Ausbildung Azubi-Mindestlohn – Wer profitiert davon?

Berlin/Trier · Lehrlinge sollen wenigstens 515 Euro verdienen. Wie die regionale Wirtschaft auf die Ankündigung reagiert.

 Wie bekomme ich als Unternehmen genügend Auszubildende? Mit einem Azubi-Mindestlohn will Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Duale Ausbildung attraktiver machen. 

Wie bekomme ich als Unternehmen genügend Auszubildende? Mit einem Azubi-Mindestlohn will Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) die Duale Ausbildung attraktiver machen. 

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Auszubildende sollen ab dem kommenden Jahr mindestens 515 Euro im Monat verdienen. Eine entsprechende Reform des Berufsbildungsgesetzes will das Bundeskabinett an diesem Mittwoch beschließen. In der Region Trier bewerten die entsprechenden Stellen das positiv, melden aber auch Bedenken an.

Der Entwurf schreibt erstmals in Deutschland eine gesetzliche Untergrenze für die Vergütung von Azubis fest – analog zum gesetzlichen Mindestlohn. „Auf der einen Seite wollen wir die Leistung, die die jungen Menschen in den Betrieben erbringen, wertschätzen und anerkennen“, sagte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Montag in Berlin. Auf der anderen Seite wolle man „weiter die hohe Dynamik in den Betrieben erhalten, gute und hochwertige Ausbildung anzubieten“.

Prinzipiell kann sich damit der Trierer HWK-Geschäftsführer Carl-Ludwig Centner, Bereich Ausbildung, anfreunden. „Dass Frau Karliczek bemüht ist, die Duale Ausbildung attraktiver zu machen, ist in Ordnung.“ Dennoch müsse man auch regionale Besonderheiten beachten. „Wir sehen das Bemühen in vielen Handwerksberufen, etwa im Fachbereich Holz, die Ausbildungsvergütung anzuheben.“ Kritisch schätzt Centner allerdings generell das Vorgehen ein. „Über das Berufsbildungsgesetz Mindestlöhne einzuführen, das greift allerdings erheblich in die Tarifhoheit der Partner ein“, findet der HWK-Geschäftsführer. Für den Experten gilt aber auch, „der Ausbildungsberuf muss attraktiv sein, damit Unternehmen noch Nachwuchs finden “. Das gelte für die Ausbildungsvergütung ebenso wie für alle weichen Faktoren und die Karrierechancen in einer Branche.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks ist skeptischer: Die gesetzliche Festlegung eines Mindestlohns für Azubis sei „ein schwerer Eingriff in die gelebte Betriebs- und Tarifautonomie“, kritisierte Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands. Er warnte vor einer deutlichen Belastung gerade der kleinen Betriebe in strukturschwachen Regionen.

Das Friseur-Handwerk in Rheinland-Pfalz ist von der Ankündigung indes nicht überrascht worden, wie der Landesinnungsmeister Guido Wirtz aus Körperich (Eifelkreis Bitburg-Prüm) dem TV auf Anfrage erklärt. „Wir haben in der vergangenen Woche auf unserer Delegiertenversammlung besprochen, dass die Ausbildungsvergütung von 420 auf 500 Euro im ersten und in den Folgejahren auf 600 und 700 Euro erhöht wird“, berichtet Wirtz.

Gleichzeitig habe man sich aber auch entschieden, die Ausbildungsvergütung nicht auf einem Mindestlohn aufzusetzen. „Wir werden etwas für unser Image tun und auf einen möglichen Mindestlohn noch weitere zehn Prozent draufsatteln“, berichtet Wirtz dem TV exklusiv.  Nur wenn ein Beruf für Bewerber attraktiv sei, würden sich junge Leute dafür interessieren. Gleichzeitig müssten aber auch die Verbraucher diese Entwicklung mittragen. „Höhere Löhne bedeuten auch höhere Preise. Dafür müssen die Kunden Verständnis haben.“

Bei der Industrie- und Handelskammer Trier sieht man die Entwicklung positiv. Die Höhe der Ausbildungsvergütung sei für Jugendliche einer von mehreren Faktoren, nach denen sie sich für eine Ausbildung entscheiden. Daher seien die tariflichen Vergütungen in den letzten Jahren auch ohne gesetzliche Regelung stark gestiegen.

IHK-Pressesprecher Sebastian Klipp: „Die durchschnittliche Ausbildungsvergütung in IHK-Berufen liegt in der Region Trier bei 750 Euro im ersten Ausbildungsjahr und damit deutlich über der geplanten Mindestvergütung. Betriebe ohne tarifliche Bindung können diesen Betrag um bis zu 20 Prozent unterschreiten. Auch dann liegt der Schnitt mit etwas mehr als 600 Euro noch oberhalb der Untergrenze.“  Insbesondere habe aber die Fachkräftelücke in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass Unternehmen immer seltener unter Tarif vergüten.

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