Die Herrin der Maschinen

Trier · Beim Trierer Zigarettenhersteller Japan Tobacco International Germany hält Denise Webel seit mehr als zwei Jahren die Produktionsanlagen am Laufen. Für ihre guten Ausbildungsleistungen ist die 21 Jahre alte Maschinen- und Anlagenführerin jetzt als Bundesbeste ihres Jahrgangs geehrt worden.

 Kleine Frau, große Maschine: Denise Webel (21) steuert und wartet beim Trierer Unternehmen Japan Tobacco International Germany eine Maschine, die 14 000 Zigaretten pro Minute produziert. Foto: JTI

Kleine Frau, große Maschine: Denise Webel (21) steuert und wartet beim Trierer Unternehmen Japan Tobacco International Germany eine Maschine, die 14 000 Zigaretten pro Minute produziert. Foto: JTI

Trier. Ein wenig verloren wirkt Denise Webel in der gigantischen Produktionshalle des Zigarettenherstellers Japan Tobacco International (JTI) Germany im Industriegebiet Trier-Euren. Die zierliche Frau, 1,53 Meter groß, steht vor der riesigen grün-silbernen Produktionsmaschine, die sie ständig am Laufen halten muss. Um sie herum wimmelt es von Schaltern, Knöpfen und Laufbändern, die Tabak, Papier und fertige Zigaretten befördern. Aber die 21-Jährige hat "ihre" Maschine voll im Griff.
Seit 2009 arbeitet die junge Frau aus Reinsfeld als Maschinen- und Anlagenführerin bei JTI. Ihre Ausbildung hat sie im Juni abgeschlossen - als bundesweit Beste ihres Jahrgangs. Sie zählt zu den 227 jungen Menschen, die Mitte Dezember von der Industrie- und Handelskammer (IHK) als Beste in ihrem Beruf geehrt wurden. Aus dem Bezirk der IHK Trier wurde neben Webel auch der Drucker Christian Walke aus Traben-Trarbach (siehe Extra) ausgezeichnet.
Ihr Interesse für alles Technische verdankt die 21-Jährige ihrem Vater, einem LKW-Mechaniker. Mit ihm hat sie "oft an Autos geschraubt, was großen Spaß gemacht hat". Die Ausbildung bei JTI war "genau das Richtige" für Webel. Zwei Jahre lang hat sie gelernt, die verschiedenen Produktionsanlagen im Werk eigenständig zu bedienen, zu warten, zu verstehen. Die nötige Theorie hat sie in der Berufsschule gepaukt. Mit Erfolg - 98 von 100 Punkten in der Abschlussprüfung. "Für mich ist das ein Riesenerfolg", sagt die einzige weibliche Auszubildende ihres Jahrgangs. Die Ehrung in Berlin habe sie wegen eines Arzttermins verpasst, aber Pokal und Urkunde würden ihr zugeschickt. JTI ist stolz auf Webels Leistung: "Denise hat nicht nur für sich gelernt", sagt Personalmanagerin Christine Malorny. "Sie hat auch die anderen motiviert. Der ganze Jahrgang war sehr gut."
Seit Juni absolviert Webel ein Praxisjahr im Betrieb. "Sie vertieft jetzt ihre Fachkenntnisse und sammelt weitere Berufserfahrung", erklärt Marlony. Denn das Bedienen der komplexen Produktionsanlagen ist eine ständige Herausforderung. "Anfangs war es echt schrecklich", erinnert sich Webel. "Ich habe alle zwei Minuten die Zigaretten kontrolliert." Denn der Anlagenführer behebt nicht nur Fehler und Störungen und tauscht Verschleißteile aus, er überwacht auch die Qualität des Produkts. "Die Verantwortung ist groß, da muss man die Nerven behalten", sagt Webel.
Jeden Tag neue Erlebnisse


Mittlerweile ist das Routine. Zwischen zehn und 50 Störungen gibt es am Tag. "Oft höre ich am Geräusch, dass die Maschine gleich stoppt." Auch an den Schichtdienst hat sich Webel gewöhnt. Die Nachtschicht (22 bis 6 Uhr) ist ihre Lieblingsschicht. Die neongrünen Ohr stöpsel gegen den Maschinenlärm, die sie unter ihren braunen Haaren versteckt, sind auch kein Problem: "Die merkt man irgendwann gar nicht mehr." An ihrem Job reizt Webel vor allem, "dass man jeden Tag was Neues erlebt". Manche Kollegen, sagt sie, arbeiteten seit 20 Jahren an derselben Maschine. "Trotzdem gibt es Fehler, die sie noch nie gesehen haben." Auch das Tempo ihrer Maschine fasziniert sie: "Die schafft 14 000 Zigaretten in der Minute." Wer eine solche Anlage kontrollieren wolle, brauche "technisches Verständnis und handwerkliches Geschick", sagt die 21-Jährige und - im Scherz - : "keine Angst vor Dreck."
Denise Webel hat ihren Traumjob gefunden. Irgendwann will sie selbst ausbilden. "Den Schein mache ich aber erst, wenn ich die Anlage sicher im Griff habe."
Extra

Maschinen- und Anlagenführer (MAAF) bedienen und prüfen Produktionsanlagen in der Industrie. Sie warten die Anlagen, tauschen Verschleißteile aus und beheben Störungen. Eingestellt werden sie nach zweijähriger Ausbildung in Betrieben der Metall-, Kunststoff-, Lebensmittel-, Textil- und Druckindustrie. JTI hat die Ausbildung zum Maschinen- und Anlagenführer 2008 eingeführt, als erstes Unternehmen in der Region Trier. Dafür ehrte die IHK den Konzern 2009 als "ausgezeichneten Ausbildungsbetrieb". Derzeit gibt es im Unternehmen 36 Auszubildende in vier Berufen (MAAF, Industriemechaniker, Elektroniker, Industriekaufmann/-frau). 2011 haben bei JTI sieben junge Menschen ihre MAAF-Ausbildung abgeschlossen, in der Region waren es insgesamt 30. Bestenehrung: Zu den als bundesbeste Geehrten aus dem Bezirk der IHK Trier zählt neben der Maschinen- und Anlagenführerin Denise Webel auch der Drucker Christian Walke (MM Packaging Caesar GmbH & Co KG, Traben-Trarbach). Er ist mittlerweile innerhalb des Konzerns nach Österreich gewechselt. Für Marcus Kleefisch, IHK-Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung, ist die Bestenehrung eine "ganz besondere Auszeichnung". Die IHK freue, "dass wir als kleine Kammer gleich zwei Bundesbeste in weit verbreiteten Berufen stellen". cwebExtra

Der Konzern Japan Tobacco International ist der weltweit drittgrößte Tabakproduzent. Hauptsitz der Firma ist in Genf, die JTI Germany GmbH umfasst die Standorte Trier und Köln. In Trier arbeiten etwa 1700 Mitarbeiter. Die Produktionsfläche umfasst circa 66 000 Quadratmeter. 2011 wurden etwa 54 Milliarden Zigaretten produziert. cweb

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