Aufschwung geht weiter

Berlin/Trier · Das neue Wirtschaftswunder "Made in Germany" hält an: Die Regierung erwartet mehr Jobs, höhere Löhne und ein moderates Staatsdefizit. Eine von Experten befürchtete Inflationswelle sieht Minister Brüderle nicht.

Berlin/Trier. (dpa/wie) Die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 1,8 auf 2,3 Prozent kräftig erhöht. Deutschland sei mit "sensationellen Zahlen" in Europa am besten durch die Krise gekommen, sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Mittwoch bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts. "Wir gehen mit Siebenmeilenstiefeln voran, manch andere trotten im Gänsemarsch hinterher."

Die deutsche Wirtschaft habe 2010 das Comeback des Jahres hingelegt: "Mit einem Rekordwachstum von 3,6 Prozent hat uns die Wirtschaft aus dem Konjunkturkeller katapultiert." Auch 2011 werde ein gutes Jahr.

Binnennachfrage stützt Wachstum



Neben dem Export, der um 6,5 Prozent zulegt, werde das Wachstum zu über drei Vierteln von der Binnennachfrage gestützt. Die Deutschen - mit Jobsicherheit und mehr Lohn im Portemonnaie - stecken viel mehr Geld als früher in den Konsum. Die real verfügbaren Einkommen der Bürger werden 2011 um 3,4 Prozent steigen, sagte Brüderle, der sich für weitere Steuersenkungen aussprach. Im Gegensatz zu einigen Experten sieht die Regierung kaum Inflationsgefahren: Die Teuerung werde im Schnitt bei moderaten 1,8 Prozent liegen.

Beachtlich sei, dass so viele sozialversicherungspflichtige Stellen und Vollzeitarbeitsplätze geschaffen würden. Im Jahresschnitt werde die Zahl der Arbeitslosen mit 2,94 Millionen unter der Drei-Millionen-Grenze liegen. Die Quote sinke von 7,7 auf sieben Prozent, sagte Brüderle. 2011 werde es mit 40,8 Millionen so viele Beschäftigte wie nie zuvor in der Bundesrepublik geben.

Gefährlich für das Wachstum könnten eine schwächere Weltwirtschaft und die Eurokrise werden. Brüderle unterstrich, dass Deutschlands Wohlstand entscheidend am Euro hänge. Schuldenländer müssten strenge Auflagen akzeptieren.

Der 750-Milliarden-Euro-Rettungsfonds sei aber ausreichend: "Wir können den Euro-Rettungsschirm nicht bedingungslos aufblähen." Brüderle forderte die USA auf, den Abbau ihrer gigantischen Staatsverschuldung rasch anzugehen. Wie ernst die Lage sei, habe die Warnung von US-Finanzminister Timothy Geithner vor einer möglichen Staatspleite der Vereinigten Staaten gezeigt.

Deutschland wird in diesem Jahr mit einem Staatsdefizit von 2,5 Prozent die Drei-Prozent-Grenze des EU-Stabilitätspakts einhalten. 2010 war die Marke erstmals seit fünf Jahren mit 3,5 Prozent wieder verletzt worden. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen haben über Jahrzehnte einen Schuldenberg von 1,8 Billionen Euro aufgetürmt.

Regionalen Unternehmen fehlen Fachkräfte



Das Wirtschaftswachstum ist auch in der Region angekommen. Die "wirtschaftliche Dynamik" sei branchenübergreifend in vielen Unternehmen deutlich spürbar, sagt Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der Trierer Industrie- und Handelskammer. Das Wachstum sei so stark, dass viele Firmen derzeit händeringend nach Arbeitskräften suchten. Der Fachkräftemangel trete daher immer deutlicher zutage, so Rössel.

Die Gewerkschaften wittern angesichts des Wachstums Morgenluft und fordern Lohnerhöhungen. Die Kaufkraft muss langfristig gestärkt werden", sagt Christian Schmitz, Regionalchef des Gewerkschaftsbundes. "Wir werden alles daran setzen, um hohe Tarifabschlüsse zu erreichen", kündigt Schmitz an.

extra Eckpunkte des Jahreswirtschaftsberichts: Veränderungen im Vergleich zu Vorjahren in Prozent. 2009 (2010/2011) Bruttoinlands- produkt: -4,7 (3,6/2,3); Erwerbstätige: 0,0 (0,5/0,8); Arbeitslosenquote in Prozent: 8,2 (7,7/7,0); Exporte: -14,3 (14,2/6,5); Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer: -0,2 (2,2/2,1)

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