Die Eskalationsfahrt der Lokführer

Frankfurt/Berlin · Mit einem Tag Verzögerung beginnt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit ihren Streiks bei der Bahn. An diesem Dienstag sollen bundesweit zwischen sechs und acht Uhr verschiedene Verbindungen be streikt werden, teilte die Gewerkschaft am Montag in Frankfurt mit.

(dpa/cus) In der vertrackten Tarifrunde der deutschen Bahnbranche steigt die Anspannung: Die Verhandlungen sind abgebrochen, gegenseitige Appelle wirkungslos verhallt - jetzt macht die GDL ihre Drohungen wahr.

Mit Warnstreiks will die kleinste Arbeitnehmerorganisation ihren Kampf für einen Rahmentarifvertrag befeuern. Über die genauen Auswirkungen der befristeten Warnstreiks können Bahnreisende derzeit nur rätseln. Hier einige wichtige Fragen und Antworten zum Thema:

Worum geht es im Tarifkonflikt?

Die GDL will einheitliche Standards für alle 26 000 Lokführer im deutschen Nah-, Fern- und Güterverkehr erzwingen - egal, bei welchem Betreiber sie arbeiten. Dafür hat GDL-Boss Claus Weselsky ein Ringen an drei Fronten aufgenommen. Zu verhandeln ist mit der bundeseigenen Deutschen Bahn (DB), die allein 20 000 Lokführer hat, sechs privaten Regionalbahnen sowie einer Gruppe privater Güterbahnen. Kernforderung der GDL: einheitliche Einkommen auf dem Niveau des Marktführers DB plus fünf Prozent Aufschlag. Die teils bis zu 30 Prozent niedrigeren Entgelte bei Privatbahnen sollen stufenweise angeglichen werden.

Wie schnell wird die GDL den Arbeitskampf eskalieren lassen?

Eher nicht so schnell, wie schon der erbitterte Konflikt um einen Lokführer-Tarifvertrag bei der DB 2007/2008 gezeigt hat. Über fast ein Jahr schwelte damals die ständige Gefahr neuer Arbeitskämpfe. Als ersten Schritt hat die GDL für heute bundesweit zwischen sechs und acht Uhr Warnstreiks angekündigt. Auch in der Region Trier dürften voraussichtlich vereinzelt Züge ausfallen, wie Christian Bußer von der GDL-Ortsgruppe Trier-Gerolstein dem TV sagte.

Vom Streik betroffen sind die Deutsche Bahn AG sowie die sechs größten privaten Konkurrenten Abellio, Arriva, Benex, Keolis, Veolia und Hessische Landesbahn.

Welche Rolle spielt die Öffentlichkeit?

Eine sehr große. In der aktuellen Auseinandersetzung mit DB und Privatbahnen hat die GDL ihre Kontrahenten und die Kunden bisher über den genauen Beginn von Aktionen im Unklaren gelassen - und spielt mit ihrem beträchtlichen Aufmerksamkeitspotenzial. Auf der anderen Seite muss es ihr darauf ankommen, nicht Zehn- oder gar Hunderttausende Fahrgäste gegen sich aufzubringen. Eine "rechtzeitige" Information hat sie versprochen.

Spielt die GDL auf Zeit?

Eindeutig ja. Dem Beschluss ihrer Tarifkommission zum Warnstreik am 3. Februar folgte die erste Frist bis zum 16. Februar. Auf einem Aktionstag in Berlin mit rund 1200 Lokführern, die sich keineswegs im Ausstand befanden, wurde dann die Formel ausgegeben, dass wegen der Ski-Weltmeisterschaft in Garmisch-Partenkirchen nicht vor dem 21. Februar gestreikt werde. Aber eben auch nicht direkt am 21. Februar, wie am Montag klar wurde. Trotz dieses ungewöhnlich langen Vorlaufs ergaben sich aber zunächst keine Anknüpfungspunkte, doch noch an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Wie ist die Position der Deutschen Bahn?

Bahnchef Rüdiger Grube sieht mit unverhohlenem Ärger, "dass die Bahn und ihre Kunden in Geiselhaft genommen werden". Um Wirkung zu erzielen, will die GDL nämlich auch Züge mit dem DB-Logo stoppen und nicht nur Loks der kleineren Konkurrenzbahnen. Es sei "absurd und willkürlich" die DB zu bestreiken, die von vornherein Bereitschaft zu einem Rahmentarifvertrag bekundet habe, klagt Personalvorstand Ulrich Weber. Nachdem die GDL bei der DB eine eigenständige Tarifmacht hat, will sie dies jetzt auch bei den Privatbahnen erzwingen. Auf ein exklusives Recht für Verhandlungen könne die GDL aber nicht hoffen, betonen die Unternehmen. Denn zahlreiche Lokführer seien bei der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) organisiert.

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