Wie Tiere beim Gesundwerden helfen

Im Rahmen der Unesco-Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" gehört der Biohof Denkelseifen in Lissingen zu den vorbildlichen Projekten des rheinland-pfälzischen Programms Lernort Bauernhof. Kinder und Erwachsene finden hier tiergestützte Hilfe bei psychischen und sozialen Störungen.

Lissingen. Die neunjährige Mathilde (Name von der Redaktion geändert) hat die Diagnose ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und kommt aus einem sehr problematischen familiären Umfeld. Das betreuende Jugendamt wusste: Das Mädchen braucht Rückhalt in einer anderen Umwelt als der altbekannten.

"Sie kam mit vielen Aggressionen zu uns", erläutert Kerstin Blum. "Doch hier hat sie viel mehr innere Ruhe gefunden und gelernt, wie soziales Verhalten geht." Die pädagogische Fachkraft und Biobäuerin in Personalunion hat gemeinsam mit ihrem Ehemann Stefan den Hof Denkelseifen zu einem der Orte gemacht, an dem das von den rheinland-pfälzischen Ministerien für Wirtschaft, für Umwelt und für Bildung geförderte Modellprojekt Lernort Bauernhof umgesetzt wird.

Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen über das konkrete Erleben der Tiere und der Arbeitsabläufe auf einem Bauernhof umweltfreundliches Handeln beizubringen. Doch auf dem Hof Denkelseifen geschieht über die Arbeit mit Gruppen und Schulklassen hinaus auch Förderung für Einzelne. "Wir arbeiten hier nach den Erkenntnissen der modernen tiergestützten Therapie. Das Stichwort heißt Biophilie, also Liebe zum Lebendigen", sagt Kerstin Blum.

Sie bezieht sich damit auf wissenschaftliche Belege, dass ein enger Kontakt zu Tieren und Pflanzen die menschliche Gesundheit fördert. "Ein Beispiel: Wir haben ein Huhn namens Helmut, das von seinen Artgenossen regelrecht gemobbt wird. Mathilde hat gesehen, dass Helmut Hilfe braucht. Darüber hat sie auch gelernt, für sich selbst um Hilfe zu bitten und nicht alles wütend auszuagieren. So entstehen soziale Fähigkeiten."

Nach Blums Erfahrung muss es keine teure Delfintherapie sein, die in ihren Empfindungen gestörten Menschen den Weg ins Leben ebnet. "Gerade Tiere wie etwa Hühner, die klein sind und keine Angst einflößen und zugleich sehr sensibel sind, vermitteln ein Gespür für das gute Maß an Distanz und Nähe."

Auf dem Hof Denkelseifen lernen nicht nur Kinder auf diese Weise, sich Hilfe zu holen und selbst Hilfe zu geben. "Erwachsene profitieren nach unserer Erfahrung genauso." Angedacht sind in enger Vernetzung mit therapeutischen Einrichtungen der Region beispielsweise Programme zur Linderung und Vorbeugung bei Burnout-Syndromen.

Weitere Informationen zu Lermort Bauernhof gibt es unter www.lernort-bauernhof.rlp.de

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