Zarte Pflänzchen

Wie ich so mit Walburga durch mein geliebtes Gerolstein gehe und mich eben noch über Hundedreck sowie achtlos weggeworfene Kippenschachteln, Coladosen und (Wodka)-Flaschen aufrege - also alles wie immer -, wird mir auf einmal ganz komisch.

Mir ist plötzlich so, als sehe ich in Arbeitsanzüge gehüllte, mit Handschuhen, Besen, Schaufel, Hacke und sonstigen Geräten bewaffnete CDU- und SPD-Stadträte, wie sie die Ärmel hochkrempeln, und schwitzend die Innenstadt auf Vordermann bringen - so weit das eben ohne umfangreiche Abriss- und Umbauarbeiten möglich ist. Ich sag noch schnell zu Walburga: "Kneif mich mal!", da haut mich auch schon unser leibhaftiger Stadtbürgermeister Jupp an, und will mir 'nen Besen in die Hand drücken. "Nee, nee, der neuen Einigkeit will ich nicht im Wege stehen", reagiere ich spontan und mach' mich rasch auf die Socken. Aber nur so weit, dass ich aus gesicherter Entfernung beobachten kann, was sich da genau abspielt. Und ob es nicht doch nur 'ne Erscheinung ist. Aber nein! Da wühlen CDU-Frontfrau Neumann und SPD-Chef Lux schwitzend und in trauter Zweisamkeit in einem Blumenkübel, setzen zarte Pflänzchen und lassen den Trog nach nur kurzer Zeit in neuer Schönheit erblühen. Und die anderen munteren Helfer tun es ihnen nach. Und ich gebe offen zu: Diese Art der gelebten großen Koalition hat mir imponiert. Toll, wie die angepackt haben und mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Da ging's um das Ergebnis und nicht um Kompetenzen, Posten und darum, das Gesicht zu wahren - wie derzeit in Berlin. Auch ansonsten war da nur wenig gemein zwischen der Elefantenrunde in der Bundeshaupt- und der Brunnenstadt: Während Frau Merkel ja die Genossen braucht, könnten die Schwarzen vor Ort ja auch locker ohne die Sozis (und die anderen Splitterparteien) auskommen. Was sie ja auch das gesamte Jahr über praktizieren. Aber bei einem so herausragenden Projekt wie dem "Herbstputz" wollten Schwartz & Co. dann doch lieber die Verantwortung auf möglichst viele Schultern verteilen. Also doch eine Parallele: Haushalt, Arbeitsmarkt, Gesundheits- und Rentensystem... auf Vordermann zu bringen, kann vermutlich auch nur durch eine gemeinsame Kraftanstrengung gelingen. Da in der Ratsstube der Gemeinschaftssinn aber noch nicht so ausgeprägt ist, sollten die Damen und Herren in nächster Zeit mal einen Arbeitseinsatz auf dem Waldfriedhof ansetzen. Denn da gibt's auch noch 'ne große Baustelle, erinnert sich

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