Am WM-Outfit kommt kein Fan vorbei

Trier · Sommer, Sonnenschein und siegreiche Fußballspiele für die deutsche National-Elf: So sieht die Wunschvorstellung der Wirtschaft für die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien aus. Denn stimmen die Rahmenbedingungen, profitieren die Händler der Region auch finanziell von einem WM-Märchen.

Trier. Pünktlich zur Weltmeisterschaft in Brasilien herrscht im fußballverrückten Teil Deutschlands der Ausnahmezustand: T-Shirt, Fahne, Schal und Tröte - wer in den kommenden Wochen das deutsche Fußballteam anfeuern will, hat sich ausgestattet.
Immerhin 27 Euro ist jeder deutsche Fußballfan bereit für WM-Accessoires auszugeben, wie die Befragung des Online-Portals sparwelt.de ergeben hat. "Wir sind seit zwei Wochen in der heißen Phase", bestätigt Stefan Fleck, der in Trier und Saarbrücken landesweit die größten Sportartikel- und Fußballgeschäfte führt und mehrere Großkunden beliefert. Die Trikotanfragen häuften sich von Tag zu Tag, mit einem eigenen "Fanpaket to go" mit Fahne, Schminke und Schweißband habe man ein Minimal-Sortiment für jeden Fan beim Public Viewing geschnürt.
Fußball-Euphorie nimmt zu


Seine Erkenntnis: "Die Fußball-euphorie steigt von WM zu WM. Inzwischen fällt man schon auf, wenn man ohne Fanartikel oder Schminke auftaucht", sagt er. Diese Form von "Gruppenzwang" sichert seiner Branche Umsatz. Andererseits ist sein Verkaufserfolg an den Spielerfolg der deutschen Fußballer geknüpft. Und den muss er bereits ein halbes Jahr vor Turnierstart erfassen, wenn alle Fanartikel geordert werden müssen. "Spielt die deutsche Mannschaft gut, haben wir nach jedem Sieg ein Umsatzplus von 30 Prozent", sagt er. Scheide sie frühzeitig aus, werde das gesamte Jahresgeschäft verhagelt.
Auf einen Erfolg der deutschen Kicker und auf sonnige Public Viewings hofft auch die Bitburger Braugruppe. Sie verzeichnet als offizieller Partner der deutschen Fußballnationalmannschaft und als meistgetrunkenes Fassbier in Deutschland "im Zeitraum solcher Großereignisse Absatzspitzen", sagt Werner Wolf, Sprecher der Geschäftsführung der Bitburger Braugruppe. Schon im April haben die Brauer mit ihrer WM-Kampagne begonnen. In Befragungen erreiche der Eifeler Gerstensaft bei Weltmeisterschaften höchste Werte bei Bekanntheit und Sympathie, sagt Wolf. Hat Bitburger zur letzten Fußball-WM ein Plus von 6,4 Prozent erreicht, so hofft die gesamte Branche in diesem Jahr auf ein Absatzplus von zwei Prozent.
Dabei ziehen öffentliche Plätze mit den Großleinwänden gar nicht mal den Hauptteil der deutschen Fußballfans an. Denn die sitzen bei Bier und Chips auf dem heimischen Sofa, wie die Befragung von sparwelt.de ergeben hat. Nur 14 Prozent der Fußball-Fangemeinde will zum Public Viewing gehen.
Das wiederum freut Metzger, Einzelhändler und Unterhaltungselektronik-Anbieter, für die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier ebenfalls von positiven Effekten ausgeht, sie aber wegen der Risikofaktoren Spielerfolg und Wetter nicht abschätzen kann.
Umsatzplus von zehn Prozent


Ob Gratis-Beigaben, Preisnachlässe oder Bonus-Zinsen: Viele Unternehmen haben sich etwas einfallen lassen, um von der WM-Euphorie zu profitieren. Allerdings gibt es Grenzen, die der Weltfußballverband Fifa rein namensrechtlich den Unternehmen setzt (siehe Extra). Deshalb versuchen viele, mit brasilianisch-südländischen Namen einen Hauch der tropischen Stimmung zur WM einzufangen. "Inzwischen kommt keiner mehr an der WM vorbei. Und bald kann es keiner mehr sehen. Deshalb muss man versuchen, ein Produkt und gleichzeitig ein Lebensgefühl zu verkaufen", schildert Frank Jöricke von der Föhrener (Kreis Trier-Saarburg) Werbeagentur zweipunktnull die Herausforderung. Seit anderthalb Jahren ist zweipunktnull offizielle Online-Agentur für den Pfälzer Chips-Hersteller Chio und vermarktet im Netz alles rund um die frittierten Kartoffelscheiben. So auch die zur Fußball-WM erfundene Sorte "Chio loves Rio". Während Brauereien solche Ereignisse herbeisehnten, gebe jede neue Sorte Chips von vornherein einen Verkaufsschub, sagt Jöricke: "Unterm Strich wird sich eine neue WM-Sorte lohnen." Er rechnet mit einem Umsatzplus für Chio von bis zu zehn Prozent - allein durch die WM. Die Kombination von Chips und Bier sei "einfach perfekt".
Extra

 Die Föhrener Werbeagentur zweipunktnull ist seit 2013 offizielle Online-Agentur für den Chipshersteller Chio und damit auch bei der aktuellen WM-Kampagne aktiv. Foto: privat

Die Föhrener Werbeagentur zweipunktnull ist seit 2013 offizielle Online-Agentur für den Chipshersteller Chio und damit auch bei der aktuellen WM-Kampagne aktiv. Foto: privat

Die Fußball-WM bietet Händlern und Agenturen eine ideale Plattform, sich zu verwirklichen. Offiziell hat der Weltfußballverband Fifa sich allerdings zahlreiche Logos und Marken gesichert. Wer also mit Titeln wie "FIFA World Cup", "WM 2014", "Brazil 2014" oder gar "Fan Fest" wirbt, muss sich eine Lizenz kaufen. Folglich warnen sowohl die IHK als auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband ihre Mitglieder vor Fallstricken. Wer sich keine Lizenz kaufen will, braucht Fantasie: Ob die "Samba-Stange" der Bäckerei Biebelhausener Mühle (Ayl, Kreis Trier-Saarburg) oder der "Mannschaftsspieß" an der Edeka-Fleischtheke: Auch in der Region Trier gibt es WM-Produkte, die eine Verbindung zu Fußball und Brasilien herstellen. Wer\\'s noch origineller mag, kann auch Kontaktlinsen in Nationalfarben oder Toilettenpapier mit Rasenduft haben. sas

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