Der Markt ist in Bewegung

Pronsfeld/Thalfang · Die deutschen Molkereien konnten bei den Verhandlungen mit dem Lebensmittelhandel bei der sogenannten weißen Linie, also bei Frisch- und H-Milch, keine Preissteigerungen durchsetzen. Die Hochwald Molkerei (Thalfang/Kreis Bernkastel-Wittlich) und die Milch Union Hocheifel (Pronsfeld/Eifelkreis) sind darüber nicht glücklich.

Pronsfeld/Thalfang. Nach dem schweren Jahr 2009 ist es in der Milchbranche eigentlich wieder sehr ruhig geworden. Bereits 2010 haben sich die Erzeugerpreise für die Bauern etwas höher eingependelt - im Durchschnitt bei 30 Cent je Kilogramm Milch und damit sechs Cent über dem Wert von 2009. Auch das laufende Jahr hat sich gut angelassen (siehe Extra Milchpreis), doch die jüngsten Verhandlungen mit dem Lebensmittelhandel lassen bei Bauern und Molkereien nun doch keine rechte Freude aufkommen. "Den Abschluss kann man nicht schönreden", sagt Karl-Heinz Engel, Chef der drittgrößten deutschen Molkerei, der Hochwald-Molkerei aus Thalfang. Sein Kollege Rainer Sievers von der Milch Union Hocheifel (Muh) in Pronsfeld sieht die Lage ähnlich. "Das Ergebnis der gerade zu Ende gegangenen Preisrunde ist für uns nicht zufriedenstellend. Die Verhandlungen mit dem Handel waren von einem intensiven nationalen und internationalen Wettbewerb geprägt."
Umkämpfter Markt


Was keiner der Verantwortlichen anspricht, ist in der Branche doch Thema: So sollen zwei große Molkereien mit Zugeständnissen die Preise gedrückt haben, Sachsenmilch (Müller-Konzern) und Hansa-Milch, die zur dänisch-schwedischen Molkerei Arla gehört. Arla-Chef Peter Tuborgh hat kürzlich erklärt, dass die genossenschaftliche Molkerei (7200 dänische, schwedische und deutsche Mitglieder), die in 13 Ländern 16 000 Mitarbeiter beschäftigt, auf dem deutschen Milchmarkt angreifen möchte. In kurzer Zeit will Tuborgh zur Nummer drei in Deutschland aufsteigen und damit Hochwald und Muh verdrängen.
Doch die fallenden Milchpreise haben auch einen weiteren Grund. Europaweit ist die Anlieferung schätzungsweise um 2,5 Milliarden Kilo oder etwa zwei Prozent gestiegen. Denn bei wachsenden Erzeugererlösen lohnt sich der Aufwand für die Bauern. Zudem stehen viele Landwirte unter Druck, denn zunehmende Kosten für Dünger, Kraftfutter und Treibstoff lassen die Gewinnmargen schmelzen.
Entsprechend gibt es kritische Stimmen seitens der Verbände. Der Vize-Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Udo Folgart, findet die Rücknahme bei Trinkmilch unverständlich. "Aus Sicht der Bauern ist es völlig unverständlich, warum die Molkereien dort nachgegeben haben." Ziel müsse es vielmehr sein, dass sich die Preise für Milch auf der einen Seite und Käse (gelbe Linie) wieder angleichen. Und auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) schießt sich gegen die Molkereien ein.
Insgesamt ist DBV-Vize Udo Folgart aber "angesichts der erfreulich stabilen Endverbraucherpreise auf dem Butter- und Käsemarkt und des deutlich aufwärts gerichteten Exports für die Milchauszahlungspreise optimistisch".
Investition in die Zukunft


In Pronsfeld wie in Thalfang investieren die Molkereien Millionen. Hochwald setzt dabei auf eine Stärkung des Exports, rund 100 Millionen Euro will Hochwald in der Gruppe in den kommenden drei Jahren investieren. Gerade wird das Exportwerk in Thalfang ausgebaut.
Muh erweitert ihren Standort, heute eines der modernsten Milchwerke weltweit, mit Investitionen von 60 Millionen Euro, unter anderem um einen Milchtrockenturm. Muh-Chef Sievers: "Insgesamt zeigt sich der Milchmarkt stabil. Dennoch ist es angesichts der intensiven Wettbewerbssituation nicht ungewöhnlich, dass es in einzelnen Segmenten vorübergehend zu Preissenkungen gekommen ist." Hochwald-Chef Engel ist sich für den Milchmarkt sicher: "Wer sich nicht bewegt, wird bewegt."Extra

Über viele Jahre hinweg haben Muh und Hochwald ihren Landwirten bundesweit den höchsten Milchpreis gezahlt. Inzwischen aber sind andere Molkereien vorn. In Fachzeitungen, wie etwa dem landwirtschaftlichen Wochenblatt Westfalen Lippe, werden monatlich die Auszahlungspreise verglichen. Unterschieden wird einmal der Basispreis und der Auszahlungspreis inklusive Zuschläge. Die Zuschläge unterscheiden sich, weil einzelne Molkereien höhere Qualität unterschiedlich honorieren. Der Basispreis bezieht sich auf einen Liter Milch mit einem Fettgehalt von vier Prozent und einem Eiweißgehalt von 3,4 Prozent. Im September zahlten: die Humana Milchunion 35 Cent pro Liter (mit Aufschlägen 35,35 Cent), Nordmilch 35 Cent/Liter (35,50), Friesland-Campina 37 Cent/Liter(39,06), Hochwald 33 Cent/Liter (35/auch im Oktober), die Milch Union Hocheifel 33 Cent/Liter (34,48). Die größten deutschen Molkereien, Humana und Nordmilch, haben das operative Geschäft in diesem Jahr unter dem Dach des Deutschen Milchkontors (DKM) zusammengelegt. Sie verarbeiten etwa 6,7 Milliarden Kilogramm Milch, geliefert von über 11 000 Milcherzeugern. Hochwald ist Nummer drei in Deutschland und verarbeitet etwa zwei Milliarden Kilo Milch ihrer etwa 5800 Milchlieferanten. Muh ist Nummer vier in Deutschland und verarbeitet etwa 1,2 Milliarden Kilo Milch von 2600 Landwirten. hw

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