Auszeichnung Aus Marokko zur Ausbildung in die Eifel

Großlittgen · Das Unternehmen Weber-Stahl aus Großlittgen wurde von der Agentur für Arbeit ausgezeichnet - für die vorbildliche Integration von ausländischen Auszubildenden und dem innovative Kampf gegen den Fachkräftemangel.

 Heidrun Schulz (Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland), Markus Hund (Geschäftsführer Weber Stahl), Heribert Wilhelmi (Vorsitzender der Agentur für Arbeit Trier), Florian Weber (Geschäftsführer Weber Stahl) und Heinz Weber (Firmengründer/von links) bei der Überreichung des Zertifikats.

Heidrun Schulz (Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland), Markus Hund (Geschäftsführer Weber Stahl), Heribert Wilhelmi (Vorsitzender der Agentur für Arbeit Trier), Florian Weber (Geschäftsführer Weber Stahl) und Heinz Weber (Firmengründer/von links) bei der Überreichung des Zertifikats.

Foto: TV/ARbeitsagentur

Mohammed hat es geschafft, aber ein weiter Weg liegt hinter dem jungen Mann. Im Herbst 2021 machte er sich aus seiner Heimat Marokko auf in die Eifel. Gemeinsam mit seinen neuen Arbeitskollegen und Landsleuten Hamzas und Anas hat er in Großlittgen (Kreis Bernkastel-Wittlich) eine Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker begonnen. Sein Ausbildungsbetrieb ist die 1984 gegründete Firma Weber Stahl-Anarbeitungs-Service GmbH. Das Unternehmen mit 132 Beschäftigten und 30 Zeitarbeitern ist im Sonderstahlbau sowie in der Klein- und Mittelserienfertigung tätig. Es fertigt Bauteile oder Konstruktionsgruppen für die Nutzfahrzeugindustrie, für Baumaschinenhersteller oder andere Auftraggeber, aber auch eigene Produkte an.

Dafür benötigt man gut ausgebildete Fachkräfte - und diese zu finden, ist nicht einfach, wie Florian Weber, in zweiter Generation gemeinsam mit Markus Hund Geschäftsführer des Familienbetriebs, sagt: „Eine der größten Herausforderungen ist es, dem Fachkräftemangel mit innovativen Konzepten zu begegnen. Wir können am lokalen Markt kaum genug Interessierte für unsere Ausbildungsplätze finden, obwohl wir gut mit Schulen vernetzt sind und uns regelmäßig an Azubi-Tagen oder anderen Veranstaltungen beteiligen.“

So entschloss man sich bei Weber Stahl, den Blick über die Grenzen zu wagen. Mit Unterstützung der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) wurden Auszubildende aus Marokko rekrutiert. Mit Kooperationspartnern vor Ort wurden die Bewerber in ihrem Heimatland ausgewählt und in der deutschen Sprache geschult. Schließlich hatten Mohammed, Hamzas und Anas alles gepackt, es sollte Anfang 2020 losgehen - doch dann verzögerte sich ihr Ausbildungsstart in der Eifel durch Corona bis in den Herbst 2021.

Als die drei Marokkaner ankamen, wurden sie unkompliziert in den Betrieb, aber auch in den Alltag integriert. Bei Weber Stahl wird die Willkommenskultur gelebt, zum Beispiel stellt das Unternehmen den dreien Mitarbeiterwohnungen, unterstützt sie bei Behördengängen. „Unsere marokkanischen Auszubildenden erhalten neben den bei uns für alle Auszubildenden üblichen Zuwendungen wie Smartphone, Führerschein-Unterstützung oder Tankgutschein auch einen PKW für die Fahrten zum Beispiel zur Berufsschule gestellt“, sagt Florian Weber.

Sein Geschäftsführer-Kollege Markus Hund sieht dies als perfekte Win-win-Situation: „Es ist immer ein Geben und Nehmen. Die Auszubildenden sind engagiert, dankbar und freuen sich tagtäglich über ihre Möglichkeit, hier in Deutschland eine Karriere zu starten. Und wir als Ausbildungsbetrieb freuen uns über die motivierten Auszubildenden und geben unser Bestes, um ein guter und attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wir bei Weber unterscheiden nicht zwischen Herkunft oder anderen Hintergründen, bei uns ist jeder motivierte Kollege willkommen – egal, ob aus Marokko, Deutschland oder sonst wo aus der Welt. Mit gegenseitiger Toleranz, Respekt und verschiedenen Angeboten schaffen wir eine Basis für alle. Das familiäre Verhältnis zeigt sich in allen Abteilungen vom Praktikanten bis zur Geschäftsleitung.“

Diese vorbildliche Integration von ausländischen Auszubildenden und der innovative Weg, dem Fachkräfte- und Azubimangel gegenzusteuern, wurde am gestrigen Freitag ausgezeichnet. „Das hohe Engagement der Firma Weber Stahl für ihre Auszubildenden, ihre Investitionen in hohe Betreuungsqualität und innovative Wege zur Rekrutierung sind beispielgebend und verdienen hohe Anerkennung“, sagt Heribert Wilhelmi, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Trier. Gemeinsam mit Heidrun Schulz, der Vorsitzenden der Geschäftsführung der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland der Bundesagentur für Arbeit, würdigte er die Verdienste des Eifeler Unternehmens mit dem Ausbildungszertifikat der Agentur für Arbeit Trier 2023. Dieses Zertifikat wird seit 2017 an Unternehmen vergeben, die sich in besonderem Maße um das Thema Ausbildung verdient machen.

Generell sieht Wilhelmi den aktuellen regionalen Ausbildungsmarkt eher kritisch: „Auszubildende zu finden wird für Betriebe in der Region Trier immer schwieriger. Hohe Einstellungsbereitschaft steht immer weniger verfügbaren Bewerbern gegenüber. Das ist einerseits dem demografischen Wandel geschuldet. Andererseits beobachten wir bei jungen Menschen eine Abnahme der Ausbildungsbereitschaft zugunsten höherer Studienneigung.“

Beispielhaft dafür steht der von Weber-Stahl angebotene Ausbildungsberuf des Konstruktionsmechanikers. Unter den Top Ten der weiblichen und männlichen Bewerber taucht er nicht auf.

Für Metallbearbeitung gab es seit Beginn des Berufsausbildungsjahres nur acht Interessenten, dafür sind aber 43 Ausbildungsstellen in diesem Bereich noch unbesetzt. In Metallbau und Schweißtechnik gab es immerhin 29 Bewerber, doch auch hier sind noch 72 Ausbildungsstellen unbesetzt.

Auch insgesamt betrachtet ist die Lage in der Region Trier ähnlich: Dem Angebot von 3648 Ausbildungsstellen (78 oder 2,1 Prozent weniger als im März 2022) stehen seit Beginn des Berichtsjahres 1728 vorwiegend junge Menschen unter 25 Jahren gegenüber, die eine Ausbildungsstelle suchen, 87 oder 4,8 Prozent weniger als im vergangenen Berichtsjahr. 995 junge Leute haben bislang noch keine Ausbildungsstelle gefunden, 2280 Berufsausbildungsstellen sind noch unbesetzt. Für Agenturchef Wilhelmi ist daher  klar: „Betriebe müssen heute kreativer denn je bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften sein.“

Die Firma Weber aus Großlittgen hat also eine Vorbildfunktion für andere Betriebe. Dort geht die intensive Betreuung über die Ausbildungszeit hinaus: „Wir bieten unseren jungen Kollegen nach abgeschlossener Ausbildung und sechsmonatiger Anstellung eine Prämienzahlung bei Übernahme an. Neben vielen attraktiven Zusatzleistungen und Weiterbildungsmöglichkeiten stellen wir neuen Kollegen auch einen Einarbeitungspaten zur Seite, damit sie sich direkt willkommen fühlen“, sagt Geschäftsführer Markus Hund.

Nach den bisherigen Erfahrungen auf beiden Seiten werden Mohammed, Hamzas und Anas sicher nicht die letzten Azubis aus dem Ausland sein. Diesen Weg sieht Wilhelmi auch für andere Unternehmen als richtungsweisend: „Arbeitgebern, die ebenfalls Interesse an der Nachwuchskräftegewinnung aus dem Ausland haben oder andere innovative Wege gehen wollen, stehen wir als Agentur für Arbeit mit zahlreichen Beratungs- und Unterstützungsangeboten zur Seite. 

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