17 000 Euro hinterzogen - Rentner zu Haftstrafe verurteilt

Trier · Paukenschlag im Gericht: Weil eine Geldstrafe keine Wirkung zeige, verurteilt das Trierer Amtsgericht einen 72-jährigen ehemaligen Geschäftsmann zu einer Haftstrafe auf Bewährung - weil er Steuern hinterzogen hat.

Trier. Vielleicht meint er es sogar ernst, als Anwalt Gilbert Haufs-Brusberg auf die vermutlich eher flapsige Frage des Trierer Finanzamtschef Jürgen Kentenich, was er für ihn tun könne, antwortet, ein kleines Geldgeschenk für seinen Mandanten wäre gut. Kentenich lächelt nur süffisant. Er ist als Zuschauer im Gerichtssaal des Trierer Amtsgerichts. Ein nicht ganz unabhängiger Zuschauer. Denn angeklagt ist ein 72-jähriger Rentner, ein ehemaliger Geschäftsmann, aus Trier. Die Steuerfahnder des Trierer Finanzamtes sind hinter ihm hergewesen, weil er 17 913,81 Euro Steuern zunächst nicht bezahlt hat. Daher ist der Angeklagte kein Unbekannter für Kentenich.
Der Rentner hat seit 2005 rund 719 000 Euro in der Schweiz angelegt. Die darauf anfallenden Kapitalerträge hat er in Deutschland nicht versteuert. Der Name des heute 72-Jährigen hat sich neben anderen mutmaßlichen Steuersündern auf einer CD befunden, die Rheinland-Pfalz 2013 für über vier Millionen Euro gekauft hat. Am 16. April morgens um 7.55 Uhr haben die Steuerfahnder dann bei dem ehemaligen Geschäftsmann geklingelt. Stichhaltige Beweise für das Schwarzgeld-Konto in der Schweiz haben sie wohl nicht gefunden, wie ein Steuerfahnder bei der Verhandlung gestern sagt. Allerdings hat der Trierer in der Vergangenheit kein Hehl daraus gemacht, Geld in der Schweiz angelegt und die dafür fällige Steuer nicht bezahlt zu haben. Er könne doch mit dem Geld machen, was er wolle, hat er in verschiedenen Interviews immer wieder betont. Und wenn er Steuern nachzahlen müsse, dann bezahle er eben. Das hat er im vergangen Jahr wohl getan, wie der Steuerfahnder vor Gericht bestätigt.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist das aber zu spät gewesen. Er habe erst gezahlt, als die Ermittlungen schon am Laufen gewesen seien, sagt der eigens aus Koblenz angereiste und für Steuerstrafsachen zuständige Oberstaatsanwalt Hans Peter Gandner. Daher gelte das nicht als strafbefreiende Selbstanzeige, wie es Haufs-Brusberg immer wieder darstellt. Daher ist das Ganze nun vor dem Amtsgericht gelandet.
Im vergangenen Jahr ist der Rentner mit einer Klage vor dem rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof gescheitert, weil er die Durchsuchung als unrechtmäßig und den Kauf der Steuer-CD als illegal empfunden hat. Trotzdem fordert Haufs-Brusberg, den damaligen rheinland-pfälzischen Finanzminister Carsten Kühl als Zeugen vor Gericht zu laden, um zu belegen, dass sich das Land mit dem Kauf der CD strafbar gemacht habe. Den Antrag lehnt Richter Günther Köhler ebenso ab wie den, mit einem Urteil zu warten, bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte über den Fall geurteilt habe. Vor einem Dreiviertel Jahr hat der Anwalt den Fall dort eingereicht.
Für Staatsanwalt Gandner ist die Sache klar: Der Rentner ist ein Steuerbetrüger, und dafür müsse er bestraft werden. 130 Tagessätze von je 600 Euro, insgesamt also 78 000 Euro, fordert er. Damit wäre der Rentner vorbestraft. Gandner glaubt nicht, dass der ehemalige Geschäftsmann nur von 1700 Euro Rente lebt, wie er angibt. Als Geschäftsmann habe er zuletzt über 400 000 Euro im Jahr verdient. Der Angeklagte zeigt sich in einer Verhandlungspause überrascht über die Forderung des Staatsanwaltes und verweist auf seine "kleine" Rente. Sein Anwalt fordert erwartungsgemäß Freispruch. Sein 45-minütiges Plädoyer ist aber eher eine juristische Abhandlung über die angebliche Unrechtmäßigkeit des Kaufs von Steuer-CD durch den Staat.
Das Urteil ist dann eine echte Überraschung: sechs Monate Haft auf Bewährung, 20 000 Euro für wohltätige Organisationen. Mit einer so harten Strafe hat keiner gerechnet. Richter Köhler findet deutliche Worte in seiner Urteilsbegründung. Eine Geldstrafe zeige bei dem Rentner keine Wirkung. Er zeige trotz der Begleichung der Steuerschuld keinerlei Reue. Er wirft ihm "rechtsfeindliche Gesinnung" und ein in hohem Maße "sozialschädliches Verhalten" vor. Der Anwalt kündigt an, in Berufung zu gehen.

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