Barmer GEK streicht Stellen - Patienten sollen trotzdem profitieren -

Berlin · Die Barmer GEK, nach der Techniker-Krankenkasse zweitgrößte gesetzliche Einzelkasse in Deutschland, hat sich ein drastisches Sparprogramm verordnet. Bis 2018 soll fast jede fünfte Vollzeitstelle wegfallen.

Derzeit sind bei der Barmer GEK noch knapp 17 000 Menschen beschäftigt. Die Zahl der Geschäftsstellen wird auf 400 halbiert. "Damit wollen wir jedes Jahr Kosten im Umfang von 250 bis 300 Millionen Euro sparen", erklärte Barmer-GEK-Chef Christoph Straub. Doch was bedeutet das für die Versicherten?
Nach den Worten Straubs nur Gutes. Durch die "tiefgreifende Reorganisation" solle die Barmer GEK "kundenfreundlicher, schneller und effizienter" werden.Spätfolge von Verschmelzung


Für Fachleute kam die Nachricht nicht überraschend. Schon vor zwei Jahren fielen in der Hauptverwaltung der Barmer GEK 400 Stellen dem Rotstift zum Opfer. Mit solchen Maßnahmen steht diese Kasse allerdings nicht allein da.
So hatte zum Beispiel die DAK schon 2010 insgesamt 650 Jobs abgebaut. Im Jahr darauf standen weitere 800 Stellen auf der Streichliste. Grundsätzlich ist der Kassenwettbewerb in den vergangenen Jahrzehnten deutlich härter geworden. Das zeigt ein Blick in die Statistik. Gab es 1970 noch gut 1815 Krankenkassen in Deutschland, so sind es aktuell gerade noch 132.
Die allermeisten verschwanden. Andere haben sich zu größeren Einheiten zusammengeschlossen. Wie vor vier Jahren auch Barmer und GEK, die sich durch die Fusion mittlerweile um etwa 6,7 Millionen Beitragszahler kümmern.
Experten gehen davon aus, dass der jetzt angekündigte Sparkurs zum Teil noch eine Spätfolge dieser Verschmelzung ist. Gemeint sind unnötige Doppelstrukturen etwa bei Fachberatern und Geschäftsstellen. Zum anderen wächst der Kostendruck. "Die noch gute Finanzausstattung der Krankenkassen wird sich spürbar verschlechtern", prophezeite Straub.
Konkret geht es darum, dass die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds schon in naher Zukunft nicht mehr mit den steigenden Gesundheitsausgaben Schritt halten werden. Dadurch wiederum werden kassenspezifische Zusatzbeiträge unvermeidlich. Vor diesem Hintergrund richtet sich der Blick insbesondere auf die Verwaltungskosten der Kassen. Denn die sind von ihnen noch am ehesten zu beeinflussen.
Der Anteil der Verwaltungskosten an den Gesamtausgaben der Kassen liegt schon seit Jahren durchschnittlich bei gut fünf Prozent. Es gibt aber deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Kassenarten. Ein großes Geschäftsstellennetz ist kostspieliger als telefonischer Service. Da trifft es sich gut, dass die Sparvariante scheinbar auch den Patienten entgegenkommt. "Unsere Analysen zeigen, dass immer mehr Versicherte ihre Anliegen am Telefon oder im Web erledigen und weniger in die Geschäftsstellen kommen", erklärte Barmer-GEK-Chef Straub. Deshalb werde man auch in den Telefon- und Onlineservice investieren und gleichzeitig die Geschäftsstellen auf 400 reduzieren.Beispiel könnte Schule machen


Straub versprach sogar eine Steigerung der Betreuungsqualität. So würden künftig mehr Leute in Geschäftsstellen arbeiten, und das zu verlängerten Öffnungszeiten. Auch würden in ihrer Bewegung eingeschränkte Versicherte weiter vom Service der Hausbesuche profitieren.
Der Gesundheitsexperte der SPD, Karl Lauterbach, zeigte für das Vorhaben grundsätzlich Verständnis.
Wenn Geschäftsstellen in Stadtteilen wegfielen, in denen die allermeisten das Internet bevorzugten, dann sei das etwas anderes als der Wegfall von Geschäftsstellen auf dem Land oder in sozialen Brennpunkten, sagte er unserer Zeitung. Die Qualität der Versorgung älterer Menschen und sozial Schwacher dürfe sich aber nicht verschlechtern. "Wenn es der Barmer GEK gelingt, mehr Geld in die Patientenversorgung zu stecken und weniger in die Verwaltung, dann könnte dieses Beispiel Schule machen", erklärte Lauterbach.

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