Der Elektro-Boom kommt

Um elektrische Mobilität (Fachbegriff: E-Mobilität) sicher zu gestalten, werden laut Tüv Süd rasch international verbindliche Sicherheitsstandards gebraucht.

München/Frankfurt. (red) Elektro-Autos haben gute Perspektiven. Doch es gibt ein großes Problem, weil für alle Hersteller die Lithium-Ionen-Batterie eine Schlüsselkomponente künftiger Antriebskonzepte darstellt, diese aber erhöhtes Risikopotenzial bei der funktionalen, elektrischen, chemischen und mechanischen Sicherheit birgt - unter anderem Explosionsgefahr. Aktuelle Prüfnormen tragen diesem Umstand noch nicht ausreichend Rechnung. Das unterstrich der Tüv Süd-Vorstandsvorsitzende Axel Stepken am Mittwoch auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt. Stepken kündigte zudem an, dass der Tüv Süd noch im Herbst erste Crash-Tests mit Lithium-Ionen-Batterien für Fahrzeuge machen wird.

Das Thema "E-Mobilität" hat Fahrt aufgenommen. Branchenexperten sehen mit Blick auf das Jahr 2020 ein Umsatzpotenzial von 500 Milliarden Euro und einen Marktanteil von bis zu neun Prozent bei den Neuzulassungen weltweit. In einer repräsentativen Studie von Tüv Süd und dem Marktforschungsinstitut Technomar bekunden fast 60 Prozent der Befragten aktives Interesse am Thema "E-Mobilität". Und die Vision der Bundespolitik lautet: In zehn Jahren sind auf Deutschlands Straßen eine Million Elektroautos unterwegs.

Am Elektro-Auto führt kein Weg vorbei



Laut Stepken führt am Elektro-Auto kein Weg vorbei. Die ehrgeizigen CO{-2}-Reduktionsziele und die dafür erforderliche höhere Energie-Effizienz von Fahrzeugen seien ohne Elektroantriebe nur schwer zu erreichen. Die Tüv-Mobilitäts-Experten vermittelten auf der IAA zwei Botschaften: zum einen die klare Erkenntnis, dass die Elektrifizierung einen bedeutenden Ansatz zur ökologischen Modernisierung von Mobilität darstellt; zum anderen, dass die E-Mobilität diese Rolle nur dann erfolgreich ausfüllen kann, wenn die allseitige Sicherheit gewährleistet ist.

Dabei richtet sich der Blick der Experten auf die Schlüsselkomponente Batterie. Alle großen Hersteller setzen auf den Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien. In Sachen Batteriesicherheit ist der Handlungsbedarf hoch.

Derzeit ist laut Stepken die Normungs- und Prüflage noch lückenhaft. Beispiele: Es gibt zwar Abnahmekriterien für Batterie-Crashtests hinsichtlich Brand- und Explosionsgefahr, aber toxische, ätzende und kanzerogene Stoffe sind nicht berücksichtigt.

Es gibt für die Zulassung von Großserienfahrzeugen bislang keine Anforderungen für den Heck-Crash. Diese sind aber notwendig, weil ein Großteil der Hersteller die Unterbringung der Batterie im Fahrzeugheck plant.

Es gibt keine Standards für den Verbau der Batterie im Fahrzeug.

Es gibt keine etablierten Sicherheitsrichtlinien für das Abschleppen von Autos mit Elektroantrieb.

Es gibt nur lückenhafte Kriterien für wiederkehrende Sicherheitsprüfungen an Elektro- und Hybridfahrzeugen.

Nicht zu vernachlässigen: Für Rettungskräfte gibt es bislang noch keine koordinierende Stelle oder gesetzliche Grundlagen für das Verfahren nach Unfällen, in die Elektro-Autos verwickelt sind.

Im Sinne der Sicherheit seien deshalb weltweit gültige, einheitliche Standards zu entwickeln und anzuwenden.

stichwort lithium-ionen-batterie Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fordert: Für Hybrid- und Elektrofahrzeuge (...) müssen möglichst bald Energiespeichermedien entwickelt werden, die effizient, leicht, sicher und preiswert sind und die dem PKW-Besitzer eine akzeptable Reichweite (bis zu 300 Kilometer) für sein Fahrzeug ohne "Auftanken" garantieren. Als Technologie steht dafür die Lithium-Ionen-Technik zur Verfügung. Damit sind effiziente Energiespeicher möglich, die aber derzeit nur in kleinen Dimensionen realisierbar sind. Mit den heute genutzten Materialien können große Batterien durch Überladen oder einen Unfall zur Explosion kommen. In der Innovationsallianz "Lithium-Ionen-Batterie LIB 2015" verpflichtete sich ein Industriekonsortium, in den nächsten Jahren 360 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung an der Lithium-Ionen-Batterie zu investieren. Dazu gibt der Bund Fördermittel von 60 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren.

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