"Wir brauchen keine zwei Kirchen"

Daun · Die Thomas-Morus-Kirche wird aufgegeben, aber möglichst nicht abgerissen: Pfarrer Ludwig Hoffmann und der Pfarrgemeinderat haben bei einer Versammlung über die Entscheidung informiert.

Daun. Ja, man sehe der 1970 geweihten Thomas-Morus-Kirche schon von weitem an, dass sie in die Jahre gekommen sei. Und sie habe eine Menge Schäden, die nicht auf den ersten Blick erkennbar seien: Mit dieser Erklärung und seinem Bericht über die Baugeschichte, den derzeitigen baulichen Zustand und die Betriebskosten (siehe Hintergrund) bat Matthias Brauns, der als stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender für das Kirchenvermögen zuständig ist, die etwa 70 Teilnehmer der Pfarrversammlung um Verständnis für die Entscheidung, sich von der Thomas-Morus-Kirche zu trennen.
"In über 40 Jahren ist sie so manchem von uns ans Herz gewachsen und ein vertrauter Ort für den Gottesdienst und Begegnung geworden", sagte Hans-Georg Hoffmann, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats. Doch gerade in den vergangenen zehn Jahren habe sich vieles verändert. Daher sei es höchste Zeit für eine neue Weichenstellung. Mit Blick auf die rückläufige Zahl der Gottesdienstbesucher sagte Pfarrer Ludwig Hoffmann: "Wir brauchen keine zwei Kirchen in Daun." Und es sei auch nicht damit getan, die Thomas-Morus-Kirche - wie seit 2011 üblich - von Allerheiligen bis Ostern zu schließen und damit die Heizkosten gegen null zu fahren. "Im Sinne eines verantwortlichen Handelns müssen wir sie aufgeben und einem anderen Zweck zuführen", sagte er - "und zwar einem Zweck, dem wir auch emotional zustimmen können."
Weiter sei noch nichts entschieden, betonte der Pfarrer. Weder rücke morgen ein Bagger an, noch bleibe die Kirche für immer geschlossen. Die Entscheidung der Gremien sei erst der Anfang, sagte Ludwig Hoffmann und appellierte an die Pfarrangehörigen, Anregungen zu geben. "Kolumbarium, Konzertsaal, Turnhalle", schlug beispielsweise Wilhelm Seggewiß vor.
Noch sei alles offen, sagte Hans-Georg Hoffmann zum Schluss der Versammlung. Und: "Hoffen wir, dass wir eine angemessene Neunutzung erleben dürfen."
Liebe Leser, was halten Sie von der Entscheidung, die Kirche aufzugeben? Haben Sie eine Idee für eine neue Nutzung des Gebäudes? Schicken Sie uns eine Mail an die Adresse eifel-echo@volksfreund.de samt kurzer Begründung. Bitte Namen und Anschrift nicht vergessen!Meinung

Schnelle Lösung nicht in Sicht
Wirklich überrascht sein wird kaum jemand, dass die Thomas-Morus-Kirche aufgegeben wird, denn die Entscheidung hat sich angebahnt. Die Ursachen sind bekannt: hohe Unterhaltungskosten, immer weniger Gottesdienstbesucher, Sanierungsbedarf. Auch wenn der Schritt gut begründet ist: Trotzdem wird es den Verantwortlichen nicht leicht gefallen sein, denn hier geht es nicht nur um finanzielle Aspekte. Immerhin mehr als 40 Jahre diente das markante Gebäude in der Berliner Straße als Gotteshaus, mit dem viele Menschen viele gute Erinnerungen verbinden. Aber wie geht es weiter? Alle Gründe, die dazu geführt haben, die Kirche aufzugeben, sind genau die, die es schwermachen, beispielsweise einen Mieter oder gar Käufer zu finden. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht, wenn überhaupt eine gefunden wird. Man mag es sich heute noch nicht vorstellen können, aber auf lange Sicht ist auch ein Abriss kein Tabu. s.sartoris@volksfreund.deExtra

Die ersten Überlegungen, zusätzlich zur Nikolauskirche ein zweites Gotteshaus in Daun inmitten eines Pfarrzentrums mit Kindergarten, Jugendheim, Pfarrheim und Seniorenwohnheim in der Freiherr-vom-Stein-Straße zu bauen, stammen vom Anfang der 1960er Jahre. 1967 wurde in Kooperation von Pfarrgemeinde, Stadt und Bundeswehr mit dem Bau der Thomas-Morus-Kirche auf einem mehr als 4700 Quadratmeter großen Grundstück im Bereich Berliner/Prümer Straße begonnen. Am 5. Juli 1970 weihte der Trierer Bischof Bernhard Stein das rund 820 000 Euro teure Gotteshaus. Der derzeitige Zustand ist desolat: Die Außenwände sind unansehnlich. Die Treppe von der Berliner Straße her ist marode und gesperrt. Die Platten auf dem Vorplatz sind zum größten Teil locker. Im Inneren ist der Bodenbelag vom rechten Eingangsbereich bis zum Altarraum nicht mehr verkehrssicher. Das Dach ist nicht dicht. An der Heizungsanlage kann es jederzeit zu einer größeren Reparatur oder einem Totalausfall kommen. 2009 bis 2012 hat die Kirchengemeinde allein für die Thomas-Morus-Kirche rote Zahlen von über 24 000 Euro geschrieben, hauptsächlich für Heizkosten und den Unterhalt des Grundstücks. bb

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