Den Sumpf trocken legen

TRIER. Erneuter Erfolg der Trierer Zollfahnder: Bei einer Razzia auf einer Privatbaustelle in Trier griffen sie sechs illegal Beschäftigte auf. Künftig soll es mehr Kontrollen auf dem Bau und in Gaststätten geben.

Es war einer dieser Zufälle, die schon häufiger zum Erfolg geführt haben. Routine-Kontrolle der Zollfahnder auf einer Baustelle in Trier: Im Hof einer Bäckerei steht ein blauer Baucontainer, der den Ermittlern auffällt. Kaum haben die Beamten den Hof betreten, laufen die sieben Arbeiter, die das Haus verputzen, in alle Richtungen. Einer kann flüchten, die anderen sechs werden festgehalten und kontrolliert. Volltreffer. Die vier Kroaten und zwei Polen haben weder Aufenthalts- noch Arbeitsgenehmigung. Sie halten sich illegal in Deutschland auf. Seit drei Wochen haben sie auf der Baustelle bei dem Bäckermeister gearbeitet, verputzt und Fliesen gelegt. Untergebracht waren sie in dem Baucontainer ("Ohne fließendes Wasser und ohne Toilette", schildert einer der Fahnder) und in einem Kellerraum im Haus ("Da hat es gestunken, die Toilette war verstopft"). Zwölf Stunden am Tag mussten die zwischen 25 und 35 Jahre alten Männer auf der Baustelle arbeiten, 40 Euro pro Tag sollen sie dafür bekommen haben. Wenn überhaupt. Denn einige gaben bei der Vernehmung an, noch gar kein Geld gesehen zu haben. Erst über Fingerabdrücke und Telefonate mit Verwandten und Nachbarn konnte die Identität bei zwei Festgenommenen zweifelsfrei festgestellt werden.Die Trierer Zollfahnder vermuten, dass die Kroaten und Polen in Frankfurter Kneipen angeheuert wurden. Nach Trier kamen sie, nachdem der Bauleiter der Renovierungsarbeiten, ein Architekt, einer Firma den Auftrag gab, die offensichtlich mit den Menschenhändlern im Rhein-Main-Gebiet zusammenarbeitet und sich über diese billigste und illegale Arbeitskräfte besorgt hatte. Die Zollfahnder vermuten einen mehrfach vorbestraften Geschäftsmann hinter dem dubiosen Unternehmen, vermutlich eine Briefkastenfirma. Der Architekt bestreitet gegenüber dem Volksfreund , etwas davon gewusst zu haben, dass die sieben Arbeiter Illegale seien. Gezahlt worden sei gegen Rechnung direkt an die Baufirma, Bargeld sei nicht geflossen, versichert der Architekt. "Wir sind da reingerutscht. Uns war vertraglich zugesichert, dass alle eine Arbeitserlaubnis haben", sagt er. Jedenfalls sei ihm und dem Bauherren nichts Außergewöhnliches aufgefallen. "Wir sind aus allen Wolken gefallen, als es die Razzia gab." Auch der Bauherr weist alle Schuld von sich: "Ich habe davon nichts gewusst."Das bezweifeln die Zollfahnder: "Bauherr und Bauleiter haben das Ganze zumindest billigend in Kauf genommen", sagt einer der Beamten. Immerhin habe der Bauherr den Container aufstellen lassen und der Firma in Rechnung gestellt. "So dumm kann keiner sein, dass er nicht weiß, was da abgegangen ist", empört sich ein Fahnder.Doch zunächst einmal konzentrieren sich die Ermittlungen auf die Hintermänner, die Menschenhändler, die die Not der illegal sich in Deutschland aufhaltenden Ausländer ausnutzen. An sie wollen sie ran, um ihnen das menschenverachtende Handwerk zu legen. Denn der Trierer Fall ist keine Ausnahme. Immer wieder entdecken die Zollfahnder bei ihren Kontrollen auf Baustellen, in Kneipen oder Speditionen illegale Ausländer. Längst sind es nicht mehr nur Großbaustellen, zunehmend würden auch auf kleineren Baustellen und im Privaten ausländische Schwarzarbeiter beschäftigt, weiß Wolfgang Hohl, Sachgebietsleiter beim Hauptzollamt Koblenz, Außenstelle Trier. Daher wird es künftig verstärkt Kontrollen geben.Die Truppe der Schwarzarbeit-Fahnder ist personell aufgestockt worden. Die Zoll-Ermittler werden künftig von Kontrolleuren des Arbeitsamtes unterstützt. "Wir werden künftig Tag und Nacht Streife fahren", kündigt Hohl an. Zwar würden auch weiterhin vor allem Unternehmen kontrolliert werden, doch Privatleute seien nicht vor Strafe gefeit. Er rät: "Finger weg von dubiosen Angeboten für billige Handwerksarbeiten per Fax." Außerdem sollte jeder skeptisch werden, wenn ihm Arbeiten und Arbeiter deutlich unter dem örtlichen Lohnniveau angeboten würden. "Wir müssen das Dunkelfeld Billig-Arbeit endlich in den Griff bekommen", hofft Hohl, der weiß, dass mit den sechs in Trier Festgenommenen und zwischenzeitlich Abgeschobenen der Sumpf längst nicht trocken gelegt ist.

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