Auch im Ehrenamt gibt's einen Fachkräftemangel

Trier · Kampf an mehreren Fronten: So, wie viele Betriebe der Region massiv nach Fachkräften suchen, müssen sich auch die beiden Wirtschaftskammern - die Industrie- und Handelskammer (IHK) und die Handwerkskammer (HWK) - um Nachwuchs für ihre Ausschüsse und Gremien bemühen. Eine Überalterung droht.

Die Zahlen sind beachtlich: Jährlich leisten Unternehmer, Fachkräfte und Experten in Prüfungsausschüssen, Gremien und Arbeitskreisen der beiden Wirtschaftskammern 85 000 Stunden ehrenamtliche Arbeit. Diese Selbstverwaltung kommt einem Gegenwert von rund 3,6 Millionen Euro gleich. Denn im dualen System regeln die Betriebe Aus- und Weiterbildung selbst. In anderen Ländern kommt der Staat dafür auf. Den eigenen Fachkräftenachwuchs in den Betrieben züchtet sich die Wirtschaft hierzulande somit selbst heran.

Doch was für Arbeitskräfte allgemein gilt, trifft die Trierer IHK und HWK mit ihren mehr als 2000 Ehrenamtlichen genauso: Es gibt zu wenig Fachkräfte, die Gesellschaft überaltert. Allein bei der IHK sind mehr als 80 Prozent der Prüfer zwischen 45 und 60 Jahren alt.

Junge Experten sind eher die Ausnahme. Dabei gebe es spannende Tätigkeiten wie den Einsatz als ehrenamtlicher Richter, bei der Aktion Schule - Wirtschaft oder beim Standortmarketing, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Arne Rössel. Das Ehrenamt sei die "Lebensader der Kammern", hält IHK-Präsident Peter Adrian fest. "Ein Traditions- und Erfolgsmodell seit Jahrhunderten", ergänzt HWK-Präsident Rudi Müller.

Umso wichtiger sei es, den eigenen Fach- und Führungskräftenachwuchs fürs Ehrenamt zu sichern. "Das ist keine Kür, sondern ein Baustein des Selbstverständnisses", sagt HWK-Hauptgeschäftsführer Manfred Bitter. "Ohne das Ehrenamt können wir einpacken."

Im europäischen Jahr des Ehrenamtes wollen die beiden Kammern nun als erste in Rheinland-Pfalz eine Offensive starten und jüngere Fachkräfte an sich binden. "Noch gibt es keine ernsthaften Engpässe", sagt IHK-Präsident Adrian. Aber sowohl in der Industrie wie auch im Handwerk sei das Gros der Prüfer und Dozenten Ende 50 oder gar jenseits der 60 Jahre alt.

Handwerkspräsident Müller, der selbst seit 33 Jahren ehrenamtlich für seinen Berufsstand eintritt, verhehlt den persönlichen Einsatz und Freizeitverlust nicht. Für ihn hätten sich jedoch auch viele Chancen ergeben: "Es ist eine Art Selbsterhaltung als Unternehmer. Ich bin immer aktuell über Entwicklungen in meinem Beruf informiert, ich bin an jungen Leuten und dem Nachwuchs dran. Man bekommt neue Impulse für sein Arbeiten und gewinnt womöglich neue Geschäftsfelder."

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