Gewerkschaften „Tarifbindung ist soziale Gerechtigkeit“

Trier · Unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gehen die Gewerkschaftsfunktionäre der Region mit Elan ins neue Jahrzehnt.

 Stellen beim DGB ihre Herausforderungen und Vorsätze für 2020 vor (von links): Christian Schmitz (IG Metall), Klaus Schu (NGG), Tom Meyer (OGBL), James Marsh (DGB), Thomas Kreten (IG Bau), Thorsten Servatius (Verdi), Sina Faban und  Christian Gerteis (GEW).

Stellen beim DGB ihre Herausforderungen und Vorsätze für 2020 vor (von links): Christian Schmitz (IG Metall), Klaus Schu (NGG), Tom Meyer (OGBL), James Marsh (DGB), Thomas Kreten (IG Bau), Thorsten Servatius (Verdi), Sina Faban und  Christian Gerteis (GEW).

Foto: TV/Heribert Waschbüsch

Sucht man den roten Faden bei den Aktivitäten der regionalen Gewerkschaften für 2020 stößt man schnell auf die Tariftreue in der Region. Ein Thema, das alle Akteure umtreibt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund in der Region Trier wird sich deshalb der Situation in den kommenden Monaten verstärkt annehmen, unterstützt von den Einzelgewerkschaften wie IG Metall, Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) oder auch IG Bau.

Triers DGB-Chef James Marsh stellt einen ganzen Katalog an Aktionen für das laufende Jahr vor. „Tarifbindung ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Und davon hat sich die Wirtschaft in den vergangenen Jahren entfernt.“

Im Jahr 2000 waren noch 70 Prozent aller Beschäftigten in Deutschlands Westen und 63 Prozent im Osten tarifgebunden. „2018 waren das nur noch 56 Prozent der Beschäftigten im Westen und 45 Prozent im Osten“, so Marsh.

Und bei den Unternehmen sei das noch weniger. „In Rheinland-Pfalz sind nur 35 Prozent der Betriebe tarifgebunden.“

Doch selbst dort, wo Tarife verabredet sind, gebe es Probleme, ergänzt der IG-Metall-Bevollmächtigte für die Region Trier, Christian Schmitz: „Ich habe in den vergangenen beiden Jahren 67 Arbeitsverträge im Handwerk überprüft. Lediglich zwei Verträge haben den verbindlichen Tarifvertrag eingehalten“, klagt Schmitz.

Der DGB setzt mit einigen Aktionen gegen diese Entwicklung. „Mit dem Zukunftsdialog Tarifbindung wollen wir die Öffentlichkeit und die Mitarbeiter informieren, wir wollen aber auch überprüfen, inwieweit bei öffentlichen Aufträgen das Tariftreuevertragsgesetz eingehalten wird.“

So will der DGB mit Unterstützung der Einzelgewerkschaften in den Industriegebieten in der Region zu Tarif-Checks einladen. „Dort können Mitarbeiter zu uns kommen und wir prüfen, ob sie Tariflohn bekommen.“ Viele Beschäftigte wüssten gar nicht, was ihnen durch einen Tarifvertrag zustehe und welche weiteren Vorteile Tariftreue den Beschäftigten bringe.

Für Klaus Schu von der NGG ist das in seinem Bereich sehr unterschiedlich. „Mit der großen Nahrungsmittelindustrie in unserer Region läuft das relativ geschmeidig“, findet NGG-Chef Schu. Die Gewerkschaft sei auf anderen Feldern umso mehr gefordert. Vor allem ist Schu über den tariflosen Zustand im Hotel- und Gastgewebe sauer. Seit 22 Monaten ringe man um einen Abschluss.

Der Arbeitgeberseite um Dehoga-Boss Gerion Haumann warf er vor, die Arbeitnehmer erpressen zu wollen. Die Arbeitgeberseite wolle nur einem Tarifabschluss zustimmen, wenn die Gewerkschaft den Schritt zur Saisonarbeitsbranche mitgehe. „Das würde dann bedeuten, dass Mitarbeiter, wenn es der Chef fordert, zwölf Stunden am Tag und das sechs Tage die Woche arbeiten müssten. Das machen wir nicht mit.“ In der Landwirtschaft, die als Saisonarbeitsbranche gilt, sei dies aufgrund der verderblichen Produkte zu verstehen. „Doch dem Dehoga geht es nur um Profit.“

Der DGB will aber auch bei den Kommunen darauf drängen, dass sie bei Aufträgen gewährleisten, dass die Tariftreue eingehalten wird.

Zudem steht in den meisten Branchen in diesem Jahr eine Tarifrunde an. Thorsten Servatius: „Im öffentlichen Dienst gibt es Verhandlungen für Bund und die Kommunen.“ Dabei hofft er auf einen ähnlichen Erfolg wie im vergangenen Jahr bei den Verhandlungen für die Landesbeschäftigten. Im Bereich Handel sieht er auch weiterhin Konfliktpotenzial.

Dies sieht auch der GEW-Bezirksvorsitzende für Trier, Christian Gerteis. Er bestätigt zwar, das Lehrerstellen besetzt wurden, „doch nicht immer dort, wo sie gebraucht werden“. Vor allem aber fehle es an Vertretungslehrkräften. Mit Spannung sieht seine Kollegin, Sina Fabian, auf die Umsetzung des Kita-Zukunftsgesetzes. „Erst dabei werden wir sehen, was das für die Region bedeutet.“

Der DGB wird in diesem Jahr weitere Schwerpunkte angehen: Mit dem Thema Rente steht dabei eine Dauerbaustelle auf der Agenda. Gesellschaftlich zeigt die Gewerkschaft klare Kante. James Marsh: „Unter der DGB-Initiative ,Vergiss nie, dass hier ein Mensch arbeitet’, stellen wir uns hinter Polizisten, Rettungskräfte oder die Menschen in Verwaltungen, die für uns jederzeit da sind.“ Wie erforderlich hier ein Einschreiten sei, zeigten diese Zahlen: 79 164 Polizistinnen und Polizisten wurden 2018 Opfer einer Gewalttat und es gab 2624 Übergriffe auf Personal der Bahn im Jahr 2018. Mit einer Plakataktion will der DGB gegen solche Auswüchse vorgehen und die Gesellschaft weiter sensibilisieren.

Das gilt auch für eine vom DGB organisierte Veranstaltung. Marsh lädt für das Konzert „Aufmucken gegen Rechts“ am 20. März in die Tufa Trier ein. Regionale Bands spielen im Großen Saal ab 19 Uhr.

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