"Das sind alles Berufsfunktionäre"

TRIER. Unter Bauern formiert sich Protest gegen die höheren Sozialversicherungsbeiträge. Sie fordern ein Ende der Pflichtmitgliedschaft.

"Hier steht es Schwarz auf Weiß." Wütend zeigt der 30-jährige Schweinezüchter, der seinen Namen lieber nicht veröffentlicht sehen will, weil er Druck vom Bauernverband fürchtet, auf die Rheinische Bauernzeitung (RBZ) vom August dieses Jahres: " werden die zu erwartenden durchschnittlichen Beitragssteigerungen für die landwirtschaftlichen Unternehmer sogar auf rund 47 Prozent beziffert. Die höchste durchschnittliche Mehrbelastung ergäbe sich bei der fusionierten Landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland mit fast 67 Prozent."Bauernpräsident Leo Blum sprach damals von 30 bis 60 Prozent Beitragssteigerungen. Zwar korrigiert er diese Zahl mittlerweile auf zehn bis 15 Prozent und führt dies unter anderem auf seinen Protest bei Bundestagsabgeordneten zurück. Doch einige Bauern glauben ihm nicht.Heftige Kritik am Bauernpräsidenten

Blum habe von Anfang an nicht über die Beitragssteigerungen informiert. Dabei sitze er als Vorstandvorsitzender der Spitzenverbände der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV) doch quasi an der Quelle, habe als erster alle nötigen Informationen.In der Tat kein einfaches Spiel für Blum: Einerseits muss er als LSV-Chef die Beitragssteigerungen rechtfertigen, andererseits als Bauernpräsident gegen sie protestieren. Und genau das ist es, was ihm einige Landwirte ankreiden: Die Funktionäre des Bauernverbandes hätten den Kontakt zur Basis verloren. "Das sind alles Berufsfunktionäre, die wissen nicht mehr, was uns betrifft", beschwert sich der Junglandwirt aus dem Kreis Trier-Saarburg. Er fordert eine Abschaffung der Pflichtversicherung in der LKK. Die Landwirte müssten mehr für ihre Krankenversicherung bezahlen als andere Selbständige.Die Beiträge zur LKK sind gestaffelt und abhängig von der bewirtschafteten Fläche. Käme es zu der von Blum im August noch beschworenen Erhöhung von 67 Prozent, müsste der Schweinezüchter mehr als 500 Euro pro Monat bezahlen, fast 200 mehr als jetzt. Zwar würde er bei der nun vom Bauernpräsident angekündigten Beitragssteigerung von bis zu 15 Prozent "nur" knapp 35 Euro mehr zahlen, doch auch das ist ihm zu viel.Für ihn ist nicht die Politik Schuld an den höheren Beiträgen der Landwirte, sondern der Bauernverband und die Fusion der drei Landes-LKK Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland zu einer LKK im Juli 2002. Da sei Geld verpulvert worden, von "Missmanagement" spricht ein anderer Bauer. "Wenn schon Fusion, dann auf Bundesebene", fordern die Landwirte.An die von Blum angekündigten 15 Prozent Beitragssteigerungen glauben sie nicht. "Das wird mehr werden", ist sich der Schweinezüchter sicher und verweist auf andere Länder: Bis zu 40 Prozent sollen die Beiträge etwa in Baden-Württemberg steigen. Doch Blum bleibt bei seinen "zehn bis 15 Prozent" und kündigt an, zu retten, "was noch zu retten ist".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort