Der Klassiker der Altersvorsorge

Frankfurt · Die Lebensversicherung ist nicht mehr automatisch eine gute Wahl, etwa weil andere Vorsorgeformen besser gefördert werden. Allerdings wird die Branche in den nächsten Jahren eine Menge Neuerungen bringen, um durch individuellere Angebote auch ohne starke staatliche Förderungen attraktiv zu bleiben.

Frankfurt. Weit über 90 Millionen Lebensversicherungen haben die Deutschen gekauft. Das Produkt ist seit Jahrzehnten der Klassiker der Altersvorsorge. Die wichtigsten Varianten sind die Kapitalversicherung mit voller Auszahlung, eine Rentenversicherung mit laufenden Pensionen oder die Fondspolice. Die Kunden profitieren davon, dass ihr Geld meist breit gestreut und solide von erfahrenen Managern verwaltet wird.
Sichere Renditen


Die Rendite für den Kunden orientiert sich bei den Standardvarianten im Prinzip an der langfristigen Entwicklung der Kapitalmarktrenditen, wie sie sich etwa in der Zinsentwicklung von Bundesanleihen widerspiegelt. Anders ist dies vor allem bei Fondspolicen, hier hängt die Rendite entscheidend von dem jeweils mitgekauften Anlagekonzept ab. Vor allem aktienbasierte Policen litten da in den vergangenen Jahren. Grundsätzlich erwirtschaften die meisten Lebensversicherungen mit dem Rückgang der Zinsen weniger. Für Kunden kommen unter dem Strich aber oft immer noch vergleichsweise ordentliche und vor allem sichere Renditen heraus. Dies gilt jedoch nur, wenn die Sparer bis zum Ablauf des Vertrags durchhalten. Wer vorzeitig eine private Lebens- oder Rentenversicherung kündigt, verliert in aller Regel Geld. Noch immer passiert dies sehr häufig.
Für Sparer sind zwei grundlegende Situationen zu unterscheiden: Alt- oder Neukunde? Wer eine Lebensversicherung besitzt, sollte seine Verpflichtungen möglichst bis zum Ende der Vertragslaufzeit erfüllen. Das lohnt sich in aller Regel am meisten bei Verträgen, die vor 2005 geschlossen wurden. Denn hier ist die Auszahlung steuerfrei. Doch auch bei Verträgen ab 2005 winkt noch ein kleiner Steuervorteil bei der Auszahlung, weil nur die Hälfte der Erträge zu einem möglicherweise niedrigeren Satz als heute versteuert werden muss. Eine ganz andere Situation liegt vor, wenn noch eine Vorsorgelücke geschlossen werden soll. Neukunden müssen genauer als früher hinschauen und vergleichen.
Die Branche profitiert nach wie vor von ihrem guten Image, das sie sich über Jahrzehnte in der Bevölkerung aufgebaut hat. Seit knapp einem Jahrzehnt verschlechtern sich jedoch die Rahmenbedingungen für den Kauf von Lebensversicherungen zunehmend. Das ist bei einer neuen Entscheidung zu berücksichtigen.
Mehr Wettbewerb


Der seit Jahren zu beobachtende Zinsrückgang am Kapitalmarkt geht an dem Produkt nicht spurlos vorüber, weil es oft zu mehr als 90 Prozent auf Zinserträge baut. Zuletzt musste daher der Garantiezins für neue Verträge ab 2012 auf 1,75 Prozent gesenkt werden. Vor Jahren waren es schon mal vier Prozent. Damit geht der Branche ein wichtiges Verkaufsargument verloren. Zudem steigen die Kapitalanforderungen für langlaufende Versicherungsverträge mit Garantien ab 2013. Gleichzeitig drängt die Politik auf höhere Transparenz. Beides verteuert Lebensversicherungen oder macht bisher unsichtbare Kosten bewusster. Das schürt den Wettbewerb. Schließlich leiden die Versicherer unter der Bevölkerungsentwicklung. Der Vorteil der Branche: Durch mehr als 200 000 Versicherungsvermittler besitzen Versicherer eine enorme Verkaufskraft. Der Rückzug des Staates aus der Vollversorgung ist für sie eine Vorlage.

Der Autor Thomas Schmitt arbeitet als Experte für die Wirtschaftszeitung Handelsblatt.

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