Brummis am Pranger

BERLIN. Der Hindernislauf ist für Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) noch nicht zu Ende. Dennoch verkündete er gestern im Brustton der Überzeugung verkündete, dass die umstrittene Lkw-Maut nun zum 31. August dieses Jahres eingeführt werden kann.

Das Kabinett hatte die notwendige Verordnung zur Mauthöheverabschiedet, wonach die Abgabe für schwere Lkw zwischen zehnund 17 Cent pro Kilometer liegen wird. Es gibt aber noch einigeUnwägbarkeiten, die Stolpe zu umschiffen hat. So muss dasdeutsche Transportgewerbe weiter auf die versprocheneKompensation warten, weil die EU-Kommission in Brüssel darauf einAuge geworfen hat. Laster versuchen die meisten Straßenschäden

100 000 Arbeitsplätze seien in Gefahr, klagen die Spediteure. Auch der von der Union dominierte Bundesrat darf beim rot-grünen Prestigeobjekt noch ein Wörtchen mitreden. Der Lkw ist Hauptverursacher für Straßenschäden, aber nicht nur deswegen will die Koalition Spediteure über ein auf Satellitenortung und Mobilfunk basierendes System zur Kasse bitten. Bis 2015, so die Horrorprognose, wird der Güterverkehr auf den deutschen Autobahnen um 60 Prozent anwachsen. Schon heute, sagen Experten, sind 30 Prozent der Fahrten Leerfahrten. Mit der Maut hoffen SPD und Grüne daher, Güterverkehr auf die umweltvertäglichere Schiene und die Wasserstraße verlagern zu können. Ansonsten "würden wir im Verkehr ersticken", sagte Minister Stolpe. Überdies braucht die Koalition die Einnahmen aus der Abgabe, um gezielt Engpässe bei Straße, Schiene und Wasserstraße im Rahmen des "Anti-Stau-Programms" beseitigen zu können. Für 2004 rechnet das Ministerium mit 3,5 Milliarden Euro durch die Maut.

Genau an diesem Punkt tritt Brüssel auf den Plan - die Kommission ist neben wettbewerbsrechtlichen Fragen nicht damit einverstanden, dass die Einnahmen nur zum "überwiegenden Teil" in die Verkehrsinfrastruktur fließen. "Die Hälfte und ein bisschen mehr", wie Stolpe erläuterte. Mit allein 800 Millionen Euro für den Haushalt darf - zum Ärger der EU - Finanzminister Hans Eichel als Ausgleich für den Wegfall der Eurovignette rechnen. Gelöst ist dieser Zwist nicht. Hinzu kommt, dass Stolpe dem deutschen Transportgewerbe Ermäßigungen gewähren will, wenn Spediteure nachweisen, dass sie in Deutschland Mineralölsteuer entrichtet haben. 300 Millionen Euro stehen dafür jährlich zur Verfügung. Auch in dieser Frage ist Brüssel alarmiert. Vom Transportgewerbe werden 600 Millionen Euro an Ermäßigungen gefordert, die Opposition spricht sogar von einer Milliarde Euro. Sie kann Stolpe im Bundesrat zumindest in der Frage der Mauthöhe noch ein Bein stellen. Gestern warfen CDU und CSU dem Minister bereits vor, nicht alle Details geklärt und eine "halbfertige Verordnung" präsentiert zu haben. Im April soll sich die Länderkammer damit befassen.

Einen Lichtblick für den Minister seitens der EU gibt es doch. Längst genehmigt wurde das radiogroße Geräte, das neben Einbuchungen im Internet und an Tankstellen im Lkw zur automatischen Maut-Abbuchung installiert werden kann. Und Stolpe selbst hatte gestern noch etwas Angenehmes mitzuteilen: "Pkw-Maut - mit mir nicht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort