Arbeitsmarkt Die Sorgen sind größer als der Schaden

Trier · Seit Jahresbeginn sind knapp 60 Millionen Euro für kurzarbeitende Beschäftigte in der Region Trier geflossen. Die Anträge der Firmen auf diese staatliche Unterstützung ebben langsam ab. Ist das ein Zeichen für Hoffnung und wirtschaftliche Belebung?

Viele Betriebe in der Regon haben bislang Kurzarbeitergeld angezeigt, aber bei weitem nicht alle haben es auch beantragt und ihre Beschäftigten auch nach Hause geschickt.

Viele Betriebe in der Regon haben bislang Kurzarbeitergeld angezeigt, aber bei weitem nicht alle haben es auch beantragt und ihre Beschäftigten auch nach Hause geschickt.

Foto: dpa/Jens Büttner

Peter Altmeier ist optimistisch und hält die Talsohle für die deutsche Wirtschaft in der Corona-Krise für durchschritten. So rechnet der deutsche Wirtschaftsminister für dieses Jahr statt mit einem Einbruch der Wirtschaft von 6,3 Prozent nur noch mit einem Rückgang des Buttoinlandsproduks (BIP) von 5,8 Prozent.

Am Arbeitsmarkt ist eine Belebung allerdings bislang nicht angekommen, wie der Anstieg der Arbeitslosenzahlen bei der Vorstellung des August-Berichts gezeigt hat (der TV berichtete). Dennoch sprechen Arbeitsmarktexperten wie der Chef der Trierer Agentur für Arbeit, Heribert Wilhelmi, von einem „aktiven Markt mit kleiner Dynamik, der etwas Hoffnung macht“, sagt er vorsichtig. Denn der Arbeitsmarkt sei nicht statisch.

So haben zwar in der Region Trier aus der Erwerbstätigkeit heraus 1117 Menschen ihren Job verloren, gleichzeitig hat der regionale Arbeitsmarkt gleich wieder 1060 von ihnen aufgenommen.

Ein  weiteres Indiz für eine leichte Verbesserung der Konjunktur und der Stimmung in den Unternehmen ist, dass immer weniger neue Anzeigen auf Kurzarbeit landesweit, aber auch in der Region Trier gestellt werden. Ist derzeit in 5672 Unternehmen für gut 59 000 Beschäftigte zwischen Eifel, Mosel und Hunsrück Kurzarbeit angezeigt, so sind davon im August nur 18 Betriebe neu hinzugekommen.  „Einerseits wollen die Unternehen weiterhin eine Sicherheit haben, falls es ihnen nicht wieder besser geht“, sagt Wilhelmi. Andererseits nehmen bei weitem nicht so viele heimische Betriebe später die Kurzarbeit auch in Anspruch, indem sie es beantragen.

So waren im Juni nach vorläufigen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit 5,36 Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit, das waren deutlich weniger als noch im Mai mit 5,82 Millionen Kurzarbeitern. Dazu passt, dass die deutschen Unternehmen im Juli  für 190 000 Menschen konjunkturelle Kurzarbeit angezeigt haben und damit für deutlich weniger als noch im März und April, als insgesamt Anzeigen für 10,7 Millionen Menschen eingingen.

Damals haben Betriebe in manchen Branchen in der Region Trier laut Agenturchef Wilhelmi fast annähernd die komplette Belegschaft in Kurzarbeit geschickt. In der Region Trier haben in diesen beiden Monaten insgesamt knapp 29 000 Beschäftigte in 4028 Betrieben kurzgearbeitet. „Ich werte das als positives Signal“, freut sich der Trierer Agenturchef und verweist auf bereits knapp 60 Milionen Euro, die „als Kurzarbeitergeld zur Stabilisierung der regionalen Wirtschaft gezahlt worden sind“.

Auch Heidrun Schulz, Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Agentur für Arbeit, sagt: „Man sieht daran, wie wichtig das Instrument ist.“ Am meisten waren demnach Beschäftigte in der Gastronomie, im Einzelhandel, im Gesundheitwesen, bei Vorbereitungen auf dem Bau und bei der Kraftwagenproduktion von Kurzarbeit betroffen.

Die Bundesregierung will derweil den maximalen Bezug von Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021 verlängern. Das kritisiert etwa der Präsident der Bundesbank, Jens Weidmann. Kurzarbeitergeld sei nur ein „Überbrückungsinstrument, um Entlassungen zu vermeiden“, sagt er. Weidmann sieht in der Verlängerung „eine Gratwanderung“, die womöglich einen Strukturwandel verschleppt. So würden Mitarbeiter an „Unternehmen gebunden, die keine Zukunft haben. Insgesamt sollte das wohl sehr kräftige Wachstum in den Sommermonaten keine falschen Hoffnungen schüren: Die Erholung unserer Wirtschaft wird sich hinziehen.“

Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier sieht man derweil eher Licht als Dunkelheit am Ende des Tunnels. „Ja, wir haben noch insgesamt 15 bis 20 Prozent der Betriebe, die fast komplett in Kurzarbeit sind, das sind Schausteller, Veranstalter, Diskothekenbetreiber und ein Teil der Hotellerie und Gastronomie“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Glockauer. Und für diese Branchen sei es „absolut gerechtfertigt, den Bezug des Kurzarbeitergeldes zu verlängern“. Hinzukomme das Überbrückungsgeld II, dessen Bezugsbedinungen unbedingt verbessert werden müssten.

Was Strukturwandel und Konjunktur betrifft, ist der IHK-Chef überzeugt: „Der Wandel ist schon angestoßen und durch Corona verschärft worden. Er lässt sich in keinem Fall aufhalten“, sagt Glockauer. Umgekehrt gehe es vier von fünf Betrieben in der Region Trier inzwischen wieder besser. „Das ist die gute Nachricht. Jetzt müssen wir den Pfad der Erholung weitergehen und dürfen nicht mehr zurückfallen.“

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