Buch erklärt Erderwärmung TV-Serie Klimaschutz konkret – Wie zwei Studenten einen Klimawandel-Bestseller schrieben

Trier · Ein junger Mann von der Mosel erzählt die ungewöhnliche Geschichte eines wissenschaftlichen Sachbuchs.

 Kompakt und reich bebildert: „Kleine Gase – Große Wirkung“.    FQoto: Katharina de Mos

Kompakt und reich bebildert: „Kleine Gase – Große Wirkung“. FQoto: Katharina de Mos

Foto: TV/Katharina de Mos

Rund zwei Jahre ist es her, da saßen die beiden BWL-Studenten David Nelles und Christian Serrer am Bodensee in der Mensa und unterhielten sich über den Klimawandel. Sie redeten über den Meeresspiegelanstieg, über Dürre und CO2 – „und dann haben wir gemerkt, dass wir gar nicht wissen, was der Klimawandel für uns bedeutet“, sagt der gebürtige Moselaner David Nelles. Sie merkten, dass sie nicht wussten, wie groß der Anteil des Menschen am Treibhauseffekt ist, dass sie nicht wussten, ob Stürme schon jetzt häufiger auftreten oder ob in Zukunft öfter mit Ernteausfällen zu rechnen ist. „Aus der öffentlichen Debatte wurden wir einfach nicht schlau“, sagt der 22-Jährige. „Und wenn man anfängt zu googeln, dann findet man ganz abstruse Informationen“.

Also machten die beiden sich auf die Suche nach einem wissenschaftlich fundierten Buch, „das so geschrieben ist, dass zwei doofe BWLer es verstehen können, das nicht zu komplex, zu trocken und zu langweilig ist“. Und im Idealfall hübsch bebildert, sodass man Spaß beim Lesen hat. Sie suchten in Buchläden und Bibliotheken. Sie googelten. Und wurden nicht fündig.

Daher entschieden sie, dieses Buch, das all ihre Fragen beantworten würde, selbst zu schreiben. „Das Thema ist so wichtig, und es geht vielen so wie uns“, sagt Nelles. Das scheinen viele andere auch so zu sehen. Seit „Kleine Gase – Große Wirkung“ im Dezember 2018 in den Buchhandel kam, hat es sich bereits 80 000-mal verkauft. Doch zurück zum Projekt.

Die jungen Männer hielten sich die Sommerferien frei und wälzten dann doch die dicken Fachbücher, Dokumente des Weltklimarats und wissenschaftliche Artikel – und fassten alles kurz und knapp zusammen.

 Die Autoren David Nelles (im Sessel) und Christian Serrer wollten mehr über den Klimawandel wissen.

Die Autoren David Nelles (im Sessel) und Christian Serrer wollten mehr über den Klimawandel wissen.

Foto: David Nelles und Christian Serrer/Edmund Moehrle

„Aber wir haben gemerkt, dass wir als Laien nicht garantieren konnten, dass alles korrekt ist und auf dem aktuellsten Stand der Forschung“. Daher schrieben sie Wissenschaftler an, die sich beim Klimawandel auf  gewisse Themengebiete spezialisiert hatten: Wolken, Landwirtschaft, Treibhausgase …  „Manche haben etwas skeptisch reagiert, warum gerade zwei BWLer daherkommen“ – die dann auch noch auf einer Viertel-Din-A-4-Seite zusammenfassen wollen, woran die Wissenschaftler seit einem Vierteljahrhundert forschen. „Nach dem Projekt haben alle aber verstanden, warum man das so auf den Punkt bringen muss“, sagt der Moselaner, der den Arbeitsaufwand unterschätzt hatte. Denn jedes Kapitelchen sei im Schnitt von neun Wissenschaftlern gegengelesen worden. Rund 100 Wissenschaftler und drei Grafiker haben insgesamt mitgewirkt.

Um so viele Menschen wie möglich zu erreichen, entschieden die Autoren, dass ihr Buch nicht mehr als fünf Euro kosten dürfe. Ein Experte habe ihnen da den Vogel gezeigt. Das mache kein Verlag mit. Also wurden sie selbst zum Verleger. Die von ZDF-Moderator Claus Kleber und Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber hoch gelobte erste Auflage (100 000 Bücher) ist seit Dezember im Buchhandel – und schon fast vergriffen. Die zweite ist in Planung.

War es auch Ziel dieses Buchs, die Argumente der Klimawandelskeptiker zu widerlegen? Nein, sagt Nelles. Sie seien völlig offen an das Thema herangegangen. Es hätte auch ein Klimawandelskeptikerbuch werden können, wenn sie denn etwas gefunden hätten, „was in diese Richtung deutet. Aber der Mensch ist tatsächlich verantwortlich. Es gibt nichts wissenschaftlich Handfestes, was dem widerspricht.“

Nelles und Serrer haben ihr Leben nach allem, was sie nun wissen, verändert. So sind die „leidenschaftlichen Fleischesser“ dazu übergegangen, nur noch einmal pro Woche Fleisch zu essen. Außerdem sind sie zu einem Ökostromanbieter gewechselt – „wohl die einfachste Möglichkeit die Energiewende mitzugestalten“, sagt Nelles, der fast nur mit Bus, Bahn und dem Fahrrad unterwegs ist. Missionieren wolle er niemanden. „Was wir wollen, ist, zu motivieren, an irgendeiner Stelle anzufangen und zu versuchen, seinen eigenen Treibhausgasausstoß zu reduzieren.“ Dabei werde man schnell merken, dass dies nichts mit Verzicht auf Lebensqualität zu tun habe.  So  motiviere man auch andere, ihr Verhalten zu überdenken. „Sogar die Klimaziele der Bundesregierung für das Jahr 2020 lassen sich so noch erreichen – ohne dass wir auf Politik und Wirtschaft warten müssen“, sagt Nelles – und ermutigt zum Klimaschutz.

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