Die Macht der Portale

Düsseldorf · Dürfen Internet-Anbieter von den Hotels Bestpreisgarantien verlangen?

Düsseldorf (dpa) Ob Urlaub oder Dienstreise: Wer in Deutschland ein Hotelzimmer bucht, tut dies häufig über Online-Plattformen. Das gibt Booking, Expedia & Co. bei Verhandlungen mit Hotelbetreibern große Macht. Das Bundeskartellamt versucht schon seit Jahren, daraus resultierende Wettbewerbsbeeinträchtigungen im Interesse der Verbraucher zu verhindern. Am Mittwoch ließ das Oberlandesgericht Düsseldorf nach einer Beschwerde von Booking.com allerdings Zweifel erkennen, ob das Vorgehen der Wettbewerbshüter gegen den Marktführer zuletzt noch angemessen war. Worum geht es in dem Streit? Im Mittelpunkt stehen die Bestpreisklauseln, mit denen sich viele Portale in der Vergangenheit bei ihren Hotelpartnern optimale Konditionen sicherten. Das Bundeskartellamt sieht darin eine Einschränkung des Wettbewerbs und verpflichtete Marktführer Booking.com im Dezember 2015, eine entsprechende Klausel aus allen Verträgen mit Hotels in Deutschland zu entfernen. Dagegen hat das Unternehmen Beschwerde eingelegt. Was genau stand in den Verträgen von Booking.com? Die Hotels durften ihre Zimmer laut Vertrag auf der eigenen Hotel-Website nicht günstiger anbieten als bei Booking.com. Was stört das Bundeskartellamt an der Regelung? Nach Einschätzung der Wettbewerbsbehörde sind die Bestpreisklauseln generell nur auf den ersten Blick vorteilhaft für den Verbraucher, in Wirklichkeit jedoch nachteilig. "Letztlich verhindern die Klauseln, dass an anderer Stelle niedrigere Hotelpreise angeboten werden können", warnt Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Und was sagt das Oberlandesgericht Düsseldorf dazu? Der Erste Kartellsenat des Gerichts signalisierte am Mittwoch Zweifel an der Entscheidung der Wettbewerbshüter. Der Vorsitzende Richter Jürgen Kühnen sagte, für den Senat stelle sich die Frage, ob es sich bei der Bestpreisklausel nicht um eine notwendige Vereinbarung mit den Hotelpartnern handele, um eine "illoyale Ausnutzung" der Vermittlungsleistung von Booking.com durch die Partnerhotels zu verhindern. Wie könnte so eine "illoyale Ausnutzung" aussehen? Nach Einschätzung des Gerichts könnten die Hotels ohne eine Bestpreisklausel quasi als "Trittbrettfahrer" die Online-Plattform nutzen, um von den Zimmersuchenden wahrgenommen zu werden - dann jedoch die Gäste zur Buchung mit günstigeren Preisen auf die eigene Website locken. Die Lebenserfahrung zeige, dass in der Regel der Preis darüber entscheide, wo am Ende gebucht werde, sagte Kühnen. Und was sagen die Hotelbetreiber? Der Hotelverband Deutschland (IHA) steht voll hinter dem Bundeskartellamt und warnte vor einer Wiederinkraftsetzung der Bestpreisklausel. "Das wäre definitiv das Ende des Online-Direktvertriebs der Hotellerie", sagte IHA-Rechtsanwalt Volker Soyez in der Verhandlung. Dabei werde der eigene Online-Vertrieb für die Hotels eigentlich immer wichtiger. Ist die Entscheidung über die Bestpreisklausel damit schon gefallen? Nein. Zwar signalisierte der Kartellsenat Zweifel an der Entscheidung des Kartellamts. Doch bat das Gericht die Streitparteien gleichzeitig um weitere schriftliche Ausführungen und betonte, wie das Ergebnis der Verhandlung am Ende aussehen werde, könne man noch nicht sagen. Nicht einmal ein Termin für die Urteilsverkündung steht bislang fest. Müssen die Verbraucher befürchten, dass die Hotelportale ohne Bestpreisklausel auch die Bestpreisgarantien für Kunden streichen? Eher nicht. Auf die Frage nach möglichen Konsequenzen einer gerichtlichen Niederlage betonte die Booking-Sprecherin Leslie Cafferty: "Wenn ein Kunde im Internet einen besseren Preis findet, werden wir auch weiterhin die Differenz erstatten. Das wird sich nie ändern." Auch der Konkurrent HRS bietet weiter eine Bestpreis-Garantie für seine Kunden, obwohl er auf Druck des Kartellamtes die Bestpreisklauseln in seinen Verträgen mit den Hotels streichen musste. Fragen & Antworten: Kampf um Bestpreisklauseln geht in die nächste Runde

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