Angst geht um bei den Schlecker-Beschäftigten

Daun · Die Zukunft von Schlecker war Thema einer Protestversammlung der Gewerkschaft Verdi in Daun. Auch die Beschäftigten aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz wollen wissen, wie es weitergeht. Denn ihre Gehälter sind derzeit nur bis 31. März gesichert.

 Ministerin Malu Dreyer verspricht den Schlecker-Beschäftigten die Unterstützung des Landes. TV-Foto: Helmut Gassen

Ministerin Malu Dreyer verspricht den Schlecker-Beschäftigten die Unterstützung des Landes. TV-Foto: Helmut Gassen

Daun. Zwar gibt es Kaffee und Kuchen, aber von einem gemütlichen Beisammensein ist das Treffen der Schlecker- und Ihr- Platz-Beschäftigten aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz in Daun weit entfernt. Für sie geht es um die Zukunft ihres Arbeitsplatzes und damit für viele, die auf das Einkommen angewiesen sind, auch um ihre Existenz. Rund 350 Zuhörer sind der Einladung der Gewerkschaft Verdi zum sogenannten Zukunftstag gefolgt, darunter auch viele Ehemänner der sogenannten Schlecker-Frauen.
Fast jeder zweite Job in Gefahr


Die Angst geht um bei den verbliebenen rund 1000 Schlecker-Beschäftigten aus den Bereichen Trier und Koblenz. "Davon ist fast jeder zweite Job in Gefahr", sagt Gewerkschaftssekretär Jürgen Rinke-Oster. Zwar laufen nach Eröffnung der vorläufigen Insolvenz die Verhandlungen, um eine Zukunft für die bundesweit noch rund 30 000 Beschäftigten des Familienunternehmens zu sichern. "Aber noch ist völlig offen, wie es ausgeht", berichtet Marlies Ausmeier aus Trier, die im Schlecker-Gesamtbetriebsrat sitzt.
In dieser Funktion hat die 60-Jährige, die seit 22 Jahren beim Unternehmen ist und in der Filiale in Trier-Zewen arbeit, vor kurzem Lars Schlecker, Sohn des Firmengründers Anton Schlecker, im thüringischen Oberhof getroffen. Ihre Hoffnung, dort von ihm etwas Konkretes zur Zukunft des Unternehmens zu erfahren, hat sich nicht erfüllt: "Alle Aussagen blieben vage, es gab nichts Greifbares." Die Gemütslage vieler ihrer Kolleginnen beschreibt sie mit "Angst essen Seele": "Viele werden krank wegen der unsicheren Situation, viele, die auf das Einkommen angewiesen sind, haben Angst vor einem sozialen Abstieg." Denn klar ist derzeit nur, dass die Gehälter bis Ende März durch das Insolvenzgeld gesichert sind.
Schlecker hat in jüngster Vergangenheit massiv Filialen geschlossen. Von 300 sind im nördlichen Rheinland-Pfalz 130 übrig geblieben, speziell in der Region Wittlich/Trier 29 von einst 70 Standorten. Eine zentrale Forderung wird beim Treffen immer wieder erhoben: Die Vermögensverhältnisse der Familie Schlecker müssen dargelegt werden. Viele Beschäftigte fragen: Wo sind die geschätzten mehr als zwei Milliarden Euro Vermögen der Gründerfamilie geblieben? "Diese Frage muss geklärt sein, bevor der Ruf nach staatlicher Unterstützung laut wird", sagt auch die rheinland-pfälzische Sozial- und Arbeitsministerin Malu Dreyer (SPD) in Daun. Eine weitere Forderung: das Filialnetz so weit wie möglich erhalten und investieren, damit Schlecker wieder konkurrenzfähig ist, und das ramponierte Image verbessern.
Die Veranstaltung in Daun ist laut Verdi-Vertreter Rinke-Oster nur der Anfang: "Weitere Proteste folgen um den Internationalen Frauentag am 8. März."Extra

Die Drogeriekette Schlecker ist einer Studie zufolge deutlich teurer als die Konkurrenz. Eine Analyse ergab, dass Markenartikel in den Schlecker-Läden durchschnittlich 16 Prozent mehr kosten als in dm-Filialen. Im Vergleich zu besonders preisaggressiven dm-Läden beträgt der Abstand demnach sogar mehr als 20 Prozent. Rossmann sei je nach Filialtyp 8 bis 16 Prozent günstiger, Müller rund 14 Prozent preiswerter als Schlecker. Das Unternehmen kämpft seit Jahren mit sinkenden Umsätzen und meldete Mitte Januar für die deutschen Filialen und die Tochter Ihr Platz Insolvenz an. sts/dpa

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