Biomasse en masse

MORBACH. Schon heute wird auf einem Konversionsgelände bei Morbach mehr Strom produziert, als die Haushalte in Morbach verbrauchen können. Eine ganze Reihe weiterer Projekte ist geplant. Biomasse wie Gülle oder Grasschnitt soll künftig in der "Morbacher Energielandschaft" (MEL) eine wichtige Rolle spielen.

Morbach im Jahre 2024: Im Gewerbegebiet "Morbacher Energielandschaft" wird auf 145 Hektar in großem Stil Strom aus regenerativen Energien erzeugt. Rund um Windräder und Fotovoltaik-Anlagen hat sich eine ganze Reihe von Firmen angesiedelt: Biogasanlagen verwandeln Gülle, Mist und Mais oder gewerbliche Rückstände aus Fettabscheidern und Papierschlämme in Strom und Wärme. Die Firma Juwi aus Bolanden, die vor mehr als 20 Jahren in Morbach begann, Windräder zu betreiben, hat inzwischen das Stromnetz der Gemeinde übernommen. Zahlreiche Betriebe nutzen Abwärme aus den Biogas-Anlagen. Der Fuhrpark der Gemeinde benötigt kein Diesel mehr, die Fahrzeuge tanken Rapsöl, das in einer Presse in der Energielandschaft erzeugt wird. Der Rapskuchen, ein "Abfallprodukt" aus der Ölpresse, findet reißenden Absatz als Tierfutter bei den Landwirten. Die Bauern der Region haben sich stark in der MEL engagiert. Ein Landwirt produziert statt Lebensmittel nur Rohstoffe zur Energiegewinnung.Wissenschaftliche Hilfe für Firmen

In einem Technikum mit Laboren und Forschungseinrichtungen werden die Firmen bei Pilotprojekten beraten. Die zahlreichen Besucher können sich in einem Info-Zentrum über die jüngsten Entwicklungen im Bereich der regenerativen Energien informieren oder sich von einer Aussichtsgondel an einem der Windräder einen Überblick über das Gelände verschaffen. Zurück in die Gegenwart : Vieles von dem, was hier zuvor geschildert wurde, ist Zukunftsmusik. Doch das Szenario ist alles andere als unrealistisch. Die Windräder drehen sich, der "weiße Riese" mit der Aussichtsgondel soll im kommenden Jahr aufgestellt werden. 5000 Quadratmeter Fotovoltaik-Anlage sind bereits installiert, weitere 7000 kommen schon bald hinzu. Die erste Biogas-Anlage, die die Firma Juwi mit einem runden Dutzend heimischer Landwirte und der Gemeinde Morbach realisieren will, nimmt unter der wissenschaftlichen Betreuung des Ifas-Instituts am Umweltcampus in Birkenfeld bereits Formen an. Nur die Größenordnung ist noch nicht spruchreif: Die Leistung der Anlage soll sich auf 200 bis 400 Kilowatt belaufen. Damit können 1,2 bis 2,4 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr produziert werden. Entscheidend ist das Gesamtkonzept für die MEL. Denn "aus einer Kombination verschiedener Anlagen ergeben sich im Optimalfall Synergieeffekte," erklärt Dunja Hoffmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) am Umweltcampus. Deshalb hat ihr Institut von der Gemeinde den Auftrag zur Stoffstrom-Analyse erhalten. "Ich beteilige mich an der Biogas-Anlage, um ein zusätzliches Standbein für den Betrieb zu schaffen", macht der Morbacher Landwirt Friedrich Sachsenweger ein zentrales Ziel deutlich. Wichtig sei dies vor allem, weil die Höfe rund um Morbach entweder junge Inhaber hätten oder "die künftigen Hofbetreiber schon mit am Tisch sitzen", ergänzt Eibes. Auch die Forstwirtschaft und die Sägewerke sollen von den Entwicklungen profitieren. Die beiden Gruppen kommen in Spiel, wenn es um Holzpellets geht. Für die Herstellung der Pellets, die wie kleine Holzdübel aussehen und zum Heizen benutzt werden, wird Sägemehl benötigt. Die Firma Juwi plant eine Anlage, die 8000 bis 10 000 Tonnen Pellets pro Jahr produziert. Besonders wegen der touristischen Visionen wurde Bürgermeister Gregor Eibes anfangs belächelt. Doch sogar seine Erwartungen wurden übertroffen. Längst stammen die Besucher nicht mehr allein aus Deutschland. Politiker aus Burgund geben sich mit japanischen Reisegruppen die Klinke in die Hand - und das, obwohl im Energiepark außer den Windrädern und der Fotovoltaik momentan wenig zu sehen ist.

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