Windkraft sorgt für stürmische Diskussionen im Rat der Verbandsgemeinde Kelberg

Kelberg · Heißes Eisen Windenergie: Befürworter halten sie für ein Gelingen der Energiewende für unverzichtbar, Gegner fürchten eine Verschandelung der Landschaft. Auch in der Verbandsgemeinde Kelberg sind die Fronten verhärtet, auch wenn es noch keine konkreten Beschlüsse gibt.

 Die Retterather Dorfjugend hat den Maibaum zum Windrad umfunktioniert. TV-Foto: Helmut Gassen

Die Retterather Dorfjugend hat den Maibaum zum Windrad umfunktioniert. TV-Foto: Helmut Gassen

Foto: Helmut Gassen (HG) ("TV-Upload Gassen"

Selbst altgediente Kommunalpolitiker aus der Verbandsgemeinde (VG) Kelberg können sich nicht daran erinnern, dass ein Thema jemals so hohe Wellen geschlagen hat wie Windkraft. Für die einen ist sie Fluch, für die anderen Segen. Für letzteres hält der Retterather Ortsbürgermeister Hermann Hay die Windenergie, vor allem in finanzieller Hinsicht.
Seit mehr als drei Jahren beschäftigt das Thema den Ort, ob und wann sich die Rotoren drehen werden, ist noch offen. "Ich werde von Bürgern immer nur gefragt: Wann werden denn in Retterath die geplanten Windräder gebaut?", berichtet der Ortsbürgermeister. Über ein Windrad kann er sich derzeit freuen, auch wenn es die Gemeindekasse nicht füllen kann. Die Dorfjugend hat ein - weithin sichtbares - Zeichen pro Windkraft gesetzt und den Maibaum symbolisch zu einem Windrad umfunktioniert.
Aber natürlich gibt es auch Kritik an den Windkraftplänen einiger Gemeinden. "Meiner Meinung nach sind die Eingriffe durch die vielen geplanten Windräder in die Natur und das Landschaftsbild so gravierend, dass der Tourismus in der VG Kelberg erhebliche Nachteile haben wird und auf Dauer massiv geschädigt wird", sagt hingegen Werner Ritter, Geschäftsführer der Touristik GmbH Oberes Elztal und CDU-Mitglied im VG-Rat.
Auch für viele Familien mit ihren Ferienwohnungen und Gastronomiebetriebe sei der Tourismus eine wichtige Einkommensquelle. Er habe zwar ein "gewisses Verständnis" für den Wunsch von Gemeinden, ihre Finanzlage durch Windkraft-Einnahmen zu verbessern, allerdings gehe "das Recht des Einen nur soweit, wie er einem Anderen nicht schadet.""Alle müssen sich bewegen"


Deshalb solle der VG-Rat seine Entscheidung gut abwägen und sich für eine Kompromisslösung einsetzen: "Nur dafür müssen sich alle bewegen!"
Jos Kruiter, Geschäftsführer des Gunderather Ferienparks, mit mehr als 400 000 Übernachtungen der größte in Rheinland-Pfalz, sagt: "Wir sind nicht grundsätzlich gegen Windkraft, aber die Belange des Tourismus sollten mehr berücksichtigt werden." Er sorgt sich wegen möglicher "negativer Folgen" für den Park, wenn in unmittelbarer Nähe (Retterath/Kolverath) Windkraftanlagen (WKA) entstehen würden. Vorgeschlagen ist, dass 1400 Meter Abstand vom Park eingehalten werden sollen. "Wir befürchten aber, dass die Räder auch dann noch gut zu hören und zu sehen sind", sagt Kruiter. Bewegung ist aber nicht in Sicht. Die Bürgermeister von sieben Dörfern beharren darauf, dass Windräder auf ihren Gemarkungen aufgestellt werden können, denn auch die Einnahmen seien unverzichtbar, um die Orte attraktiv zu halten. Sie sehen ihre Pläne gefährdet, wenn der VG-Rat dem Vorschlag folgen würde, den Abstand der WKA von bisher 900 Metern auf 1000 Meter zu allen Ortschaften zu erhöhen.
Auf der anderen Seite steht die Wählergruppe Sturm im Wald, die mit drei Sitzen im VG-Rat vertreten ist. Fraktionssprecher Reinhard Jansen kritisiert das bisherige Vorgehen. Aus seiner Sicht liegen für eine Ratsentscheidung nicht genug Daten vor. Deshalb werde die Wählergruppe beantragen, alles "auf null zu setzen , um dann ein neues, faires Verfahren einleiten zu können."
Jansen wehrt sich gegen den Vorwurf, Sturm im Wald wolle überhaupt keine WKA. "Wahr ist: Die im Wald geplanten Anlagen wollen wir möglichst verhindern. Aber dass auf einer Konzentrationsfläche sechs Anlagen entstehen könnten, ist für uns vorstellbar."Extra

Was zuletzt geschah: Anfang Februar sollte sich der VG-Rat bereits mit dem Flächennutzungsplan (Basis für die Windkraftplanung) befassen. Allerdings wurde der Punkt vertagt, weil das Innenministerium kurz zuvor der VG-Verwaltung mitgeteilt hatte, sie solle ermitteln, wer überhaupt abstimmen dürfe. Die Verwaltung hat nun geprüft, ob jemand selbst oder Verwandten Grundstücke gehören, die als Standorte für Windräder in-frage kämen. Ergebnis: Bei einigen der zahlreichen Abstimmungen, die heute auf der Tagesordnung der Ratssitzung im Bürgerhaus in Bongard (Beginn 15 Uhr) stehen, dürfen alle Mitglieder ihr Votum abgegeben, bei anderen sind dagegen bis zu acht Ratsmitglieder ausgeschlossen. Worum geht es: Der Rat berät über den Flächennutzungsplan, nachdem laut VG-Verwaltung der Bau von bis zu 39 Windrädern in der VG möglich wäre. Allerdings sind diese Standorte nicht detailliert geprüft worden. Es ist unwahrscheinlich, dass so viele am Ende tatsächlich geeignet sein werden. Genauere Untersuchungen können beginnen, wenn der Rat den Flächennutzungsplan beschließt. Um welche Dörfer geht es: Im Bereich Retterath/Kolverath könnten vier Anlagen entstehen, im Bereich Mannebach/Bereborn sieben, in Lirstal drei bis vier und im Bereich Arbach/Oberelz sechs. Weitere mögliche Standorte gibt es in Borler, Bodenbach, Katzwinkel und Kelberg. sts

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