Zwischen Aufzug und Akten

"Zivildienst? Langweilig, sinnlos, faul!" Ein Beispiel zeigt, dass es auch anders geht: Im Dauner Krankenhaus Maria Hilf sind die "Zivis" in den Klinikalltag als Pfleger, Techniker oder Archivar integriert.

Daun. Ein Krankenhaus schläft nie. Rund um die Uhr Operationen, Untersuchungen, Pflege. Zu Stoßzeiten, vor allem vor- und nachmittags, kann das Stress für Mensch und Maschine bedeuten. Um das Personal zu entlasten, sind Zivis da: Sie greifen unter die Arme, wenn eine Station, eine Schwester oder der Hausmeister zu viel zu tun hat. 1989 stellte Günter Leyendecker den ersten Zivi im Krankenhaus ein, seitdem waren es 54. "Zivis bereichern unser Haus", so der stellvertretende Verwaltungsdirekor. Die derzeit im Krankenhaus tätigen Zivis sind verteilt auf die drei Aufgabengebiete Pflegedienst, Technik und Archiv. Dazwischen kann aber auch gewechselt werden. Der Pieper vibriert, dazu eine einfache, nervtötende Anrufmelodie: "Station sieben hier. Könntest du einen Patienten mit Bett zum EKG fahren?" Der Zivi kritzelt schnell das Wichtigste auf seinen Merkzettel.Der Patiententransport gehört zu den wichtigsten Aufgaben, daneben machen die Zivis Botengänge: Blutkonserven müssen ins Labor, Post verteilt und Archivakten eingesammelt werden. Pflegedienstleiter Karl-Heinz Sicken ist überzeugt, dass Zivis ihren persönlichen Nutzen daraus ziehen können: "Auf Patienten zugehen können, mit ihnen reden, das alles schärft die sozialen Kompetenzen, die immer wichtiger werden."Wer als Zivi in der Technik arbeitet, fährt viel Aufzug und ist am besten überall gleichzeitig. Matthias Schäfer und Daniel Keller (beide 19) sorgen dafür, dass von Heizung bis Rollstuhl alles läuft. Daneben machen sie einfache Hausmeister-Jobs: kehren, streichen, Waren transportieren. Keller ist KFZ-Mechatroniker und genau richtig in der Technik. Kelleratmosphäre, riesige Panzerschränke, fast so alt wie das Krankenhaus. Darin: Akten von allen Patienten, die mal im Krankenhaus waren, korrekt sortiert nach Geburtsdaten. In diesem Labyrinth finden sich nur wenige zurecht. Rainer Schillen (19) kann es. Er sucht EKG und Röntgenbilder für die Stationen aus den Akten und sorgt dafür, dass das Archiv nicht aus allen Nähten platzt. Nebenbei macht er den Postboten außerhalb des Hauses. "Es macht Spaß. Die Kollegen sind immer gut drauf, auch wenn es Knochenarbeit ist", meint Schillen. Die Zivis haben im Krankenhaus einen festen Platz. Es ist viel zu tun, und das für schmalen Lohn. Dafür ist die Arbeit vielseitig, bietet viel Raum für die eigenen Interessen und kann auf das spätere Berufsleben vorbereiten. "Oft machen bei uns Jugendliche Zivildienst, deren Arbeit bei uns nur eine Station zwischen Abi und Studium ist. Deswegen versuchen wir, den Zivildienst als wertvollen Lebensabschnitt zu gestalten", konstatiert Leyendecker. HINTERGRUND In der Bundesrepublik muss seit 1961 jeder Zivildienst leisten, der zwar für den Wehrdienst tauglich ist, ihn aber verweigert. Die Altersgrenze liegt bei 23 Jahren. Bezahlt wird auf Ein-Euro Niveau, dazu kommen Zuschläge. Die Dienstzeit wurde von zwanzig Monaten auf heute neun Monate verringert und 2004 an den Wehrdienst angeglichen. Beliebt sind Zivistellen im Rettungs- und Pflegedienst und in der Verwaltung, beispielsweise beim DRK, in Altersheimen oder Krankenhäusern.

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