Die Idee von der Tüte in der Tube

Saarburg · Vier Wochen nach Produktionsstart hat die Firma Noatec bereits 2000 druckgasfreie Feuerlöscher verkauft. Die nächste Weltneuheit, eine treibgasfreie Spraydose für die Kosmetik- und Nahrungsmittelindustrie, steht schon in den Startlöchern.

 Noatec-Betriebsleiter Claude Valerius (links) und Tectro-Co-Geschäftsführer Horst Molitor zeigen die Erfindungen der Saarburger Innovationsschmiede: den druckgasfreien Feuerlöscher und die Silikon-Spraydose. TV-Foto: Sabine Schwadorf

Noatec-Betriebsleiter Claude Valerius (links) und Tectro-Co-Geschäftsführer Horst Molitor zeigen die Erfindungen der Saarburger Innovationsschmiede: den druckgasfreien Feuerlöscher und die Silikon-Spraydose. TV-Foto: Sabine Schwadorf

Saarburg. Obwohl giftige und gefährliche Aerosole in Haarspray, Haushaltsreinigern und medizinischen Produkten wie Asthma-Sprays enthalten sind, werden jedes Jahr rund vier Milliarden Spraydosen hergestellt. Dabei geschehen immer wieder schwere Unfälle, wie das Beispiel einer entzündeten Deo-Dose in einem Auto in Schwaben im April dieses Jahres oder die Explosion einer Farbspraydose in einer Schule vor wenigen Wochen in Bayern zeigen.
Hier will die Saarburger Innovationsschmiede Noatec mit ihrer Weltneuheit ansetzen. Die sogenannte Noatec Power Unit, ein spezieller Silikonbeutel, wird bei der Befüllung mit Rasiergel, Körpercreme, Ketchup oder Haarfestiger so geweitet, dass die entstandene Dehnungsenergie mit Abgabe des Inhalts wieder entweicht. "Quasi eine Tüte in der Tube", erklärt Noatec-Betriebsleiter Claude Valerius. So gerate das Produkt nicht mit Sauerstoff in Kontakt, die Handhabung sei nicht wie beim Pumpspray oft ermüdend, sondern spielend einfach.
"Wir haben diese druckgasfreie Spraydose auf der Messe Interpak in Düsseldorf vorgestellt und hatten mit 340 Besuchern aus 40 Ländern eine enorme Nachfrage", sagt Valerius. Nun sei man in der Testphase und dabei, für potenzielle Kunden sogenannte Sprühbilder ihrer Produkte zu entwickeln, so dass spätestens ab dem kommenden Jahr mit der Massenproduktion begonnen werden könne. Die ersten Rückläufe stimmen den Chef des zehnköpfigen Entwicklungsbüros dabei positiv. "Wir haben derzeit schon Anfragen von bis zu 60 Millionen Einheiten. Das ist also keine Probierstube mehr", sagt der Betriebsleiter selbstbewusst. Die erhoffte Massenfertigung in zwei Jahren verlange dabei nicht nur ein Investitionsvolumen von bis zu 15 Millionen Euro. Dann sollen die Produktionsaufträge auch an die Tochterfirma Tectro SMT gleich nebenan wandern. Tectro hatte die im Mai 2008 gegründete Noatec (damals noch in Föhren im Kreis Trier-Saarburg) vor einem Jahr aus der Insolvenz heraus gekauft.
Entwicklung braucht Zeit


Dabei besteht das Patent für die Spraydose bereits seit etwa zehn Jahren. Doch bis zur Marktreife ist viel Zeit vergangen, und mehrere Millionen Euro sind eingesetzt worden. "Am Anfang war die Idee. Bei der Power Unit, die eine Innovation wie damals der Tetra Pak darstellt, gibt es keine Prüf- und Produktionsverfahren, auf die man zurückgreifen kann. Alles muss zunächst entwickelt werden", erklärt Valerius, der zu seiner Betriebsleiter-Funktion zusammen mit Horst Molitor auch geschäftsführender Tectro-Gesellschafter ist. Und das dauere eben.
Ähnliche Erfahrungen hat er auch beim sogenannten Fire-Ex, dem ersten druck- und treibgasfreien Feuerlöscher, gemacht. Seit einem halben Jahr besteht endlich Serienreife, seit einem Monat rollt die Produktion in Saarburg, inzwischen sind 2000 Stück verkauft. 10 000 Stück im Jahr sind angepeilt. Doch wie so manche Neuheit hat der innovative Feuerlöscher Hürden zu überwinden. So steht derzeit zwar die Prüfung für das europäische CE-Zeichen für "verkehrsfähige Industrieerzeugnisse" an. Doch an der deutschen Norm für Feuerlöscher ist die Saarburger Erfindung bislang gescheitert, weil sie kein Metallgehäuse hat, das sie nach der Norm haben müsste. "Das haben wir nicht, brauchen wir aber auch nicht, weil wir ohne Druckgas auskommen", erläutert Valerius.
Nun gehe es aber erst mal darum, in den kommenden zwei Monaten die ersten Testserien für die neue druckfreie Spraydose zu produzieren und dafür eine spezielle Maschine aufzubauen. Wenn das gelingt, könnte die Tectro mit ihren derzeit 60 Mitarbeitern noch in diesem Jahr 280 000 Einheiten für die Pionierkunden produzieren.

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