Zum Trost eine Notlüge

Seit 1996 ist der 27. Januar nationaler Holocaust-Gedenktag. Aus diesem Anlass hat der Verein "Forum eine Welt" einen Vortrag mit jiddischen Liedern organisiert. Musiker Manfred Lemm begeistert 80 Zuhörer im Gerolsteiner Rathaus.

 Begeisterte im Gerolsteiner Rathaus 80 Zuhörer zum Holocaust-Gedenktag: Manfred Lemm. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Begeisterte im Gerolsteiner Rathaus 80 Zuhörer zum Holocaust-Gedenktag: Manfred Lemm. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Gerolstein. (vog) Am 27. Januar 1945 wurde das KZ Auschwitz-Birkenau befreit. "Gegen das Vergessen" heißt nicht nur das Buch über das Schicksal Gerolsteiner Juden, das der Verein "Forum eine Welt" herausgebracht hat, so lautet auch die Botschaft an die junge und ältere Generation. Der Künstler Manfred Lemm beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit jiddischer Literatur und Musik.

Beim Gerolsteiner Konzert stellt der 63-Jährige die Werke des Krakauer Dichters Mordechaj Gebirtig (1877 bis 1942) in den Mittelpunkt. Er erklärt gekonnt die jiddischen Liedtexte. Das Publikum ist begeistert. Renate Eltze meint: "Man geht emotional mit. Es ist anrührend und macht nachdenklich."

Der italiensche Argraringenieur Rocco Lioy, der seit drei Jahren in Gerolstein lebt, bilanziert: "Lemms Stimme ist faszinierend. Er verbindet Kunst und Geschichte ausgesprochen gut."

In der ersten Hälfte des anderthalbstündigen Konzertes geht Lemm auf die Verfolgung der Juden ein, zeigt die Vernichtung auf. Das Lied "Schlaf schön, mein Mädele", das eine verfolgte Mutter ihrem hungrigen und verängstigten Kind zur Beruhigung singt, sei der "Hit" bei seinen jiddischen Jugend-Workshops. Lemm erklärt: "Mit der Notlüge, dass morgen alles besser sei, singt sie ihr Kind in den Schlaf. Es vermittelt nicht nur Jugendlichen Mitleid und Ethik." Trotz aller Ernsthaftigkeit stecke "enorm viel Kraft darin".

Den zweiten Konzertteil lockert Lemm mit amüsanten Geschichten, Liebes- und Tanzliedern auf. Er gibt einen weiten Blick auf die jüdische Kultur. Vorsitzende Gisela Meyer verweist auf die angestrebte Aktion des Vereins, vor den ehemaligen Wohnhäusern Gerolsteiner Juden sogenannte Stolpersteine mit Namenstafeln anzubringen. Josef Bach, erster Beigeordneter der Verbandsgemeinde Gerolstein, dankte dem Verein fürs interkulturelle Engagement.

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