Der Lockruf des Geldes

Trier · Im Internet gibt es manches verlockende Angebot, um schnell ein paar Euro nebenher zu verdienen. Die Polizei rät zur Vorsicht. Oft stecken dubiose Machenschaften hinter den Offerten.

Trier. Diese E-Mail ließ Thomas Krügers Augen leuchten: "Beste Verdienstmöglichkeiten mit wenig Arbeit. 600 Euro und mehr im Monat", stand da. "Ich habe einen Moment überlegt, die E-Mail in den Spam-Ordner zu verschieben. Aber das Angebot war einfach zu verlockend", erzählt er. Heute wünscht er sich, er hätte die Finger davon gelassen. Stattdessen ließ er sich von einer angeblichen Firma über das Internet als Finanzagent anwerben.
"Ich war einfach zu naiv"


Finanzagent - was nach einer Position im gehobenen Management, der Finanzwirtschaft oder gar Geheimdienst klingt, entpuppt sich für Thomas Krüger am Ende als Einstieg in Kriminalität und Schulden. Finanzagenten - das sind Opfer und Täter zugleich. Sie sind Mittler zwischen Kriminellen und Betrogenen bei einer weit verbreiteten Form von Betrug über das Internet und Geldwäsche.
Viel tun musste Krüger, der seinen richtigen Namen und sein Alter nicht nennen will, dafür nicht. Er sollte einfach nur sein Konto für Überweisungen zur Verfügung stellen und für jede Transaktion eine Provision erhalten. In seinem Fall wurde ihm von der angeblichen Firma ein Betrag überwiesen, zunächst 400 Euro, beim nächsten Mal 3000. Er sollte die Beträge weiterüberweisen, auf Konten in Osteuropa. Dafür erhielt er jedes Mal 20 Prozent Provision. Doch bevor es zu einer dritten Überweisung kam, stand die Polizei vor Krügers Tür. Der Vorwurf: Geldwäsche. "Ich war zunächst geschockt. Aber mittlerweile weiß ich, worin ich da verwickelt war. Ich war einfach zu naiv", sagt er über die Vorfälle, die nun bald ein Jahr zurückliegen. Seiner Bank waren die merkwürdigen Kontobewegungen aufgefallen, diese hatte die Polizei eingeschaltet.
3086 Strafanzeigen im Zusammenhang mit Finanzagenten gab es 2010. Im Vergleich zum Vorjahr war das ein Anstieg um 29 Prozent (2394 Anzeigen). Diese Zahlen gehen aus dem Jahresbericht der Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland hervor, die beim Bundeskriminalamt angesiedelt ist. Fast jede vierte Anzeige nach dem Geldwäschegesetz stand im Zusammenhang mit Finanzagenten.
Im Jahr 2006 war diese Form von Betrug und Geldwäsche das erste Mal aufgetaucht, seitdem steigen die Zahlen rapide. Finanzagenten sind nicht nur an Betrug und Geldwäsche beteiligt. Da sie für die Transaktion eine Provision erhalten, betreiben sie unwissentlich gewerbsmäßig ein Finanztransfergeschäft - und dafür ist eine Erlaubnis durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) notwendig.
Bei diesem Strauß an strafrechtlichen Vergehen hatte Krüger noch Glück im Unglück. Gegen Zahlung einer Geldbuße wurden die Verfahren eingestellt. Damit ist er wenigstens nicht vorbestraft. Vorbei war die Sache für ihn dennoch nicht. Denn die Provisionen hatte die angebliche Firma wieder zurückbuchen lassen. Die Opfer, deren Geld auf Krügers Konto überwiesen wurde, verklagen ihn auf Schadenersatz.
Betrüger finden immer neue Wege, Menschen um ihr Geld zu bringen, aber auch, um neue Finanzagenten zu gewinnen. Es gibt sogar Methoden, bei denen der Nutzer überhaupt nichts ahnen kann. Wie das BKA berichtet, wurden in einigen Fällen Beträge auf Konten überwiesen - aus Versehen, wie die Betrüger vorgaben. Die Kontenbesitzer sollten das Geld zurücküberweisen - und machten sich damit strafbar im Sinne des Geldwäschegesetzes.
100 000 Geschädigte



Ihre Opfer finden die Kriminellen im Internet. Sei es durch Phishing, also das Ausspionieren von Bankdaten, oder durch Betrug bei Online-Auktionen oder mittels gefälschter Online-Shops. So gelang der Polizei im Mai ein Schlag gegen eine Internet-Betrügerbande, die gefälschte Shops in Deutschland, Österreich und der Schweiz betrieb. Autos, Häuser, Elektronik, Kleidung, die Kunden zahlten für Waren oder Dienstleistungen, die sie nie erhielten. Das Geld wurde auf Konten von Finanzagenten überwiesen und von dort weitergeleitet. Das Landeskriminalamt Bayern schätzt die Zahl der beteiligten Finanzagenten in den drei Ländern auf 1000 Personen, die Zahl der Geschädigten auf 100 000.Extra

BKA, Bafin und der Bundesverband der Banken raten Internetnutzern, unbedingt wachsam zu sein, sowohl beim Online-Banking als auch beim Einkauf im Netz. Die Nutzer sollten sich nicht auf Vorkasse-Zahlungen einlassen. Und erst recht nicht darauf, ihr Konto für dubiose Transfergeschäfte zu vermieten.

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