Brüssel plant neues Regelwerk für Autotechnik

Brüssel · Die EU konzentriert sich bei ihrer neuen Strategie für effizientere Mobilität auf eine strengere Regulierung des Individualverkehrs. Schiffe, Flugzeuge und Züge werden weitgehend außen vor bleiben.

Brüssel. Die EU plant, die Grenzwerte für Autos und Transporter bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen zwischen 2020 und 2030 weiter zu verschärfen. Der Verbrennungsmotor müsse auch in der Zeit nach 2020 effektiver werden. Autos, die wenig oder gar keine Abgase ausstoßen, sollen bis 2030 einen "signifikanten Marktanteil" haben. Ziel sei es, das Wirtschaftswachstum abzukoppeln vom Anstieg der Emissionen im Bereich des Verkehrs. Dies geht aus einem vertraulich eingestuften Entwurf der EU hervor, der unserer Zeitung vorliegt. und über den die EU-Kommission in ihrer heutigen Sitzung abstimmen will.
Einzelheiten:
Regulierung von PKW und leichten Nutzfahrzeugen: Bislang gibt es nur Regeln für die Neufahrzeuge, die bis Ende 2020 auf den Markt kommen sollen. Die EU-Kommission legt sich nicht fest, wie die Regulierung zum Kohlendioxid-Ausstoß und zu den Schadstoffen in der Zeit danach aussehen soll. Sie kündigt aber eine Verschärfung an. Null-Emissions-Fahrzeuge sowie Autos mit einem geringen Ausstoß sollen bis 2030 einen "signifikanten Marktanteil" erobert haben.
Technologie-Neutralität: An keiner Stelle des 14-seitigen Entwurfs gibt es einen Bezug zur Diesel-Technologie. Damit ist klar, dass die EU auch in Zukunft der Industrie keine Vorschriften machen will, auf welchem Wege sie die Klima- und Schadstoffvorgaben erreicht. Gerade die deutschen Hersteller dürften darüber erleichtert sein. Sie haben einen großen Marktanteil im Bereich von Diesel-Fahrzeugen.
Testzyklus: Angesichts der Abgasskandale will die EU-Kommission verlorengegangenes Vertrauen beim Verbraucher zurückgewinnen. Sie bekräftigt, dass die Testzyklen realitätsnäher und die Typenzulassung reformiert werden soll. Die Kommission appelliert an das Parlament und die Mitgliedsländer, den Änderungen zügig zuzustimmen und sie in den Nationalstaaten umzusetzen.
Abschied vom Öl: Der Verkehr in der EU hängt nach wie vor zu 94 Prozent von Ölprodukten als Energielieferant ab. Damit sei die Abhängigkeit deutlich höher als in vielen anderen Wirtschaftsbereichen. Die EU-Kommission will die Forschung bei alternativen Kraftstoffen verstärken. Es wird erwogen, der Kraftstoffindustrie neue Ziele für den Einsatz von alternativen Energien zu setzen. Dies könnte sich beziehen auf Biokraftstoffe der zweiten Generation, Strom aus regenerierbaren Quellen sowie auf synthetische Kraftstoffe. Biokraftstoffe auf der Basis von Lebensmitteln seien ein Auslaufmodell und sollten nach 2020 nicht mehr subventioniert werden.
Elektro-Mobilität: Ziel ist, ein flächendeckendes Netz an Ladestationen aufzubauen. Es wird angepeilt, mit dem E-Mobil ohne Treibstoffprobleme einmal die EU durchqueren zu können. Das Laden eines Elektromobils müsse so einfach werden wie das Tanken eines Autos mit Verbrennungsmotor. Bis November sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, bei der EU-Kommission ihre nationalen Aktionspläne zum Aufbau eines Tankstellennetzes für Strom, Gas und Wasserstoff einzureichen. Die Standards für E-Mobile sollen EU-weit harmonisiert werden.
Steuern: Die Kommission mahnt eine Harmonisierung der Steuern und Abgaben im Zusammenhang mit Autos an. Bislang gebe es eine Vielzahl von steuerlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene, die nicht gerade ein Anreiz zum Kauf von Autos mit geringen Emissionen seien. Stattdessen müssten die Mitgliedstaaten steuerlich Anreize zum Kauf von Niedrig-Emissions-Autos setzen.
Lastwagen: Erstmals kündigt die EU-Kommission eine Regulierung für die Motoren von Lastwagen an. Diese Regulierung soll nach 2020 greifen. Bislang gibt es Kohlendioxid-Obergrenzen in der EU für PKW und Nutzfahrzeuge bis zu einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen. Die deutschen Hersteller haben sich stets dagegen gewehrt. Sie haben argumentiert, dass der Druck zu sparsameren Motoren gegeben sei, da Treibstoff für Spediteure ein bedeutender Kostenfaktor ist.
Reaktionen: Der Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, Andreas Schwab (CDU), lobt den Ansatz der Kommission. Er mahnt allerdings, der Ansatz müsse praxisnah ausgestaltet werden. Schwab setzt große Hoffnung in den technologischen Fortschritt.
Auch für VDA-Präsident Matthias Wissmann gehen die Vorschläge der Kommission in die richtige Richtung: "Entscheidend ist, dass die Kommission einen regulatorischen Rahmen setzt, der technologieneutral ist."

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