seiner Größe und Zusammensetzung überregional bedeutend. Die Münzen datieren in die Zeit zwischen 313 und 317 nach Christus. Die Grabungsarbeiten in Mittelstrimmig sind jetzt offiziell abgeschlossen, im Frühjahr wird es eine Ausstellung mit den bedeutendsten Funden geben. Die bearbeiteten Gräberfelder hatte man auf Luftbildern der 1990er-Jahre unter dem Acker an der alten Römerstraße entdeckt. pie

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