"Am Ende werden nur Steuergelder verbrannt"

Berlin · Der Finanz- und Bankenexperte Hans-Peter Burghof hält die Politik der Euro-Rettungsschirme für gescheitert. Notwendig sei ein EU-Plan, um die Folgen einer Griechenland-Pleite abzufedern.

Berlin. Im Gespräch mit unserem Berliner Korrespondenten Stefan Vetter erläuterte der Finanzexperte Details zu seinen Überlegungen. Herr Burghof, was halten Sie von dem Veto der Slowakei gegen die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms?Hans-Peter Burghof: Für mich ist das eine Bestätigung, dass der Euro so nicht zu retten ist. Es wäre gut, wenn wir von der Politik der Rettungsschirme wegkämen, hin zu einer Kontrolle der Haushaltspolitik durch den Markt. Nach Lage der Dinge dürfte die Slowakei ihr Veto aber noch revidieren.Burghof: Ein Misstrauensvotum bleibt es trotzdem. Dient der Rettungsschirm eigentlich der Rettung von Staaten, oder der Rettung von Banken?Burghof: Nun, die Politik sucht das eine mit dem anderen zu verbinden. Das birgt die Gefahr, am Ende weder die einen noch die anderen zu retten. Was rettet einen Staat? Doch nur eine seriöse Hauhaltspolitik und sonst gar nichts. Letztlich führen immer größere Rettungsschirme dazu, dass die Staaten nicht genügend Anreize haben, sich selbst zu retten. Aber Griechenland ist ohnehin nicht mehr zu retten, sagen inzwischen sogar Politiker.Burghof: Das ist genau der Punkt. Ein Rettungsschirm kann daran nichts ändern. Letztlich werden damit nur Steuergelder verbrannt. Wie erklären sie dann, dass die Troika trotz aller schlechten Noten für Athen grünes Licht für eine weitere Milliardenspritze gibt?Burghof: Das ist dem enormen politischen Druck der Euro-Staaten geschuldet, dem die Finanzkontrolleure der Troika ausgesetzt sind. Mit einer unparteiischen Bewertung hat das nichts mehr zu tun. Mit weiteren Hilfen könnte man allenfalls Zeit kaufen für die Erstellung eines Plans zur geordneten Insolvenz Griechenlands. Aber davon ist leider noch nichts zu erkennen. Schon vor drei Jahren wurden Banken in großem Stil gerettet. Warum jetzt erneut?Burghof: So groß die Empörung darüber ist, so klar ist auch, dass Banken in Schwierigkeiten geraten sind, weil sie das getan haben, was die Politik von ihnen verlangt hat, nämlich still zu halten und Problemstaaten weiter zu finanzieren. Hätten sich die Banken panikartig aus Griechenland zurückgezogen, dann hätte die Politik die Geldinstitute an den Pranger gestellt. Was würde ein Schuldenschnitt in Griechenland für die Banken bedeuten?Burghof: Den deutschen Banken würde das nur ein bisschen wehtun, weil sie schon Wertberichtigungen vorgenommen haben. Schlechter sieht es für französische Banken aus. Man muss aber festhalten: Wenn der Staat Banken rettet, dann muss er auch an ihrem späteren Gewinn beteiligt werden. Das wurde nach der Lehman-Pleite vor drei Jahren nur unzureichend praktiziert. Könnten auch Staaten wie Italien oder Spanien auf einen Schuldenschnitt spekulieren?Burghof: Die große Unsicherheit ist, was nach einem griechischen Schuldenschnitt bei anderen Ländern passiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Italien oder Spanien leichtfertig zu diesem Mittel greifen, weil sie dann von den Kapitalmärkten für lange Zeit abgeschnitten wären. Sind wir der Euro-Rettung heute näher als noch vor einem Jahr?Burghof: Eigentlich nicht, denn wir haben zu viel Zeit vergehen lassen, was die Sache immer teurer macht. Für ein Umsteuern wäre es notwendig, dass sich der EU-Gipfel am 23. Oktober auf einen Plan einigt, welche Unterstützung nach einer griechischen Insolvenz für Athen geleistet werden kann. Hans-Peter Burghof (Foto: dpa) ist Universitätsprofessor und Inhaber des Lehrstuhls für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim. Er hat zahlreiche nationale und internationale Publikationen veröffentlicht. Von 1993 bis 2002 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kapitalmarktforschung und Finanzierung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er 1998 promovierte und sich 2002 habilitierte. Von 2002 bis 2003 nahm er Lehraufträge an den Universitäten Mainz und Hohenheim an. Zudem ist Hans-Peter Burghof Geschäftsführer der Stiftung Kreditwirtschaft an der Universität Hohenheim sowie Börsenrat der Börse Stuttgart. Quelle: wikipedia

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