Bauernprotest rollt auf Brüssel zu

Prüm · Wer am Montag auf der Autobahn vom belgischen St. Vith nach Brüssel fährt, könnte eine Begegnung der besonderen Art haben. 300 Traktoren aus der Großregion rollen Richtung Brüssel. Vor dem EU-Parlament wollen Milchbauern gegen die Agrarpolitik der EU protestieren.

 Großdemonstration mit Tradition: Im Jahr 1999 ziehen Landwirte aus der Eifel mit ihren Traktoren nach Brüssel, um gegen die Agrarpolitik in der Europäischen Union zu protestieren. TV-Foto: Archiv/Hans-Jürgen Sittig

Großdemonstration mit Tradition: Im Jahr 1999 ziehen Landwirte aus der Eifel mit ihren Traktoren nach Brüssel, um gegen die Agrarpolitik in der Europäischen Union zu protestieren. TV-Foto: Archiv/Hans-Jürgen Sittig

Prüm. Kurt Kootz vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) hat derzeit alle Hände voll zu tun. In wenigen Tagen sammeln sich in Prüm Landwirte aus ganz Deutschland, um gemeinsam mit den Milchbauern aus der Eifel nach Brüssel zu ziehen. In der belgischen Hauptstadt wollen die Landwirte vor dem EU-Parlament protestieren. Ein Gruppe von bayerischen und hessischen Landwirten macht sich mit ihren Traktoren bereits am Wochenende auf den Weg in die Eifel.
Bayern kommen am Sonntag


Mit nur einem Zwischenstopp wollen sie am Sonntag in Prüm anrollen. "Die Kollegen übernachten dann in der Markthalle in Prüm. Am Montagmorgen um 6 Uhr geht es erst nach St. Vith und von dort aus über die Autobahn nach Brüssel."
In der Abteistadt versammeln sich Bauern aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. "Wir werden etwa 120 Schlepper stark sein, mit den Kollegen aus Belgien werden wir mit 300 Traktoren vors Parlament ziehen", sagt Kootz. Mit den Landwirten aus Norddeutschland und den anderen Ländern erwartet der Veranstalter 1000 Protest-Traktorfahrer.
Worum geht es den Bauern?


"Wir wollen die EU-Parlamentarier unterstützen, die sich gegen die Marktliberalisierung im Milchmarkt stemmen", erklärt der BDM-Sprecher. Dabei geht es Kootz nicht um die Beibehaltung der Milchquote (siehe Extra). "Wir brauchen europaweit ein intelligentes Mengenregulierungssystem, das für Stabilität im Milchmarkt sorgt", sagt der BDM-Mann.
Die sogenannte Milchquote, die die Milchproduktion in der EU festschreibt, wird am 1. April 2015 abgeschafft.
Kritiker räumen den Forderungen des BDM und des veranstaltenden Europaen MilkBoard (EMB) allerdings nur wenig Erfolgschancen ein. Eine Reglementierung des Marktes sei unrealistisch in Zeiten, in denen die Agrarmärkte weltweit bestimmt und beeinflusst werden.
Die BDM-Bauern klagen, dass sie unter der schwachen Milchpreisentwicklung bei gleichzeitigen hohen Futter- und Energiekosten leiden. "Zwar zeichnet sich tatsächlich langsam eine Markterholung ab. Die Molkereien konnten um neun Cent höhere Trinkmilchkontrakte abschließen, und doch bleibt für die Milcherzeuger viel zu wenig übrig", kritisiert BDM-Landesteamleiter Kurt Kootz aus Obergeckler. Beim Protest in Brüssel stehen für den BDM nicht in erster Linie die Milchpreise im Vordergrund. "Dann müssten wir ja alle paar Monate nach Brüssel ziehen. Es geht uns auch nicht um Arla und Muh oder die Hochwald-Molkerei, auch nicht um den momentanen Milchpreis. Wir wollen ein intelligentes Mengensteuerungssystem," sagt Kootz.Extra

Die Milchquote wurde 1984 in der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) eingerichtet und von der EU 1993 übernommen. Mit der Quote schreibt die EU die Milchmenge vor, die Landwirte produzieren dürfen. Liefern die Bauern mehr Milch ab, müssen sie Strafabgaben zahlen. Mit der Einführung der Quote wollte die Politik Milchseen und Butterberge vermeiden. Landwirte, die selbst nicht mehr aktiv sind, konnten ihre Lieferquote an aktive Landwirte verpachten. Die EU hat beschlossen, die Quoten bis 2014 schrittweise zu erhöhen und dann ganz zu streichen. hw

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