Das unbekannte Risiko

Monte Carlo · Früher zerbrachen sich nur die oberen Zehntausend den Kopf darüber, ob sie in Hedgefonds investieren sollten. Heute können auch Kleinanleger die teilweise risikoreichen Produkte kaufen, die oft ganz harmlos erscheinen.

Monte Carlo. "Das geht, ohne dass der Investor die Tücken erkennen kann", sagte Kate Hollis, Spezialistin für alternative Anlagen bei der Fondsanalysefirma S&P Fund Services, am Rande der Investmentkonferenz Fund Forum in Monte Carlo.
Beliebt sind Depots, die positive Erträge unabhängig von der Börsenlage anstreben und unter dem Schirm der EU-Investment-Richtlinie aufgelegt sind. Erst vor kurzem ist das Vermögen dieser Produkte so angestiegen, dass die dreistellige Milliardenhürde genommen wurde.
Und der Trend weist weiterhin nach oben: So haben laut Analysefirma Absolut Research Ende Mai die Investoren mit 111 Milliarden Euro in etwa 750 Fonds investiert. "Ende des Jahres könnten es aber schon 130 oder sogar 150 Milliarden Euro sein", schätzt Absolut-Research-Gründer Michael Busack.
Auch Rückschläge


Das Ausfallrisiko ist für viele Anleger unverständlich. Viele Experten beobachten die Entwicklung kritisch. "Die Aufsichtsbehörden sollten einen Blick darauf werfen", urteilt Hollis.
"In der nächsten Reform der Richtlinie steht möglicherweise eine Anpassung der Investment-Vorschriften an, auch wenn das noch dauern dürfte", mutmaßt sie. Denn: Unter dem Schirm der Richtlinie haben sich auch Anbieter eingeschlichen, die dort nichts zu suchen haben.
Getrieben ist der Boom von privaten und institutionellen Anlegern. Die Käufer sind der starken Wertschwankungen überdrüssig, wollen vor allem Verluste vermeiden - gerade nach den Erfahrungen der Finanzkrise.
Hedgefonds-Strategien, die oft einen Geldmarktsatz plus einem Renditeaufschlag versprechen, erscheinen da attraktiv. Kein Wunder, dass sich das Kapital dieser Produkte in den vergangenen vier Jahren vervierfacht hat.
Oft durchschauen nur Experten die Risiken: Die Fonds messen sich nicht an einem Index, können oft Wetten auf fallende Kurse an den Finanzmärkten eingehen und setzen vor allem in hohem Maße Derivate ein. "Viele Anleger verstehen das sogenannte Ausfallrisiko bei einem Emittenten von Derivaten nicht", sagt Hollis. "Manche dieser Fonds werden noch viel Geld verlieren."
Das ist tatsächlich mehr als eine Vorahnung. Denn erste Rückschläge gab es schon. Seit Anfang des Jahres sind laut Busack zehn Fonds wegen schlechter Wertentwicklung aufgelöst worden. Im Durchschnitt haben sie seit ihrer Auflage einen Verlust von 16 Prozent eingespielt. "Die Hälfte der Fonds ist kaum zu gebrauchen, liefert dem Anleger keinen Nutzen", sagt Busack.
Hohe Gebühren


Die oft schlechten Renditen haben möglicherweise auch etwas mit den hohen Gebühren zu tun. "Die laufende Kostenquote liegt bei manchen Strategien bei drei Prozent als Unterkante, da hat man leicht einen dicken Gebührenblock am Bein", sagt Michael Geier, Investmentdirektor bei Standard Life Investments, die den größten dieser Fonds anbieten. "Auch das kann die Anleger schnell enttäuschen."

Der Autor Ingo Narat arbeitet als Experte für die Wirtschaftszeitung Handelsblatt.In der Praxis steht der Begriff Hedge für die Risikoabsicherung von Wertpapiergeschäften über den Terminmarkt. Allerdings haben Hedgefonds mit Hedgeing (englisch) in der Bedeutung von Absicherung nichts zu tun. Kennzeichnend für Hedgefonds ist es, dass diese grundsätzlich keinen Anlagerichtlinien unterliegen und alle Formen der Kapitalanlage nutzen und dadurch einem höheren Risiko als normale Investmentfonds unterliegen. Diese Eigenschaften sind einerseits nachteilig - andererseits der große Vorteil von Hedgefonds: Sie bieten dem Anleger ein breit gefächertes Spektrum. Die verschiedenen Gesellschaften spekulieren unter Umständen sogar auf Kredit, um fonds-günstige Kursentwicklungen zu erzeugen. Mögliche Gewinne während der Baisse der vergangenen Jahre führten zu steigender Beliebtheit dieser Anlageform. Quelle: Bundesministerium der Finanzen

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