Beruf ist entscheidend für die Karriere

Trier · Auch wenn der Anteil der Frauen in Führungspositionen allmählich zunimmt, so kann von einer Zeitenwende kaum die Rede sein. Einen Teil der Verantwortung für diese Situation trägt die traditionelle Berufswahl von Mädchen.

Trier. Ob Bürokauffrau, Einzelhandelskauffrau oder Arzthelferin: Sie gehören seit Jahren zu den Top Ten bei der Berufswahl von Mädchen. Mehr als 50 Prozent der Schulabgängerinnen in der Region Trier wählen die traditionell eher dem weiblichen Geschlecht zugeordneten Ausbildungsgänge. "Ein Karriere- und Aufstiegshindernis", wie Thomas Mares von der Trierer Agentur für Arbeit festhält.
Ausbildungsgang ist wichtig



"Da muss man schon früh in den Schulen ansetzen und die naturwissenschaftlich-technischen Berufe vorstellen, um an dieser Situation etwas ändern zu wollen", sagt er und verweist auf die Aktionen unter anderem von der Agentur und den Trierer Hochschulen für die Mint-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). Denn schon bei der Berufswahl beginnt die Entscheidung darüber, ob im Erwachsenenalter die Karrierechancen zunehmen.
"Viele der typisch weiblichen Ausbildungsberufe führen eben nicht zu Führungspositionen", bekräftigt Mares. Oft entstammten diese Jobs den Niedriglohnsegmenten. "Helfertätigkeiten werden immer schlechter bezahlt." Hinzu kämen Erziehungs- und Fehlzeiten, so dass viele Frauen schon von ihren Qualifikationen her einen Rückstand gegenüber Männern hätten.
Mittelstand gut für Frauen


Bei jungen Männern liegen die Fakten hingegen anders. Zu den gefragtesten Ausbildungsberufen in der Region Trier gehören demnach Tischler und KFZ-Mechatroniker. "Berufe, die später auch eine Selbstständigkeit und damit automatisch Führungspositionen nach sich ziehen", sagt Mares.
Rahmenbedinungen, die den Frauen in der Region Trier dennoch Chancen aufs Chefdasein eröffnen, liegen - allen Experten zufolge - in der mittelständisch geprägten Struktur der Betriebe. "Wir haben oft Familienbetriebe, in denen die zweite Führungsgeneration in den Startlöchern steht", sagt Martina Josten, Geschäftsführerin des Trierer Instituts für Mittelstandsökonomie (Inmit).
Und selbst wenn an der Betriebsspitze noch der Firmenpatriarch sitze, so habe der häufig eine andere Einstellung zu weiblichen Chefs, wenn es darum gehe, die Betriebsübergabe an die Tochter zu regeln. "Ein weiterer Vorteil für Frauen: Die Betriebskultur im Mittelstand kommt Frauen eher entgegen", sagt Josten. Heißt: Branchenmix und weibliches Führungsverhalten sorgen dafür, dass Frauen bei der Besetzung von Führungspositionen in der Region Trier häufiger zum Zuge kommen als im bundesweiten Durchschnitt.
Die aktuelle Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform bestätigt nun erstmals mit Zahlen, dass Frauen in Führungspositionen regional gut vertreten sind. "In der Region Trier gibt es im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt mehr Frauen in Führungspositionen insgesamt und auch, was die Größe der Unternehmen nach Mitarbeitern angeht", sagt Guido Joswig von Creditreform Trier (siehe Grafik). Bundesweit sind 20,8 Prozent der Chefsessel mit Frauen besetzt, in der Region immerhin 21,9 Prozent. Ob im Vorstand einer Aktiengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft, in einer GmbH, als Gesellschafterin in einer offenen Handelsgesellschaft (OHG), als Komplementärin in einer KG, Inhaberin eines Gewerbebetriebes oder Einzelunternehmerin: Gerade bei Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern sind Frauen in Entscheidungspositionen in der Region deutlich häufiger vertreten als im bundesweiten Vergleich.
Aufteilung nach Branchen


Schaut man sich die Branchen an, so liegt die höchste weibliche Beteiligungsquote bei den persönlichen Dienstleistungen wie Wäschereien, Friseursalons und Reisebüros (56,7 Prozent) sowie im Sozialwesen (50,4 Prozent). Ergebnisse, die niemanden überraschen werden, liegt doch auch der Frauenanteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen bei 80 Prozent, in der Baubranche dagegen nur bei 13 Prozent.
Legt man jedoch den jährlichen Anstieg der Frauenquote in Führungsjobs zugrunde, der sich bei etwa 0,6 Prozent eingependelt hat, so dürfte sich ein Ausgleich zwischen männlichen und weiblichen Führungskräften rein mathematisch erst in 40 Jahren einstellen.
Extra

Im Rahmen der sogenannten Lissabon-Agenda hat die Europäische Union das allgemeine Ziel einer Frauenerwerbsquote von 60 Prozent formuliert. Dieses für das Jahr 2010 angestrebte Ziel hat Deutschland mit einer Frauenerwerbsquote im Alter von 15 bis 65 Jahren von 62 Prozent bereits 2006 übertroffen. Bei Männern liegt die Quote bei etwa 81 Prozent. In der Region Trier liegt die Quote bei den Frauen laut den Daten der Trierer Arbeitsagentur aktuell bei 53 Prozent. Darin einbezogen sind auch mehrere Tausend Grenzgängerinnen, die aus der Eifel oder von der Mosel aus jeden Tag ins Großherzogtum pendeln. Der Anteil der Frauen an allen Pendlern macht aktuell 38 Prozent aus. Was den Anteil von Frauen in Führungspositionen angeht, so strebt das Europaparlament für 2020 eine weibliche Quote von 40 Prozent an, ebenso wie die EU-Kommissarin Viviane Reding - notfalls per Verordnung. Deutschland hingegen setzt (noch) auf eine freiwillige Verpflichtung der Unternehmen. Ausgewählte Dax-Unternehmen etwa weisen Ziele zwischen 15 und 30 Prozent Frauenanteil im Management bis 2020 aus. sas

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