Auf Lunge gelutscht

LUXEMBURG/FRANKFURT. Süß-herber Geschmack statt verqualmter Luft: "MeierKurt" soll als erstes nikotinfreies Tabak-Aroma-Bonbon Rauchern eine Alternative bieten - zunächst in Nichtraucherzonen wie Bahnhöfen und Flugzeugen, aber auch als Weg zur Abgewöhnung.

Die Luft für Raucher wird dünner. Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland. Schließlich will die Bundesregierung die Nichtraucherzonen ausweiten und Krankenhäuser und Restaurants ab dem Frühjahr 2005 weitgehend rauchfrei halten. Ob sich stattdessen - wie in Irland - draußen vor den Lokalen Grüppchen zitternder und qualmender Nikotinsüchtiger bilden, bleibt abzuwarten. Eine Alternative dazu biete "MeierKurt", nikotin-freie Tabak-Aroma-Bonbons, sagt Steffen Hinzmann. "Nur aus Kräutern, Gewürzen, Vitamin C und dem Zuckeraustauschstoff Isomalt", sagt er und verweist auf eine neutrale Untersuchung durch das Lebensmittel-Kontrollinstitut Fresenius. Der 37-Jährige weiß, wovon er spricht. Denn das "MeierKurt"-Rezept hat sein Großvater aus Berlin vor 70 Jahren erfunden. Kurt Meier - daher der Bonbon-Name - war Kolonialhändler und selbst Raucher. Da in den 1920-er und 1930-er Jahren viele Lagerhallen abbrannten, weil die Arbeiter dort Zigarren und Pfeife rauchten, suchte der findige Händler nach Alternativen zu Rauchwaren und Kau-Tabak - und erfand das Bonbon-Rezept. Doch Krieg und DDR-Enteignung stoppten Meiers Werk. In diesem Jahr wäre sein Unternehmen hundert Jahre alt geworden. "In Zeiten einer Anti-Raucher-Stimmung macht der Verkauf dieses Bonbons wieder Sinn. Denn aus einer Stimmung heraus werden Trends gemacht", ist Enkel Hinzmann überzeugt. Immerhin hat er rund 250 000 Euro in die "MeierKurt"-Kampagne investiert. Der gelernte Journalist und Werbefachmann weiß, wie das funktioniert. Denn seit 15 Jahren platziert er neue Produkte von Süßwaren-Herstellern wie Ferrero oder Milka am Markt. Mit seinen Tabak-Aroma-Bonbons will Genussraucher Hinzmann nicht den Zeigefinger schwingen. Wer mit dem Rauchen aufhören wolle, schaffe das auch, ist er überzeugt. Dabei hat selbst sein "MeierKurt"-Produzent aus Schwaben seine Glimmstengel inzwischen beiseite gelegt. Hinzmann gehe es um die übrigen etwa 20 Millionen Raucher in Deutschland. "Es gibt zwar Bonbons in verschiedenen Geschmacksrichtungen, aber keine für spezielle Zielgruppen wie etwa Raucher", sagt er. Dabei sei man gerade denen mit Verboten im öffentlichen Raum entgegen getreten, ohne ihnen im Gegenzug eine Lösung anzubieten. "Wer zehn Stunden im Flugzeug sitzt und nicht rauchen darf, hatte bislang keine Alternative", sagt Hinzmann. Was Fluggesellschaften wie die Luxemburger Luxair, den irischen Billig-Flieger Ryanair und die deutsche Lufthansa schon auf den Plan gerufen hat. Denn auf den meisten Flügen weltweit darf zwar nicht mehr geraucht, dafür aber ungehemmt gelutscht werden. Ryanair etwa will deshalb "MeierKurt" europaweit auf Flügen anbieten, berichtet Steffen Hinzmann, die Lufthansa Service Gesellschaft mit Beteiligung an 85 Fluggesellschaften und Flughäfen habe bereits die Airports in Bremen, Berlin und München mit seinem Produkt (Preis 2,50 Euro je Schachtel) bestückt. Neben Kiosken und Fluggesellschaften strebt der Bonbon-Chef den Vertrieb auch in Hotels und Tankstellen an. Und letztere mit Standort im Großherzogtum sind seit wenigen Tagen mit "MeierKurt" über den Luxemburger Partner Fixmer ausgerüstet. "Luxemburg hat als kleines Land schnell die Vorteile von ,MeierKurt' erkannt. Außerdem sind die Handelswege nicht so weit, der Vertrieb ist schnell aufgebaut", sagt er.Kräuter tricksen das Gehirn aus

Das Prinzip von "MeierKurt"-Bonbons ist einfach: "Raucher sind zwar nikotin-abhängig, der erste Impuls wird aber durch den Geschmacksnerv befriedigt. Und da setzt das Bonbon an", sagt Fachmann Hinzmann. Ein Trick also dank Kräutern und Gewürzen. Dabei ist die Lutsch-Ware in den Varianten "Original" und "Sweet Flavour" durchaus Geschmackssache, gesteht er: "Nichtraucher werden das Tabak-Aroma gar nicht kennen." Alle anderen spalteten sich in Liebhaber und Ablehner - wie bei "Red Bull" oder "Fisherman's Friend". "Alle diese Produkte haben einen eigenständigen Geschmack, den man mögen muss. Aber mir ist es lieber, 50 Prozent der Raucher mögen ,MeierKurt' und kaufen es, als einen Allerweltsgeschmack zu kreieren, der sich in nichts von anderen Bonbons unterscheidet", sagt der Frankfurter Unternehmer. Immerhin hat Hinzmann einen übersichtlichen Markt mit Potenzial zu beackern. 23 Millionen so genannter Kaufakte gibt es im Raucher-Markt in Deutschland. Davon die Hälfte von "MeierKurt" zu überzeugen, das wäre bereits ein Riesenerfolg.

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