Bauernverband spricht von Kriegserklärung

Mainz/Trier · Der gekappte EU-Haushalt wird sich nach den Worten von Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken (Grüne) empfindlich auf die ländliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz auswirken. Der Bauern- und Winzerverband macht sich ebenfalls Sorgen, fordert aber andere Konsequenzen als Höfken.

 Wie werden die Bauern im Land unter den Mittelkürzungen aus Brüssel zu leiden haben? Foto: dpa

Wie werden die Bauern im Land unter den Mittelkürzungen aus Brüssel zu leiden haben? Foto: dpa

Mainz/Trier. "Die Deckelung des EU-Haushaltes auf 960 Milliarden Euro trifft die ländliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz empfindlich", erklärt die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken zum Finanzrahmen, auf den sich die EU-Staatschefs Ende voriger Woche in Brüssel geeinigt hatten. Die Bundeskanzlerin habe schlecht verhandelt, sagt Höfken.
Während andere Mitgliedstaaten Zugaben erhielten, zum Beispiel Italien 1,5 Milliarden oder Frankreich eine Milliarde Euro und sogar Luxemburg 20 Millionen, müsse Deutschland überdurchschnittliche Kürzungen beim Geld für die Entwicklung der ländlichen Räume hinnehmen. Für Rheinland-Pfalz bedeute dies voraussichtlich einen Verlust von rund 20 Prozent der Mittel in dem Bereich. Das wären etwa acht Millionen Euro jährlich weniger für bewährte Agrarfördermaßnahmen, mit denen wichtige Umweltziele, ländliche Entwicklungsprojekte und regionale Wertschöpfung unterstützt werden. So könnte laut Höfken beispielsweise die Ausgleichszulage wegfallen - und damit eine wichtige Stütze für den Grünlanderhalt und die Einkommen der Milchbauern in den rheinland-pfälzischen Mittelgebirgsregionen. Beim Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau sind die Verantwortlichen durchaus aufgeschreckt. Nicht nur wegen der Mittelkürzungen, sondern auch wegen der Konsequenzen, die das Landwirtschaftsministerium sieht. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Josef Derstappen, sagt dem TV: "Eine Streichung der Ausgleichszulage - wie von der Ministerin jetzt angekündigt - käme einer Kriegserklärung gleich und würde bestätigen, dass die Grünen wohl doch nicht für Grünlanderhalt und Milchbauern sind." Welche Konsequenzen letztlich die Budgetbeschlüsse für die bisherige Agrar-Fördermaßnahmen in Rheinland-Pfalz haben, bleibe abzuwarten und müsse in der Landesregierung und mit dem Berufsstand eingehend diskutiert werden, fordert Der stappen. Dass Bauernverband und grüne Landwirtschaftsministerin nicht auf einer Welle schwimmen, zeigt sich auch bei der Einschätzung zum sogenannten Greening (Begrünen). In den EU-Plänen ist dabei vorgesehen, dass sieben Prozent der Ackerfläche zu ökologischen Vorrangflächen - etwa in Blühwiesen oder Hecken - umgewidmet werden.
Während die Ministerin "das Festhalten am Greening als einzigen Lichtblick im Haushaltsbeschluss" wertet, ist die Landwirtschaft der Auffassung, dass das Greening nichts anderes ist als eine "finanzielle und bürokratische Dauerbelastung der Betriebe" (Derstappen).
Eine Hoffnung eint indes Landwirtschaftsministerium und Landwirtschaftsverband: Der Appell an das EU-Parlament, die Kürzungen im Agrarhaushalt nicht mitzutragen.Extra

Rund 19 200 landwirtschaftliche Betriebe gibt es derzeit nach einer Zählung des Statistischen Landesamtes Bad Ems noch in Rheinland-Pfalz. Damit hat sich die Zahl der Bauernhöfe innerhalb von zehn Jahren um mehr als ein Drittel verringert. 2002 gab es im Land noch 30 400 landwirtschaftliche Betriebe. Im gleichen Zeitraum verringerte sich die Fläche, die die Landwirtschaft nutzt, aber nur um 1,3 Prozent. Dadurch stieg die durchschnittlich genutzte Fläche von 23 auf 36 Hektar. Ein Viertel der Betriebe bearbeitet weniger als fünf Hektar, das sind vor allem Wein-, Obst- und Gartenbaubetriebe. Im bundesweiten Vergleich sind die Betriebe hierzulande eher klein. Die größten durchschnittlichen Betriebsgrößen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern mit 289 Hektar. Zudem werden die Viehbestände immer kleiner: Der Gesamtbestand an Rindern lag Ende 2011 bei 363 100 Rindern. Zu absoluten Hochzeiten, 1967/68 ist das nahezu eine Halbierung. Damals gab es noch 786 700 Rinder im Land. Gleichzeitig steigt aber auch die Milchleistung der Kühe in den vergangenen 20 Jahren kräftig von rund 4000 Liter auf über 7000 Liter im Jahr. hw

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