Der Druck aufs Gastgewerbe steigt

Bitburg · Das Gastgewerbe in Rheinland-Pfalz steht vor einem Umbruch: Mehr als 60 Prozent der Betriebe befinden sich vor einem Generationswechsel. Die Vertreter der Branche wollen nun mit der Verschmelzung der beiden Regionalverbände des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) verstärkt mit einer Stimme sprechen.

Bitburg. Just heute vor 60 Jahren entstanden die beiden Regionalverbände Rheinland und Rheinhessen-Pfalz im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Und just heute gehen die beiden regionalen Interessenvertretungen komplett im Landesverband auf. In Bitburg feiert die Branche deshalb sich selbst und die neue Einigkeit. Zwar bestand die Landesvertretung von Beginn an, hatte jedoch keine eigenen Einnahmen und damit keine Möglichkeiten zur zentralen Lobbyarbeit. Warum kommt die Fusion also jetzt? "Die Regelung ist ein Überbleibsel aus der Schaffung der Bundesländer nach dem Zweiten Weltkrieg", sagt Geroen Haumann, seit 2009 Präsident des Dehoga-Landesverbandes. Und da Rheinland-Pfalz "künstlich" entstanden sei, hätten sich gerade im Gastgewerbe regionale Eigenarten schützen lassen.
Ziel: Hochmodernes Image


Doch angesichts des Umbruchs in der Branche sehen sich Hotelliers und Gastronome, Caterer und Zimmervermieter zunehmend unter Druck, stärker mit einer Stimme sprechen zu müssen. "Wir haben es in 60 Jahren nicht verstanden, zu einer eigenen Marke zu werden und bei der Politik erkennbar zu sein", bedauert Haumann. Es gebe viele kleine Anbieter, die nicht mit einer Stimme sprächen. So sei die Branche noch bei keinem Gesetzesvorhaben im Land gehört worden. "Ich möchte, dass der Tourismus ein hochmodernes Image bekommt und dass es attraktiv wird, dort zu arbeiten."
Immerhin stehen in den kommenden fünf Jahren mehr als 60 Prozent der Betriebe im Land vor einer Übernahme. Doch nur ein Drittel von ihnen hat auch einen Nachfolger aus der eigenen Familie. Von diesen sind wiederum nur 50 Prozent überhaupt willens, den Betrieb der Eltern weiterzuführen. Die Folge: Nur bei 1500 von 8000 Betrieben im Gastgewerbe ist die Existenz gesichert. Die übrigen kämpfen ums Überleben und mit dem Fachkräftemangel. "Ich möchte es schaffen, mehr Transparenz in die Branche zu bringen. Dazu gehören vernünftig bezahlte Jobs in der Gastronomie. dazu gehört auch die Wertschätzung der Kunden, dass veredelte Speisen und ein ansprechendes Ambiente auch ihren Preis haben", sagt der Dehoga-Präsident.
Dazu macht er seinen Mitgliedsbetrieben mächtig Druck. Haumann sieht noch ein "Zeitfenster von fünf Jahren", seine Vorhaben auf den Weg zu bringen. Die Branche stehe unter einem "riesigen Qualitätsdruck", sagt Gereon Haumann. "Gleichzeitig ist das Gastgewerbe mit Kapital unterversorgt." Und noch immer gelte das Sprichwort: "Wer nichts wird, wird Wirt. Und wer gar nichts wird, wird Gastwirt."
Folglich will der Dehoga in die Offensive gehen, die Betreuung der Betriebe in juristischer Sicht und bezüglich der Unternehmensnachfolge zu stärken, und alle Beteiligten des Tourismus an einen Tisch holen. Dazu geht Präsident Haumann mit der eigenen Branche hart ins Gericht: "Wir müssen selbstbewusster auftreten ohne zu poltern. Denn wir haben exzellente Vorbilder in den eigenen Reihen", sagt er. "Wir dürfen die Schuld nicht immer beim Gast, beim Mitbewerber oder der Politik suchen."Extra

Im rheinland-pfälzischen Gastgewerbe gibt es etwa 8000 Betriebe, überwiegend Hotels, Pensionen, Restaurants und Gästehäuser. Hinzu kommen Caterer, Imbisse, Kantinen und Ferienwohnungen. Etwa 5000 von ihnen sind Mitglied im Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband). Damit ist die Branche mit 190 000 Beschäftigten nach dem öffentlichen Dienst der größte Arbeitgeber im Land. Jedes Jahr werden 4000 Azubis ausgebildet. Der Umsatz des Gastgewerbes im Land liegt bei rund 7,6 Milliarden Euro im Jahr und macht etwa sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes von Rheinland-Pfalz aus. sas

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