Abbild des wahren Lebens
TRIER/BAD EMS. Wie steht es um die Ausbildung der Bevölkerung? Gibt es immer mehr Singles? Wie viele Arbeitsstunden werden geleistet? Diesen Themen geht der Mikrozensus nach, für den derzeit rund 400 Interviewer durch Rheinland-Pfalz reisen und die Bevölkerung - darunter 2300 Haushalte in der Region Trier - befragen.
"Glaube nicht an eine Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast." Diesen Spruch des ehemaligen britischen Premierministers Winston Churchill kennt jeder. Doch Lutz Zaun ficht das nicht an. Der Leiter des Sachgebiets Mikrozensus beim Statistischen Landesamt Bad Ems beschreibt seine Aufgabe und die von rund 400 Interviewerinnen landesweit so: "Wir machen keine Meinungsumfragen, sondern fragen Tatsachen ab. Was andere aus den von uns gesammelten Fakten machen, geht auf deren Kappe." Immerhin geht es um Fakten von immerhin 18 000 Haushalten in Rheinland-Pfalz, etwa 2300 davon in der Region Trier. Das entspricht etwa einem Prozent der Bevölkerung. Die ermittelten Daten geben nicht nur ein zuverlässiges Bild der Lebensverhältnisse im Land ab, sondern haben einen erheblichen Einfluss auf die künftige Sozial- und Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz und bundesweit. Aus welchen Quellen beispielsweise der Lebensunterhalt finanziert wird, entscheidet darüber, wann es eine Rentenerhöhung oder eine Erhöhung des Sozialhilfesatzes gibt. Wie groß die Haushalte im Land sind und wie viele Personen darin leben, hat Einfluss auf den Wohnungsbedarf und die Planungsgrößen für Infrastruktureinrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser oder Supermärkte. Angaben über das Ausmaß der Beteiligung von Frauen in verschiedenen Altern am Erwerbsleben bestimmt den Bedarf an Kinderkrippen- und Kindertagesstättenplätzen und ermöglicht erste Schätzungen über die Zahl von Rentenempfängerinnen. "Universitäten, Ministerien, Planungsbüros, Studenten aber auch Privatleute benötigen die Daten des Mikrozensus", sagt Zaun. Noch bis Juni sind deshalb in der Region Trier rund 100 Interviewer unterwegs. Der Mikrozensus ist gesetzlich vorgeschrieben und wird seit 1957 jährlich erhoben. Er gilt als Flächenstichprobe. Heißt: Im Vorfeld wurden per mathematischem Zufallsverfahren verschiedene Auswahlbezirke entlang der Kreisgrenzen mit jeweils zehn bis 15 Haushalten ausgewählt. Das können Straßenzüge oder Gebäude sein. Die Haushalte dort werden dann befragt, vier Jahre hintereinander. So kann es vorkommen, dass ein Bewohner mit der Hausnummer 15 einer Straße befragt wird, der direkte Nachbar aber nicht. Die Interviewer sind zur Verschwiegenheit, die Haushalte im Gegenzug zur Auskunft verpflichtet - über 122 Fragen zur Struktur der Bevölkerung, zur Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Art der Erwerbsbeteiligung. "Die Menschen sind kritischer geworden", hält Lutz Zaun als allgemeinen Trend fest. In diesem Jahr liege die Zurückhaltung zwar "im normalen Bereich". Doch erschwerten vor allem Meinungsumfragen wie die von Wirtschaftsforschungsinstituten dem Statistischen Landesamt die Arbeit beim Mikrozensus. Daneben werden die Daten für die Arbeitskräfte-Stichprobe der EU erhoben. Sie gibt es seit 1968, und sie sammelt die Daten, die etwa über die Verteilung von Geld aus dem EU-Sozialfonds zur Unterstützung strukturschwacher Gebiete wie der Region Trier entscheiden. Deshalb seien die Auskünfte auch so wichtig, hält Zaun fest: "Die Befragung ist interessant für alle Beteiligten, für das Statistikamt, die Interviewer - aber auch für die Bürger."