"Das ist kein Spielplatz mehr"

Fördern und fordern: In Werkstätten für behinderte Mitbürger gibt es beides. Die Lebenshilfe beschäftigt in der Region Trier mehr als 1000 Menschen. Ein beispielhafter Blick hinter die Kulissen der Lebenshilfe-Werke Trier zeigt, wie vielfältig die Arbeit dort ist.

 Harald Sieberger arbeitet in der Metallverarbeitung. Er säubert die Schnittkanten einer Metallleiste. Diese Leisten werden als Profile für Wartehäuschen in Bahnhöfen der französischen Eisenbahn (SNCF) verwendet. TV-Foto: Julia Kalck

Harald Sieberger arbeitet in der Metallverarbeitung. Er säubert die Schnittkanten einer Metallleiste. Diese Leisten werden als Profile für Wartehäuschen in Bahnhöfen der französischen Eisenbahn (SNCF) verwendet. TV-Foto: Julia Kalck

Trier. Es ist laut. Die drei Männer, die an den Maschinen stehen, tragen dicke Ohrenschützer. Metallmanschetten wandern über diese Maschinen an kleine Kunststoffgelenke. Kugelpfannen, die in Fahrzeugen zum Einsatz kommen. In gelben Plastikkisten warten sie einen Raum weiter auf ihre Weiterreise von den Lebenshilfe-Werken in Trier zum Autobauer.

Professioneller Dienstleister



"Das hier ist kein Spielplatz mehr", betont Geschäftsführer Ulrich Schwarz. Denn die Lebenshilfe-Werke sind mehr als eine einfache Beschäftigung für behinderte Menschen.

"Wir sind professioneller Dienstleister", sagt Schwarz. Dienstleister für behinderte Menschen, denen in den Werkstätten ein Berufsleben ermöglicht, denen eine Aufgabe gegeben wird.

Je nach Grad der Behinderung werden Einzelne dort sogar fit gemacht für den ersten Arbeitsmarkt. Und schließlich sehen sich die Werkstätten als Dienstleister für Kunden, die Aufträge an die Werkstätten verteilen.

Konzentriert bewegt Sven Müller sein Arbeitsgerät hin und her. Er baut metallene Verbindungsteile zusammen. Zwei winzige Schrauben kommen ins Metallteil. Mit einer Art Schraubendreher nimmt er die Schräubchen auf und setzt sie ins Plättchen. Das wandert in eine Plastikkiste. Dann ist das nächste dran.

"Wir passen die Arbeit an den Menschen an und nicht den Menschen an die Arbeit", erklärt Schwarz. Das heißt: Jeder bekommt die Aufgabe, die er seinen Fähigkeiten und Talenten entsprechend ausführen kann. Wer bei den Lebenshilfe-Werken arbeiten darf - sei es in den Werkstätten in Trier oder auf dem Hofgut in Serrig (Kreis Trier-Saarburg) - das entscheidet ein Fachausschuss der Agentur für Arbeit, der Integrationsämter des Landes und der Lebenshilfe.

Die Qualifizierungsmöglichkeiten sind vielfältig: Von der Montage, Küche, Hauswirtschaft, Holzverarbeitung, Metallverarbeitung über Garten- und Landschaftspflege, Logistik und Versand bis hin zur landwirtschaftlichen Arbeit in Serrig. Betreut, angeleitet und in Arbeitsprozesse eingebunden werden die Mitarbeiter von 130 Fachkräften. "In der Regel sind dies Meister mit sonderpädagogischer Zusatzqualifikation", erklärt Schwarz. "Jeder hat Talente", ist der Geschäftsführer überzeugt, "wir haben Instrumente, diese zu entdecken." Somit werde jeder Einzelne gefördert und motiviert.

Als Zulieferer für den regionalen Mittelstand sind die Lebenshilfe-Werke in der Region stark vernetzt. Für den Systemlieferanten Suki packen Mitarbeiter der Lebenshilfe-Werke kleine Tütchen mit Schrauben. Konfektionierung heißt diese Abteilung.

Seit 30 Jahren arbeitet das Unternehmen schon mit der Lebenshilfe zusammen, außerdem kooperieren die Werke etwa mit den Firmen Natus, ThyssenKrupp Bilstein, Peki, Monz, Tectro, Siegenia Aubi, Orten Fahrzeugbau, Gunnebo, mit der Köhl Gruppe und mit der Weinindustrie, für die in der Schreinerei gerade Holzkisten gebaut werden.

Die Veränderungen in der Arbeitswelt spüren auch die Lebenshilfe-Werke. Die Anforderungen sind gewachsen - und werden es weiter tun, sagt Schwarz. "Auch bei uns heißt das Schlüsselwort Qualifizierung." Extra II Fordern und fördern: Ergänzt wird das Arbeiten in den Werkstätten durch therapeutische Angebote. Es gibt Kochkurse, Sportmöglichkeiten, Ergotherapie, einen externen Physiotherapeuten, psychologische Betreuung. In den sogenannten Entlastungsgruppen werden die Menschen beschäftigt, die dem normalen Produktionsprozess vorübergehend nicht mehr gewachsen sind, sei es wegen familiärer oder persönlicher Probleme. In einem Werkstattrat vertreten die Mitarbeiter ihre Interessen.Extra I Werkstätten in der Region: Die Lebenshilfe ist auch in der Eifel vertreten: Die Westeifel Werke der Lebenshilfen Bitburg, Daun und Prüm beschäftigen an drei Standorten im Vulkaneifelkreis und im Eifelkreis Bitburg-Prüm (Gerolstein, Weinsheim, Wißmansdorf-Hermesdorf) rund 530 geistig behinderte Menschen und rund 120 hauptamtlich Beschäftigte. Auch hier steht die Arbeit im Einklang mit der Betreuung. In den Westeifel Werken werden Werbeluftballons bedruckt, außerdem arbeiten die Mitarbeiter ähnlich wie in Trier in der Lohnfertigung, Montage, Verpackung und Konfektionierung. So stellen sie beispielsweise Bänke für Außenanlagen her. Um psychisch behinderte Menschen kümmern sich die Caritas Werkstätten. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat ebenfalls Werkstätten. (jka)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort