Das Beste aus zwei Welten

Trier · Rund 40 Prozent der Gewerbeanmeldungen in Deutschland sind Neugründungen im Nebenerwerb. Das Trierer Institut für Mittelstandsökonomie (Inmit) hat für das Bundeswirtschaftsministerium untersucht, welche Beweggründe es gibt, sich neben einer Anstellung in einem Betrieb ein zweites Standbein als Unternehmer aufzubauen.

Trier. Das Beste aus zwei Welten: So könnte man die Motivation beschreiben, die Mitarbeiter dazu bringt, zusätzlich zu ihrer Anstellung ein zweites Standbein als selbstständiger Unternehmer aufzubauen. "Die Erkenntnis, dass man etwas aus eigener Kraft entwickeln und immer weiter verbessern kann, bringt Nebenerwerbsgründern eine andere Form der Arbeitszufriedenheit und immer neue Motivation", sagt Marco van Elkan, stellvertretender Geschäftsführer des Instituts für Mittelstandsökonomie (Inmit) an der Universität in Trier.
Das Inmit hat im Auftrag für das Bundeswirtschaftsministerium bundesweit rund 1200 Gründer und Unternehmer im Nebenerwerb befragt und zentrale Daten zu Beweggründen und Erfolgsfaktoren der neuen Betriebe zusammengetragen. Dabei hat es sich bei der Ausschreibung der Studie gegen 35 Konkurrenten durchgesetzt.
Van Elkan weiß, wovon er spricht, war quasi selbst ein Forschungsobjekt. Denn er hat im Jahr 2001 im Ruwertal bei Mertesdorf (Kreis Trier-Saarburg) mit Freunden einen von der Stilllegung bedrohten Weinhang gekauft und sich seitdem ein zweites Standbein als Winzer aufgebaut - mit Erfolg, wie das jährlich fortlaufende Lob etwa im Weinführer des Gault Millau beweist. Für Marco van Elkan ist allerdings klar: "Im Vollerwerb will und kann ich das Weingut nicht führen - allein aus finanziellen Gründen nicht", sagt der Wirtschaftswissenschaftler des Inmit. Denn mit einem Weingut seien Investitionen verbunden, die über Generationen hinweg getätigt werden müssten.
Für die Mehrheit der Neugründungen im Nebenerwerb bundesweit trifft dies allerdings nicht zu (siehe Extra). Für immerhin zwei Drittel aller Neuunternehmer ist ihre Gründung mit keinen oder überschaubaren Kosten von bis zu 5000 Euro verbunden. Und so profitierten die Nebenerwerbsgründer von ihrer Innovation sowie Kreativität im Nebenerwerb und ihrer finanziellen Sicherung durch den Haupterwerb, sagt van Elkan: "Ohnehin ist der Lebensunterhalt in den meisten Nebenerwerbsgründungen nicht zu meistern."
Dennoch fänden die neuen Gründungen nicht in "Larifari-Branchen" statt, wie die Studie zeige. Neben der Schaffung Tausender Arbeitsplätze bundesweit gehe es um Unternehmungsberatungen und andere Dienstleistungsberufe, Internethändler, Medien- und Gesundheitsdienstleister. Dabei eröffnet der Nebenerwerb auch für die Gründer enorme Chancen. "Wir haben eine hohe Zufriedenheit der Nebenerwerbsgründer ermittelt. Rund 80 Prozent von ihnen würden sich wieder selbstständig machen, zwei Drittel von ihnen auch im Nebenerwerb", sagt der stellvertretende Inmit-Geschäftsführer. Hemmnisse für die neuen Unternehmer lägen vor allem in der zeitlichen Doppelbelastung durch den Haupterwerb. Die Befragung nach drei Jahren ergab: Viele von ihnen sehen die Doppelbelastung als weniger hemmend an als die Tatsache, sich nicht in dem Maß um das neue Unternehmen kümmern zu können, wie man es sich wünschte.

Extra

Die zentralen Ergebnisse der Inmit-Studie: Rund 40 Prozent aller Gewerbeanmeldungen bundesweit sind Gründungen im Nebenerwerb. Nimmt man die Zahl aller neuen Gründungen, machen sie gar 60 Prozent aus. Vor allem junge Frauen auf dem Land verschaffen sich ein zweites Standbein mit einem Unternehmen - eine statistische Auffälligkeit. Die Top-Branchen für Gründungen im Nebenerwerb sind unternehmensnahe Dienstleistungen (Beratung und Werbung), Kulturdienste (Nachhilfe), IT-Dienstleistungen und Computer-Service, Handel und Gesundheitsdienste (mobile Pflege). Besonders auffällig dabei: Bei zwei Dritteln aller Nebenerwerbsgründungen ist dafür kein Geldeinsatz erforderlich, maximal jedoch 5000 Euro. Rund drei Viertel aller Unternehmer im Nebenerwerb sind dabei von ihrem Erfolg und ihrer Bestätigung als Selbstständige so überzeugt, dass sie entweder den Wechsel zum Vollzeitunternehmer bereits umgesetzt haben, ihn planen oder zumindest in der kommenden Zeit in Erwägung ziehen. Der Erfolg dabei für die gesamte Wirtschaft: Derzeit gibt es 460 000 Nebenerwerbsgründungen. Bundesweit wurden 2012 4,5 Milliarden Euro investiert und 370 000 Arbeitsplätze geschaffen. sas

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